Illustrierte Geschichte des Weltkrieges: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Siebenter Band.

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. Ballonaufnahme aus dem flandrischen Kriegsgebiet. Deutschen sind, wie mir scheint, weniger von wahrer Teil nahme und Menschlichkeit eingegeben als von einer falschen Gefühlsduselei, in der sich die vollkommenste Unkenntnis der Geschichte der beiden Nationen verrät und der ganzen Art, wie Deutschland seit Jahrhunderten von Frankreich heunruhigt und drangsaliert wurde. England hat nur eine schwache Erinnerung an die vielen harten Lehren bewahrt, die sich für Deutschland aus dem Verhalten Frankreichs ihm gegenüber seit vier Jahrhunderten ergeben. Vier hundert Jahre lang hat keine Nation einen so bösartigen Nachbarn gehabt» wie es für Deutschland die frechen, raub süchtigen, unersättlichen, unversöhnlichen und stets zum Angriff bereiten Franzosen waren. In dieser ganzen Zeit haben die' Deutschen die französischen Beschimpfungen er tragen, aber heute müßten sie nach meiner Meinung närrisch sein, wenn sie nicht die Gelegenheit benutzen würden, sich eine Grenze zu sichern, die ihnen den Frieden verbürgt. Soviel ich weiß, gibt es kein Gesetz in der Welt, auf Grund dessen die Franzosen das von ihnen gestohlene Gut behalten dürften, nachdem die bestohlenen Besitzer einmal die Hand auf den Dieb gelegt haben ... Möge die edle, friedliche, aufgeklärte und ernsthafte deutsche Nation sich einigen und die Königin des Kontinents an der Stelle des leichtsinnigen, ehrgeizigen, streitsüchtigen und überempfindlichen Frank reichs werden. Das ist das größte Ereignis der Gegenwart, dessen Verwirklichung jedermann wünschen muß." — Das sind Worte, an die sich die englische Zeitung wohl gerade während des Weltkrieges am wenigsten erinnern lassen wollte. — An der deutschen Westfront in Flandern (siehe oben stehendes Bild) dauerte der Artilleriekampf noch immer an und erreichte schließlich Formen, die im deutschen Tages bericht einmal als „das Höchstmaß an Massenwirkung in diesem Kriege" bezeichnet wurden. Infolge der kräftigen Gegenwirkung der Deutschen hatten die Engländer ihre In fanterie noch zurückhalten müssen und waren an einzelnen Stellen sogar gezwungen, längere Feuerpausen eintreten zu lassen, um ihre niedergerungenen Batterien durch neue zu ersetzen. Gleichzeitig häuften sich die Erkundungsunter nehmungen. Aber die feindlichen Erkunder wurden von den deutschen Soldaten regelmäßig blutig abgewiesen. Die deut schen Stellungen waren freilich in beträchtlicher Tiefe vielfach zusammenhanglos geworden. Deshalb hatten sich die Ver- teidigerindenvon feindlichen großenGranaten aufgeworfenen Erdtrichtern festgesetzt, die ihnen recht gute Deckung boten. Endlich, am 31. Juli, brach der Sturm der englischen Infanterie los. In einer Breite von 25 Kilo? Metern wälzte sich das feindliche Massenheer früh morgens um sieben Uhr gegen die deutschen Trichter- stellungen vor. Nicht nur Engländer, sondern auch Franzosen nahmen an dem Hauptsturm teil. Die Franzosen sollten ursprünglich erst in zweiter Linie zur Ausnutzung der englischen Erfolge eingesetzt werden, jedoch erheischten die großen Verluste, die die Feinde schon in dem vorausgegangenen Artilleriekamps erlitten hatten, und die unzweifel haft sehr widerstandsfähig gebliebene deutsche Ver teidigungsfront eine Änderung dieses Planes. Von Noordschoote an der Pser bis in die Nähe von Warne ton an der Lys (siehe die Karte Seite 65, wie auch die Vogelschaukarten in Band II, Seite 37 und 75) rückten die Feinde an,- donnernd polterten die Tanke und anderen Panzerwagen, fortwährend feuernd, den Truppen voran, zahlreiche Flieger unterstützten den Jnfanterieangriff, und Reiter geschwader standen hinter den Sturmbataillonen zum Einhauen bereit. Aus den dünnen, zusammen hanglosen deutschen Linien schlug den Angreifern schwerstes Abwehrfeuer entgegen, in das auch die deutsche Artillerie machtvoll eingriff Zu Tausen den wurden die feindlichen Kämpfer hingemäht; die riesige, den Verteidigern vielfach überlegene Masse der Gegner erreichte aber doch bald die deutschen Linien, über die sie noch weit hinaus vor prallte. Nun entwickelten sich auf der ganzen Front hitzige Nahkämpfe, denn die Deutschen dachten nicht daran, vor der Übermacht zu weichen, und waren bestrebt, zu verhindern, daß die Feinde zu weit in den deutschen Verteidigungsgürtel, aus dem die Reserven den vorderen Linien zuflössen, eindrangen. Denn auch hier hatte es der Feind, wie an der Aisne, mit einer Reihe von Verteidigungsystemen zu tun, die von seinem schweren Artilleriefeuer wohl ange brochen, aber nicht, wie die vorderen Stellungen, zer mürbt waren. Wenn die Feinde auf weiten Abschnitten dank ihrer Übermacht vorwärts kamen, entwickelten die über das ganze weite Gebiet verstreuten, mit Handgranaten werfern und Maschinengewehren besetzten Verteidigungs inseln der Deutschen ihre ganze Furchtbarkeit-; dann räumte das Maschinengewehrfeuer ringsum entsetzlich unter den Angreifern auf. Aber die Feinde hatten Massen ein gesetzt wie niemals zuvor während des Krieges. Deshalb vermochten sie, ihre Gegner um zwei bis drei Kilometer, zum Teil auch etwas weiter, zurückzudrängen. Sie brach ten eine ganze Reihe der in der vorderen deutschen Linie gelegenen Dorfruinen, wie Hooge, Pilkem, Birschoote, Steenstraate (siehe die Karte in Band II, Seite 434) in ihren Besitz und glaubten sich diesmal ihrem Ziele näher als je. Da setzten die vielfach vorrückenden deutschen Reserven (siehe die Kunstbeilage) zum Gegenstoß an. Es gelang ihnen, den englisch-französischen Ansturm auszuhalten und die feindlichen Divisionen wieder auf das Trichterfeld zurück zuwerfen, über das sie sich vorgearbeitet hatten. Nur nördlich und nordwestlich von Ppern hielten die Feinde ihren Bodengewinn fest. Eine der blutigsten Kampfstätten aller Fronten, Birschoote, blieb in der Hand der Franzosen, die über den Ort hinaus an der Straße nach Langemarck vorgekommen waren. Die Engländer und Franzosen setzten ihre Hoffnungen auf den nächsten Tag. Ihre Geschütze spien auf der ganzen Angriffsfront zwischen Langemarck und Lys ein neues Ver nichtungsfeuer auf die deutschen Linien aus. Aber nun zeigte sich, wie stark die deutsche Artillerie geblieben war, die den feindlichen Batterien kräftig antwortete und die Gräben der Gegner unter Feuer nahm. Erst abends gegen halb sieben Ühr brachen die feindlichen Sturmmassen in strömendem Regen wieder vor. Es waren nur Engländer, die mit aller Kraft hauptsächlich um den Besitz von Lange marck rangen. Der Tag schloß mit einer neuen großen Ent täuschung für die Stürmenden, denen an keiner Stelle Er folg beschieden war. Sie wurden über den Steenbach in ihre Ausgangstellungen zurückgeworfen. Bei St. Julien kamen die feindlichen Sturmwellen nicht einmal mehr durch das deutsche Abwehrfeuer. Bei Frezenberg und Westhoek hatten die Engländer Anfangserfolge, konnten sie aber nicht

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