Seile H8. ,<3Es werde Licht I" Folge % Gin Wort über die Wallfahrten von -j- Alois Anton, alt-katholifcher Pfarrer in Wien. Jesus sagt zwar von der Weise zu beten: „Du aber, wenn du betest, gehe in dein Aämmerlein und schließe die Türe hinter dir zu, und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten". Aber was Jesus? das haben die Päpste, Bischöfe und Mönche nach Jesus viel besser verstanden, besonders Papst Gregor I, der Vater der Litaneien und Prozessionen. Nicht nur der Reiche, nicht nur der Städter, auch der Wenigerbemittelte, auch der Bauer will seine Vergnügungszüge und Spaziergänge haben, und was sind wohl die Wallfahrtszüge anders als länd¬ liche Ausflüge und zwar mitunter sehr lustige Ausflüge, wenn sie auch mit Gebet ausstaffiert sind und auf einen „Gnadenort" zusteuern? Wenn man so einen Wall¬ fahrtszug anschaut, so sieht man's doch auf den ersten Blick, daß dergleichen Herumspazierereien nicht den mindesten geistlichen Nutzen haben und haben können. Für's Erste ist im besten Falle der einfache Wunsch, irgend ein weltliches Ding von Gott durch ein Wunder zu erhalten oder von einem weltlichen Uebel wunder¬ bar befreit zu werden, schon an sich ein ganz irdischer, ganz sinnlicher, der noch- dazu eine Art abergläubischer Vermessenheit zum Ausganspunkte hat. Ls fehlt also hier an jeder wahrhaft heiligen Begeisterung. Für's Zweite ist ein herum¬ wandeln im Freien — ob schön, ob Regen — mit seinen tausendfältigen Zer¬ streuungen ganz gewiß nicht die Lage, welche zur Sammlung des Gemütes und zum innigen Anschlüße an die Gottheit führt. Willst du in Wahrheit recht innig und mit "Nutzen beten, drückt es dich recht tief in der Seele drinnen und suchest du Trost vom gütigen Vater im Himmel, dann gehst du gewiß nicht auf der Straße herum. Drum steht's aber auch schon auf den Gesichtern der Teilnehmer an solchen Wallfahrtszügen geschrieben, daß da keine wahre Andacht waltet.' Ueberall sieht die Leerheit des Herzens, die Gedankenlosigkeit des Aopfes heraus, und gerade umsomehr, je größer das Geschrei ist, das da vollführt wird. Wenn die guten Leute doch lieber zuhause blieben und sich schämen möchten, durch ihr geistloses Geplapper und ihr gemächliches Dahinschlendern aller Welt zu beweisen, daß ihnen aller Sinn für das Göttliche fehlt I Aber die gedankenlose Masse denkt noch immer. das Wallfahrten sei eine wichtige und für das Seelenheil, wenn auch nicht notwendige, fodoch ganz er¬ sprießliche Tat, und man kann diesen Irrtum den Leuten nicht einmal übelnehmen, wenn, wie es in unserer Zeit wieder geschieht, die Geistlichkeit selbst in ihrem Amtskleide unter Vortragung von Areuzen, Fahnen und Reliquien mitmacht. Und doch ist es so unendlich schädlich, wenn man von einer solchen Wallfahrt den falschen Trost nachhause mitbringt, dadurch ein großes christliches Werk getan oder von Gott gewiß das Erbetene in Folge der Wallfahrt zu erlangen; man könnte sich also anderweitig schon ein wenig was zu Gute halten. Aber die Gnaden¬ orte? Aber die Wunder? Ja die Gnadenorte l Der königliche Prophet David sagt zwar, daß die ganze Erde des Herrn sei, also ein Gnadenort Gottes wäre, doch die Mönche im Mittelalter, welche fo rscht den Bilderdienst und die Reliquien¬ verehrung in Schwung brachten, meinten darin dem lieben Gott schon ein wenig unter die Arme greifen zu müssen — und merkwürdig! bis auf den heutigen Tag gibt es fast kein Aloster, kein Stift, das nicht entweder selbst ein „Gnadenort" wäre oder unter den ihm zugeordneten Airchen einen solchen wundervollen „Gnaden- ort", also Wallfahrtsort hätte; und dort, wo ein Aloster aufgehoben wurde, verlor sich auch in der Regel der dazugehörige „Gnadenort". Sonderbar bleibt's immerhin, daß Gott und die heiligen nur in und bei Alöstern so gerne Wunder wirken, und ebenso sonderbar ist's, daß der Ursprung aller dieser „Gnadenorte" fast immer auf ein und dasselbe Ereignis hinausläuft. Dort wird ein Marienbild ausgegraben,