64 ist kein Schuß gefallen. Der Abend sinkt hernieder. Die Truppe lagert inmitten der unendlichen Wälder südostwärts Hohenstein. Der Mond spiegelt sich in den Seen. Um die lodernden Biwackfeuer klingen die alten Soldatenlieder. Im Herzen jubelt es Sieg! Sieg! So hat man sich den Krieg gedacht, wenn man von ihm im jugendlichen Über schwang träumte. Nur mit der Verpflegung steht es schlecht. Feldküchen und Lebensmittelwagen haben der Truppe nicht zu folgen vermocht. Die Eiserne Portion ist längst verzehrt. Die Dörfer ringsum sind von den Russen ausgeplündert. Aber man weiß sich zu helfen. Man zieht aufs Feld, gräbt die halb reifen Kartoffeln und röstet sie in der Asche des Lagerfeuers. Die Vorhut der 35. Infanterie-Division ist auf Ortels- burg angesetzt. Bergauf geht es, bergab, auf sandigen, aus gedörrten Landwegen. Glühend heiß brennt die Sonne. Eine dicke Staubschicht legt sich auf Mensch und Tier. Die Zunge klebt am Gaumen. Kein Tropfen Wasser weit und breit zu finden. Die Russen haben beim Rückzug Brunnen und Pumpen zerstört. Abend wird es, dunkel. Rast am Wege. Man wirft sich hin, wo man gerade steht, schläft ein, ehe der Zeiger um eine Minute vorrückt. Selbst die Pferde, nur leicht in den Strängen gelöst, legen sich lang in den Sand. Aber schon schreckt die Pfeife des Kompanie führers die Schläfer wieder auf: „Umhängen! Antreten! Es hilft nichts, wir müssen weiter, den Ring schließen." Die Unentwegten schleppen sich vorwärts, mit hängen dem Kopf, mit zusammengebissenen Zähnen. Die Infanterie kann nicht mehr. Da läßt der Brigadeführer, General major von Hahn, die Kanoniere der vordersten Batterie die Spitze übernehmen. Kalt, hundekalt ist es geworden. Die Kanoniere haben den Mantel angezogen. Vor Ermüdung schlafen sie im Marschieren und stoßen torkelnd auf Vorder- und Nebenmann.