Volltext: Die Denkmale des politischen Bezirkes Schärding

Kunstgeschiclitlicher Überblick. 
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nahezu gleichkommt (Diersbach, Eggerding, St. Marienkirchen, St. Roman). Der bedeutendste Bau dieses Typus 
ist Taufkirchen, mit schönen, weiträumigen Abmessungen, vielleicht ein Werk des Stephan Krumenauer, 
der die Stephanskirche in Braunau erbaute, auf die auch die charakteristischen Kapitale der Dienste hinweisen. 
Daneben finden wir die in Bayern und Österreich verbreitete zweischiffige Hallenanlage in St. Florian am Inn, 
in Raab, wo sie durch den barocken Umbau in eine dreischiffige Anlage umgewandelt wurde, und in Abhän 
gigkeit von Raab in St. Willibald. Dreischiffige Hallen aus dem Mittelalter sind uns nicht erhalten, da Raab 
und Münzkirchen barocke Erweiterungsbauten sind. Vielleicht ist das vor 1360 erbaute Langhaus der Georgs 
kirche in Schärding als dreischiffige Halle zu rekonstruieren, da die älteste verläßliche Ansicht im Antiquarium 
der Münchner Residenz deutlich ein einziges Dach über dem Langhaus erkennen läßt. Auch die Rieder Pfarr 
kirche dürfte vor dem Umbau eine dreischiffige Halle gewesen sein, wie sie in der Braunauer Pfarrkirche noch 
erhalten ist. 
Von romanischer Malerei ist im Bezirke nichts überkommen, von gotischer nur geringe, künstlerisch nicht 
sehr bedeutende Reste von Wandmalereien im Kapitelhaus zu Engelszell. 
Ebenso ist von romanischer Plastik außer der rein ornamentalen Säule aus Suben, jetzt im Schärdinger Mu 
seum, nur ein unbedeutendes, überdies schwer sichtbares Tympanonrelief in Viechtenstein erhalten. Erst 
Ende des XIV. Jhs. tritt die gotische Plastik in das geschichtliche Gesichtsfeld. Das älteste Stück der Holz 
plastik ist eine kleine Marienstatuette in Pyrawang mit einem in langem Hemdchen gekleideten Christuskind. 
Die lang durchziehenden Gewandfalten, das Schwebende der Stellung zeigen noch das Nachwirken des Stils 
der Jahrhundertmitte. Den vollen Umschwung zu einer körperhafteren, erdenschwereren Auffassung zeigt 
die schöne Madonna in Viechtenstein von gedrungener Proportion mit schwerem reichen Faltenwurf; den 
eckigen, knitterigen Faltenwurf der Spätgotik die Marienstatue in Taufkirchen aus dem dritten Viertel 
des XV. Jhs., die bedeutendste gotische Plastik im Bezirke. Daneben zwei Kruzifixe vom Anfang des 
Jahrhunderts in Münzkirchen und Wernstein. Etwas reicher ist der Bestand aus derZeit um die Jahrhundert 
wende, ein hl. Georg und Leonhard in Wernstein, Maria und Johannes von einer Kreuzigungsgruppe in Engel 
hartszell, ein trauernder hl. Johannes im Schärdinger Museum und der hl. Laurentius und Stephan in St. Florian 
am Inn, die den Altarfiguren in der Trenbachkapelle in Passau (hl. Johannes Evang. und Bapt.) nahestehen 1 ). 
Volkstümliche Arbeiten aus dem Anfang des XVI. Jhs. sind die Kreuzigungsgruppe in der Wegkapelle zu Engel 
hartszell und zwei Heiligenfiguren zu Jebling 2 ). 
Sind diese genannten Arbeiten wohl durchweg als bodenständig zu bezeichnen, so bewahrt das Schärdinger 
Museum ein sehr interessantes, leider arg verstümmeltes Fragment einer Marienstatue, das jedenfalls der Ulmer 
Schule angehört und als eigenhändige Arbeit Hans Multscher zuzuschreiben ist. Zeitlich ist sie im Werke 
des Meisters zwischen die Landsberger und die Sterzinger Madonna einzureihen 3 ). 
Die figurale Steinplastik setzt mit einem künstlerisch zwar unbedeutenden, aber ikonographisch beachtens 
werten Stück ein, dem Grabstein des P. Stephan von Pram in Engelszell (1377). Der Epitaph stellt ein Beispiel 
für jenen Wandel der Sepulkralplastik im XIV. Jh. dar, den Pinder mit dem Aufkommen des Andachtsbildes 
charakterisiert 4 ). Es ist nun interessant, daß sich in Engelszel! unmittelbar der Zusammenhang der plastischen 
Darstellung des knienden Verstorbenen mit der Malerei nachweisen läßt. Im Kapitelhaus befinden sich gemalte 
Epitaphien von Äbten aus den Jahren 1339 und 1364, die in ganz ähnlicher Anordnung die kniende Gestalt 
in einem Kreismedaillon zeigen. Für diese Abhängigkeit spricht auch das zeichnerische Flachrelief des Grab 
steines. 
In Suben wurde zu Anfang des XV. Jhs. der Stifterin Tuta ein Kenotaph errichtet, als Denkmal der Heroi 
sierung einer längst Verstorbenen, wie es in ähnlicher Weise 1395—1400 im Benediktinerstift Seeon dem Pfalz 
grafen Aribo gesetzt worden war. Wahrscheinlich dürfte auch das Grabmal Tutas als Tumba ausgebildet 
*) Die Kunstdenkmäler von Bayern, IV, 3, S. 177. 
2 ) Eine Maria Ägyptiaca aus der Kapelle „zum rauchen Weib“ bei Alt-Schwendt (um 1500) befindet sich im Museum Francisco- 
Carolinum in Linz, vgl. Kunst und Kunsthandwerk, XXII (1919) S. 296, Abb. 15. 
3 ) Ich verdanke diesen entwicklungsgeschichtlichen Hinweis Herrn Prof. Dr. Kurt Gerstenberg. 
4 ) Wilhelm Pinder, Die deutsche Plastik vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance. (Hdb. d. Kunstw.) 1, S. 111-
	        
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