124 Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft — Anlage-Band. Jeder Staat, der mit äußerster Energie um seinen Bestand ringt, muß alle Kräfte und Hülfsmittel einsehen, wenn er den höchsten Pflichten genügen will. In meinem Schreiben vom 1.7.10 habe ich die beantragten Vorbereitungen für den Schuh Schleswig-Holsteins in den Vordergrund gestellt, weil sich dort eine Lücke am empfindlichsten geltend macht. Ob eine englische Landung dort oder in Jütland geplant ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit voraussehen. Der Bericht eines Militär Attaches kann keine Gewähr für die Sicherheit unserer Nordgrenze bieten. Dem Vorschlag, durch Abgaben überzähliger Bataillone verschiedener Armee- und Neservekorps unter Hinzutritt der 3. Reserve Division ein neues Truppenkorps gegen eine englische Landung verfügbar zu machen, vermag ich nicht zuzustimmen. Abgesehen von der Schwierigkeit der Versammlung vieler kleiner Teile verschiedener Korps, die den Cisenbahnaufmarsch noch mehr erschweren würde, und der vielleicht notwendig werdenden Belastung der 3. Reserve Division an der russischen Grenze, würde man doch nur Kräfte von einer Stelle fortnehmen, um sie an anderer Stelle zu verwenden, also keinen Kräftezuwachs schaffen. Cs ist ferner zu beachten, daß ein Teil unserer Reservekorps bzw. -Divisionen nicht die Stärke von 24 bzw. 12 Batail lonen erreicht und daß die überschießenden Bataillone gerade genügen würden, ihnen diese Stärke zu geben. Ich habe diesen Ausgleich bisher nicht beantragt, weil noch dringendere Forderungen vorlagen. Ich will aber ausdrücklich betonen, daß nicht nur die Mobilisierung von Crsah- formationen in Betracht kommt, die an erster Stelle zum Schutz von Schleswig- Holstein berufen sind. Die Mobilisierung sämtlicher Crsahformationen der Feld truppen muß vorbereitet sein. Die Aufgabe derselben in Bezug auf die Crsatzgestellung und die Aufrecht erhaltung der Ordnung im Innern, wofür aber auch Reserve- und Landwehr-Ersatz- sormationen zur Verfügung stehen, wird durch die Vorbereitung zu mobiler Ver wendung zunächst nicht berührt. Gelingt es, bald nach Vegirm der Feindseligkeiten, einen großen Erfolg über einen unserer Gegner zu erringen, so wird ihre Verwen dung als selbständige fechtende Truppe überhaupt nicht erforderlich werden. Aber einen solchen Erfolg kann man nur erhoffen, niemand kann ihn verbürgen. Ist das gesamte Feldheer zum entscheidenden Schlage gegen einen Gegner angesetzt, vielleicht auch in lang dauernden, unentschiedenen Kämpfen gefestelt und tritt ein neuer Gegner auf den Plan, dem dann keine Teile der Feldarmee mehr entgegengestellt werden können, dann muß das Crsahheer eingesetzt werden. Die Sorge, daß seine Kräfte nach Art und Zahl zu einem Erfolge nicht genügen möchten, kann nicht als Grund für Unterlassungen dienen. Jedenfalls wird es bester sein, einen Erfolg dadurch zu erstreben, daß man die vorhandenen Kräfte bereit hält, als daß man nichts vor bereitet und dann gezwungen wird, zu Improvisationen zu greifen. Daß eine gut organisierte Armee mit leistungsfähigen Führern bester ist, als eine mäßig zusammengesetzte mit ungenügenden Führern, bedarf keiner Erörterung. Ich erwarte auch von dem Crsahheer zunächst keine großen Operationen, wohl aber einen kräftigen Widerstand an geeigneten Linien, mag dies nun im Osten die Weichsel oder Netze und Warthe mit dem zugehörigen Festungssystem oder im Norden die Eider und Schlei sein. In der Verteidigung des heimischen Bodens werden auch diese Formationen ihr Bestes hergeben, um so mehr, wenn sie durch hinreichende Vorbereitungen zum Kampf befähigt sind. Die höheren Führer werden gewonnen werden können, ohne die Feldarmee zu schädigen. Cs sind genügend höhere