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Kaum waren alle diese Entscheidungen gefallen, da wur
den zwei, leichtsiunigerweise nicht verzifferke russische Funk
sprüche — Armeebefehle der Generale Rennenkampf und
Samsonow — aufgefangen, die das Bild, das man sich von
der Lage und den Absichten des Feindes gemacht hakte, voll
auf bestätigten. Wenn sie auch somit auf die Enkschlußfassung
Hindenburgs nicht mehr von Einstuß waren, so trugen sie
doch wesentlich zur Beruhigung der Gemüter bei.
Es ist schwer, sich in die Seele der russischen Führer
während dieser Tage zu versetzen. Nüchtern gesehen, brauch
ten sie nur zu marschieren, um die deutsche Ostgruppe einzu
kesseln, die deutsche Westgruppe an die Weichsel zu drücken.
Aber die Furcht vor den deutschen Hieben, die sie bei Gum
binnen kennengelernt hakten, saß ihnen so fest in den Kno
chen, daß sie sich zu einem solchen wagemutigen Entschluß
nicht aufraffen konnten, vielmehr es vorzogen, sich bedächtig
und methodisch von Abschnitt zu Abschnitt vorzubewegen.
Mitbestimmend war auch, daß durch die überhastete Mobil
machung der Nachschub nicht klappte, daß vor allem die
Truppen der Narew-Armee bei mangelhafter Verpflegung
bereits anstrengende Märsche auf den Sandwegen Polens
hinter sich hakten und erschöpft und überanstrengt waren,
als sie deutschen Boden betraten. Genug, die russischen
Generale taten das Schlimmste, was der Soldat tun kann:
sie taten „nichts!" Sie warteten ab und gaben damit den
Deutschen die Bahn frei zum Siege.
Der Angriff der Nesigruppe
Der Angriff der Westgruppe am 26. August stieß
auf einen Gegner, der zwei Tage Zeit gehabt hakte,
sich in der von ihm gewählten Stellung einzunisten. Luft
aufklärung hatte ergeben, daß die Hauptwiderstandslinie