Volltext: St. Pölten (III / 1928)

Die finanzwirtschaftlichen Grundlagen der Stadtverwaltung. 
Bon Stadtrat Dr. Julius Fischer. 
Nach dem allgemeinen Plane dieses Buches soll im vorliegenden Abschnitt der finanzielle 
Unterbau der Stadtverwaltung St. Pöltens behandelt werden. Hier wären also darzustellen: 
die Vermögenschaften der Stadt; ihre verschiedenen Einkommenszweige nach Art und Größe, 
die Verwendungszwecke, denen die Einkünfte zugeführt werden und überhaupt das Ganze 
des Gemeindehaushaltes in seinem geschichtlichen Werden und seinem derzeitigen Bestände. 
Aber weder die Betrachtung des Gewesenen, noch die Kenntnis der geltenden Ordnung 
der Dinge reicht für sich allein hin, uns eine klare Anschauung zu geben von dem Sach 
verhalt, der heute für den Bereich der Stadtfinanzen Österreichs, daher auch derjenigen 
St. Pöltens, vor allem bedeutsam ist: Nämlich von dem im Grunde problematischen, 
unfertigen Zustande, darin sich die wirtschaftlichen Unterlagen der Stadt 
verwaltungen derzeit befinden; von dem schmerzlichen, lastenden Mißverhältnis 
zwischen den Aufgaben, die Österreichs Städten in unseren Tagen erwachsen 
sind, und den Mitteln, die ihnen hiefür zu Gebote stehen. 
Dieser Sachverhalt, und wie er sich weiter gestalten wird, ist von so schicksalhafter 
Bedeutung für die Zukunft unseres Kommunalwesens, daß seine Behandlung im Rahmen 
des Lebensbildes einer österreichischen Provinzstadt sicher am Platze ist. Diese Dinge erheischen 
eingehendere Beachtung als allerhand positive Einzelheiten des Finanzwesens, denen ohnehin 
nur ein vorübergehendes Dasein beschieden ist. 
Denn gleichwie im Deutschen Reiche ist auch in Österreich die finanzielle Ordnung, die 
augenblicklich das Abgabenwesen der Städte beherrscht, sicher nicht als eine abschließende an 
zusehen. Vielmehr war und ist sie hier wie dort schon bisher in rascher Folge wiederholten 
eingreifenden Änderungen unterworfen und es wird auch in Hinkunft auf dem Gebiete des 
Finanzausgleiches in Österreich noch viele Verschiebungen geben, ehe wir zu einer halbwegs 
zufriedenstellenden, dauerhaften Regelung gelangen. Daher kann unsere Darstellung, nament 
lich soweit sie die steuerrechtlichen Einnahmen der Gemeinden betrifft, nur ein Momentbilv 
geben; im übrigen hat sie aufzuzeigen, wie wenig gefestigt der gegenwärtige Zustand, wie 
sehr er von ungelösten Schwierigkeiten beherrscht ist. 
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Neben so vielen bedeutsamen Zügen einer Wesensverwandtschaft, neben den sicher 
auch vorhandenen wichtigen Verschiedenheiten geschichtlicher und rechtlicher Natur, macht 
sich uns ein grundlegender Gegensatz bemerkbar zwischen dem Städtewesen Österreichs 
und demjenigen Deutschlands; das ist der auffällige Gegensatz in Stellung und 
Gewicht innerhalb des Staatsganzen. Deutschlands Städtewesen zählt zu den macht 
vollsten Gliedern im staatlichen und gesellschaftlichen Gesamtorganismus. Aus breiter, alter 
Überlieferung beruhend, ist es ungeheuer stark verankert im öffentlichen Bewußtsein des gesamten
	        
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