55 „Seid schon zufrieden, wenn man uns nicht hier mit blauen Bohnen füttert", brummt der Gefreite in der Ecke in seinen schon recht ansehnlichen Kriegsbart. „Man wird doch nicht", fährt der kleine Schneider gegenüber auf, „wir sind doch Landwehrmänner, Familien väter." „Vorn wird man sich wenig daran kehren", unterbricht ihn der Unteroffizier, „hier scheint Not am Mann zu sein. Seht! Schon der dritte Flüchtlingszug, der uns seit Hell werden kreuzt." Die Wehrmänner verstummen, starren hinüber auf das Nebengeleis, wo Wagen an Wagen vorbeirollt, voll von zusammengekauerten Weibern und Kindern, brüllendem Vieh, armseligem Hausrat. Sie ballen die Faust: „Denn helpt dat nich! Dann möken wi woll dem Takelküch wiesen, wie de Kolb'n flutscht!" Der Zug hält. Ein kleiner Bahnhof: Biestellen. Der Bahnhofskommandant tritt an den Transportfähiger heran: „Aussteigen! Beeilen! Es wird jedes Gewehr gebraucht!" Die Mecklenburger Landwehr vom Regiment 76 ist vorn. Die hat lange Beine und lange Schritte. Die zielt und schießt bedächtig und läßt nicht locker, wenn sie einmal an gepackt hak. Die stinken Hanseaten vom Regiment 75 dahinter wollen sich nicht lumpen lasten. So geht es im Flug über Manchengut auf Hohenstein, und die Division ist im Ge fecht, ehe sie es richtig fasten kann. Aber verdammt, es will nicht so recht vorwärtsgehen. Der Rüste schießt auch nicht schlecht. Und vor allem: er hat Artillerie und Maschinen gewehre, und uns fehlt beides. Generalmajor von OerHen, der Brigade-Kommandeur, macht ein sorgenvolles Gesicht. Soeben hak er erfahren: Der Kommandeur der 75er, Oberstleutnant von Stwolinski ist gefallen. „Ein Braver weniger", murmelt er. Dann hellt sich sein Gesicht auf.