Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 34 1925

Es ist hinlänglich bekannt, wie Stelzhamer, der bald sich anch mit der Theologie entzweite, nach Passau gewandert, sich dort einer Wandertruppe zugesellt und in Heldenrollen auf getreten, endlich von seinem Mütterlein aus arger Klemme befreit worden und ans mancherlei Umwegen wieder nach Wien gekommen, wie er hier einen Verleger gefunden und zur verdienten Anerkennung gelangt. Damals trat er zu Stifter, mit dem er Wohl schon früher flüchtig bekannt gewesen, in nähere Verbindung, sa es läßt sich mitHug behaupten, daß er es war, der in dein noch in seinem Malertranm befangenen Stifter den Dichter entdeckte. Auf wiederholtes Drängen las ihm dieser seine ersten,^vom Verfasser noch wenig geschätzten „dilettantischen Versuche", Stücke aus dem „Kondor" und den „Feldblumen" vor. Stelzhamer gewann einen tiefen Eindruck davon, er war „wie niedergedonnert" und riet dein Freunde ernstlich, die Sachen drucken zu lassen. Dieser aber schüttelte den Kopf und erklärte, er halte alles, was er geschrieben, für viel zu schwach, nur die Öffentlichkeit damit zu behelligen. Stelzhamer verkehrte häufig im Hanse Stifters und war mich Franz Stelzhamer. bei der Frau Amalie, die sonst den Freunden ihres Gatten nicht besonders gnädig war, als „ein lustiger Kunde und voller Schnacken", wie er selbst sagte, wohl gelitten. Als er eines Abends mit dem Dichter Ferdinand Sanier das Ehepaar Stifter zum Postwagen begleitete, da die Frau eine Reise zu ihren Verwandten anzutreten im Begriffe stand, bemerkte er, daß sie im Reisepaß als „Malersgattin" bezeichnet war, was ihn veranlaßte, auf depr Heimwege seinen Freund nach drücklichst auf dessen Schriftstellerberus zu verweisen. Bald sollten sich beide in dieser Richtung gemeinsam be tätigen. Stelzhamer, Langer und Stifter vereinigten sich zu dem Sammelwerke „Wien und die Wiener", das Heckenast zu verlegen geneigt war. Da Stelzhamer auf einige Monate von Wien wegging, fiel die alleinige Leitung an Stifter. „Für Stelzhamer und mich kann ich bürgen, daß Sie keine schwachen -Arbeiten bekommen", schreibt er an den Verleger. Doch be klagt er sich später wiederholt über Stelzhamers Lässigkeit und verweigert sogar einem Aufsatz des Freundes „Wiener Kunst und geistiges Leben überhaupt" die Aufnahme, weil er ihm „so oberflächlich und sogar frivol gearbeitet" erscheint. Von diesem enthält das Werk, das 1844 herauskam, denn auch nur zwei Beiträge: „Ein Abend vor der Linie" und „Wiener Stadt-Physiognomie und Wiener Volkscharakter", denen man es anmerkt, daß sich der Verfasser nicht ganz auf feuern Gebiet heimisch fand. In der Stube am Schreibtische zu sitzen war eben nicht Stelzhamers Sache; er mußte den weiten Himmel über sich haben, die Sonne, die ziehenden Wolken; ans der Wanderschaft, am rauschenden Bach, in grünender Heimatflur, rastend am Waldrand strömte ihm der Quell seiner Lieder. Als ein rechter Nachfahrer der alten Sänger zieht nun Stelzhamer durchs Land von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort, überall freudig willkommen geheißen. Der knorrige Mann mit dem wallenden Bart und Haupthaar, den blitzenden Augen, der übermäßig aufgebauten Stirn wird zur allgemein be kannten unvergeßlichen Erscheinung. Auch Stifter bereist bald, in anderer Eigenschaft als Stelzhamer freilich, das Land ob der Enns. Er ist 1848 nach Linz übersiedelt, wo ihm als Schulrat und Inspektor der Volksschulen in seinem Streben nach fruchtbarer Tätigkeit entsprechender Wirkungskreis sich eröffnet. Welcher Schätzung sich die beiden Männer gleicher weise erfreuten, wird daraus ersichtlich, daß auch Stelzhamer für dieses Amt in Frage kam und vom Unterrichtsministerium den Auftrag erhielt, ein „Lesebuch für Kinder an den Land schulen" zu verfassen. Es ging diesem nicht viel besser, als dem von Stifter sind Aprent für Realschulen bestimmten. Während das letztere gedruckt, aber nicht approbiert wurde, erhielt Stelz hamer wohl für das Seine ein Honorar von 600 fl., zum Drucke aber kam es nicht, da das Manuskript nicht mehr aufzufinden war. Daß übrigens Adalbert Stifter sich schon im Jahre 1834 um eine erledigte Lehrstelle für Physik am k. k. Lyzeum in Linz beworben, dürfte kann: des näheren bekannt sein. Er erhielt sie natürlich nicht, denn der Hofrat Amberg hatte am 18. Jänner das folgende Gutachten über ihn abgegeben: „Bei seinem Konkurs-Elaborate bewies er gute Talente und genügende Kenntnisse und entwickelte einen faßlichen und deut lichen Vortrag. Da er sich jedoch zu gleicher Zeit aus mehrere mitunter heterogene Fächer verlegt, auch häufig in seinen Studien von einer Wissenschaft auf die andere abspringt und keine Ausdauer zeigt, so wird von Sachverständigen die Gründlichkeit seiner Kenntnisse in der Physik und das Um fassende derselben, wie von einem Professor gefordert werden muß, bezweifelt. — Er wird übrigens als ein solider, rechtlicher und ehrliebender Mann geschildert, dem weder in Betreff seines moralischen Charakters noch in Bezug auf seine politischen Grundsätze etwas zur Last gelegt werden kann." Im Herbst 1848 überrascht Stelzhamer seinen Freund Stifter mit einem stattlichen Manuskriptband, über dessen Inhalt sich dieser gegen Heckenast ganz begeistert vernehmen läßt: „Es ist ein Liebeslebenslauf in hochdeutschen Gedichten", schreibt er. „Ich fiel in das höchste Erstaunen, da ich las, und mein Entzücken und meine Freude wuchs immer mehr. Ich habe jetzt über die Hälfte gelesen und etwa die Minnesänger des Mittelalters ausgenommen, ist mir nie etwas so zartes, reines, lieblich kräftiges vorgekommen, wie diese Gedichte; sie sind so originell, daß sie mit nichts dagewesenen Aehnlichkeit haben, und sie sind so von Reinheit und Glut durchdrungen, daß sie Lenau z. B. weit hinter sich lassen. Dies ist meine Meinung Stelzhamer will das Manuskript Cotta zuwenden und verlangt dafür 200 Dukaten Darf ich die Unterhand lungen eröffnen?" , Das Manuskript enthielt nichts Geringeres als jene bereits erwähnten Lieder,'die Stelzhamer dereinst seiner ersten Liebe gesungen. Heckenast zeigte sich nicht sehr geneigt und auch Stifter war in der Folge kühler geworden. „Von Stelzhamers Gedicht gefällt mir der zweite Teil bedeutend weniger, und wenn er ihn nicht ganz umändert, wird wohl kein Geschäft zu machen sein", schreibt Stifter an Heckenast. Darüber dürfte es Wohl zwischen den beiden Freunden zu einer kleinen Ver stimmung gekommen sein, denn in einem Briefe aus Wien bittet Stelzhamer Stifter um seine Fürsprache bei dem eben nach Linz kommenden Verleger Cotta und spricht von einen:

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