Mit dem Ende des Weltkrieges war die Not noch lange nicht gebannt. Im Spätherbst 1918 forderte die sogenannte ‚Spanische Grippe“ viele Opfer, besonders unter den jungen Leuten. Es herrschten noch lange Zeit große Lebensmittelknappheit sowie akuter Mangel an Wirtschaftsgütern. Durch die Inflation sind fast über Nacht viele Leute gänzlich verarmt, da ihre Ersparnisse wertlos wurden. Erst in den Jahren 1924/25 hat sich mit Einführung der Schilling-Währung die Lage einigermaßen ge- bessert. B. WOHLMAYR Unser Dorf im zweiten Weltkrieg 1939-1945 Michaelnbach und seine Umgebung ist im Vergleich zu anderen Teilen des Landes von den Schrecken des Krieges weniger getroffen worden. Die Bewohner unseres Dorfes wissen nichts von Hungersnot und Kälte, vom Flüchtlingselend, von den todesbangen Stunden im Luftschutzkeller und der zerstörenden Wirkung eines Bombenangriffes, wie sie Tausende von Menschen im vergangenen zweiten Weltkrieg erleben mußten. Wenn wir jedoch an den ersten Weltkrieg denken, in dem das Hinterland doch mehr oder weniger verschont geblieben ist, während die Soldaten an den Fronten ihr. Leben einsetzten, müssen wir sagen, daß in den letzten Kriegsjahren auch unsere kleine Landgemeinde doch stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Gleich zu Beginn des Polenfeldzuges (1. September 1939) mußten zahlreiche Männer, darunter auch viele Teilnehmer des ersten Weltkrieges, zu den Waffen. Auch Pferde wurden eingezogen. Als Luft- schutzmaßnahme wurde allgemein die Verdunke- lung der Fenster angeordnet. Außerdem wurde der Bevölkerung angeraten, die Dachböden zu ent- rümpeln. Schlagartig begann mit dem Ausbruch des Krieges die Rationierung der Lebensmittel und Textilien. Es wurden Lebensmittel- und Kleiderkarten ausge- geben. Am Gemeindeamt wurde eine eigene Kartenstelle eingerichtet. Ansonsten verspürte man bei uns in den ersten Monaten noch wenig vom Krieg. Es waren auch noch keine Verluste an den Fronten zu beklagen. Die ersten Todesnachrichten kamen aus dem Feld- zug gegen Frankreich (Mai 1940). Als Ersatz für die fehlenden Arbeitskräfte in der Landwirtschaft kamen französische Kriegsgefan- gene und polnische Zivilarbeiter und -arbeite- rinnen. Die Franzosen waren in einem Lager im Gasthaus Übleis (heute Schörgendorfer) unter- gebracht, während die Polen bei den Bauern blieben. Durch die Verschärfung des Luftkrieges in Berlin wurden Kinder evakuiert und auch in unserer Gemeinde bei Pflegeeltern untergebracht (Ende Oktober 1940). Die Kinder blieben fast ein Jahr hier und besuchten auch die hiesige Schule. Im Februar 1941 bekam Michaelnbach plötzlich Einquartierung einer Infanteriekompanie. Ein Großteil der Soldaten war in den beiden Gast- häusern im Ort sowie in Grub untergebracht. Aber auch alle übrigen Häuser in Michaelnbach und teilweise auch in Grub hatten Einquartierung. Ein Teil der Unteroffiziere wohnte im Pfarrhof, der F eutnant im Hause des Arztes. | Die Pferde waren zum Großteil im Pfarrhof unter- gebracht. Die Soldaten blieben bis Ende März 1941 ind kamen dann nach Lodz in Polen. Vor ihrem Abzug (Tag der Wehrmacht) veranstaltete das Mili- tär ein Manöver, an dem die Bevölkerung als Zuschauer teilnehmen. konnte. Mit der Kriegserklärung gegen Rußland (Juni 1941) verschärfte sich auch bei uns die Lage zusehends. Immer mehr Männer mußten einrücken und immer häufiger trafen Todesnachrichten ein. Auch in wirt- schaftlicher Hinsicht verschlechterte sich die Situation. Die Lieferquoten wurden bedeutend erhöht. x