Geistliche Stifte in Oberösterreich 771 im braunen Samtrock abkonter feit. Die braunen Augen lachen ob der Torheit der Welt, und die Falten um den Mund kräu seln sich verächtlich. So muß Hermann Bahr in seiner Ju gend ausgesehen haben. In der viele tausend Blätter umfassenden Sammlung der Kupferstiche sind alle Länder vertreten. Ludwig XVI. im runden Hermelinkragen steht in etwas schwerfälliger Pracht als Vertreter Frankreichs da, zwei englische Stiche zeigen die Er oberung und Plünderung In diens, ein recht helles Licht auf die Grausamkeit der Engländer dort werfend. Auch das Hun dertguldenblatt von Rembrandt fehlt nicht, und die sieben Sa kramente sind in deutschen Sti chen vertreten. Die heimischen Arbeiten des Paters Fellner aber können sich selbst in sol cher anspruchsvollen Umgebung wohl sehen lassen. Eine uralte, höchst bedeut same Sage knüpft sich an die Entstehung des Stiftes Krems münster. Der Herzog Thas- silo von Bayern empörte sich gegen Kaiser Karl den Großen, nachdem er eine Zeitlang schon in Freund schaft mit ihm gelebt hatte. Eine schöne Frau trug die Schuld. Dem erzürnten Kaiser ge lang es, den Empörer gefangenzunehmen. Er ließ ihn blenden, zum Mönch scheren, und der aller Güter des Lebens Beraubte flüchtete sich in die Abtei Kremsmünster, die er schon vor Jahren dem Andenken seines Sohnes, der dort auf der Jagd dem Zahn eines Ebers zum Opfer gefallen war, errichtet hatte. Nach vielen Jahren übernachtete Kaiser Karl in dieser Abtei und begab sich des Nachts allein in die Kirche. Da sah er, wie Engel einen alten blinden Mann zum Altar führten. Der Kaiser wollte seinen Augen nicht trauen und bat den Abt des Klosters, die nächste Nacht mit ihm zu wachen. Dieselbe Erschei nung wiederholte sich, und der Abt berichtete seinem Herrn, daß dieser Alte der einstige Herzog Thassilo von Bayern sei. In der Er kenntnis, daß man auch seine Feinde nicht zu AbschluhgUter in der Stiftskirche von 5t. Florian Verlag von Veiffenstein in Wien streng bestrafen solle, und daß der Himmel barmherziger gewesen war als er, fiel der Kaiser dem armen Alten zu Füszen, und die beiden versöhnten sich am Ende ihres Lebens. Hinfort schenkte Kaiser Karl dem Kloster seine reichste Gunst, die er durch zwei herausgege bene Gewaltsbriefe bestätigte. Im neunten Jahrhundert, als das Kloster schon reich und berühmt geworden war, von jedem Karolinger mit reichen Geschenken be dacht wurde und die heilige Pflanzschule prächtig gedieh, sendete Papst Adrian I. einen heiligen Schatz, den Leichnam des Märtyrers Agapits, jenes Knaben, der unter Kaiser Aurelian die schrecklichsten Martern erduldete und schließlich enthauptet wurde, nachdem die Löwen in der Arena sich ihm wie sanfte Hündlein zu Füßen gelegt hatten. Diese Re liquien, die später in Silber gefaßt wurden und sich alsbald durch große Wundertaten die Liebe der Bevölkerung weit und breit er-