6 Volksschulunterricht, wohl aber jenen Teil, der bisher unmittelbar damit ver knüpft war, die sogenannten Lateinschulen. Mit dieser Auffassung hängt noch der Umstand zusammen, daß in den letzten Jahrzehnten deS 16. Jahrhunderts bis in den Anfang deS nächsten sich bei der Regierung das Bestreben zeigte, dieSchulenaufdemLande ganz abzuschaffen. Zwei Gründe werden hiefür angegeben: Die Visi tation hätte ergeben, daß die Lehrer im protestantischen Sinne wirkten. Die allgemeine Klage, daß man Dienstboten und landwirtschaftliche Arbeitskräfte nicht mehr bekommen könne, habe dagegen ihre Ursache in der erhöhten Schulbildung. Ein Befehl vom Jahre 1578 hatte die völlige Beseitigung der deutschen und lateinischen Schulen auf dem Lande verfügt; die Schulordnung von 1582 bemerkte ganz allgemein, daß die Lehrer eingezogen würden, während im Jahre 1614 die herzoglichen Räte an die Landschaftsverordneten das An sinnen stellten, auf dem Lande sowohl die deutschen wie lateinischen und in den Märkten die lateinischen Schulen abzuschaffen. Stadt- und Klosterschulen genügten den Bedürfnissen. Mit Recht antworteten ihnen die Landschaftsver ordneten: Auch manche Bauernkinder seien wohl tauglich zu Handwerk oder höheren Diensten. Und wer seine Muttersprache nicht lesen und schreiben könne, sei „schier wie ein totes Mensch." Die Bestrebungen der Regierung scheiterten und die Landes« und Polizei ordnung vom Jahre 1616 legte den Standpunkt fest, auf welchem sich die ganze zukünftige Entwicklung bis zum Aufklärungszeitaller vollzog: 1. In Städten und Märkten, in denen früher Lateinschulen bestanden hatten, sollten sie wieder hergestellt werden. 2. In den Dörfern sind sie nicht zu dulden. 3. In kleineren Märkten aber nur, soweit es zur Erhaltung deS Gottesdienstes und zum Unterrichte der Bürgerkmder nötig sei. 4. Deutsche Schulen dürfen auch in größeren Dörfern bestehen bleiben, doch sollen die Bauernkinder sie nicht über das 12. Jahr hinaus besuchen dürfen. 5. Wo bisher keine deutsche Schule bestanden, soll ohne Erlaubnis der Regierung keine errichtet werden?) Diese Bestimmungen der Landes« und Polizeiordnung vom Jahre 1616 wurden auch im Jnnviertel durchgeführt: Wir sehen der Reihe nach in den größeren Dörfern deutsche Schulen erstehen, wie in Felükirchen, Pischelsdorf, Handenberg und Mundersing im Braunauer Bezirke oder im Schärdinger Bezirke in Zell, Andorf, Taufkrrchen. DicrSbach und Rainbach. Freilich sind wir mit unseren heutigen Kenntnissen noch nicht imstande, das Entstehen dieser Schulen genauer festzulegen oder die Verbreitung des Schulwesens im Jnnviertel nach 1616 erschöpfend anzugeben. Wir können nur im allgemeinen sagen: Nach 1616 erhält jede- größere Pfarrdors seine Volks schule. 3. Im Jahre 1558 wirkten im Jnnviertel 27 Lehrer, davon 11 an lateinischen und 16 an deutschen Schulen. Die Trennung zwischen deutscher und lateinischer Schule war nur in der Stadt durchgeführt, wie in Braunau, Schärding und im Markte Ried. Lateinische oder Trioialschulen (an denen das Trivluw: Latein, Rhetorik und Dialektik gelehrt wurde) bestanden noch ') Vgl. Riezler, Geschichte Bayerns VI. Bd. S. 291 ff.