Walter Scott. (Eine biographische Skizze). A^ieser hochgefeierte Schottische Dichter und Verfasser der Waverley-Romane, ward zu Edinburgh am I5ten Au- güst 1771 geboren. Er ist der älteste unter den vier noch le- benden Söhnen eines angesehenen Rechts gelehrten und Schrei- bers in des Königs Siegelbureau zu Edinburgh» Seine Mut- tcr war die Tochter des David Nutherford Esq., eine durch hohe Tugenden und nicht gewöhnliches Dichtertalent ausgezeichne¬ te Frau, welche mit Ramsey, Black wo od und Burns, drei in Schottlands Literatur gefeierten Namen, in Verbindung stand, die auch nach ihrem im Jahre 1789 erfolgten Tode ei- m'ge ihrer Gedichte im Druck erscheinen ließen» Der schwache Körperbau des jungen Walter, verbunden mit einer Lähmung am Fuße, war die Ursache, daß derselbe seine erste Erziehung bloß im väterlichen Hause und unter der Leitung seiner treffli, chen Mutter erhielt. Auf der Gelehrtenschule zu Edinburgh, welcher damals der gelehrte I). John Adam vorstand, voll- endete Walter Scott die gewöhnlichen Studien, berechtigte je- doch nur wenig Hoffnungen für die Zukunft. Nur der als Kanzelredner und Literator so berühmte Hugh Blair ge- währte mit tieferem Blicke in dem Knaben nicht gewöhnliche Anlagen, und ermunterte ihn zur fleißigen Betreibung feiner Studien. Auf der Universität zu Edinburgh, welche er spä- terhin besuchte, war der bekannte Psycholog Dugold Ste- lv a r t sein vorzüglichster Lehrer und Psychologie neben der Rechtswissenschaft sein besonderes Studium, auch mit dem ehr- würdigen Gottesgelehrten Adam Ferguson lebte er in ei- nem genaueren Umgange. Schon frühzeitig muß Walter Scott den Sagen und Ge- schichten seines Vaterlandes einen besondern Fleiß gewidmet ha- ben. Vielleicht hat er in der Beschränkung, zu welcher ihn sein gelähmter Fuß nöthigte, manche alte Sage gelesen, die um so tiefer in dem Herzen des Knaben Wurzel faßte, je we- mger derselbe äußere Eindrücke in sich aufzunehmen hatte. Nimmt man nun dazu, daß er der Sohn eines schottischen Advokaten ist, also ein Mann aus einer gebildeteren Klasse, in welcher der Einzelne nicht notwendig sich um ein Amt bemü- hen muß, und der Gelehrte nicht durchaus nöthig hat, um Brod zu schreiben, daß er ferner einem Volke angehört, welches von jeher seine abgeschlossene Geschichte hatte und seine Voräl- tern, seine Sitten und Einrichtungen so außerordentlich hoch hält: dann ist es wohl natürlich, daß ein glücklich orgaüisirter Kopf durch die Geschichte eines solchen Volkes, dem er selbst angehörte, zum Dichter werden konnte. Seine folgende :ge und selbst seine Berufsgeschäste vermehrten nun noch die Liebe zu diesem Lande und zu dessen Geschichte. Nach beendigten Uni- versitäts - Studien widmete - Scott sich dem Advokatenstande. Die au handschriftlichen Denkwürdigkeiten merkwürdiger mit- handelnder Männer sehr reiche Advokaten - Bibliothek zu Edin- burgh, der Scott einige Seit vorstand, lieferte ihm den reich- sten geschichtlichen Stoff für seine Arbeiten. Schon im ein und zwanzigsten Jahre seines Alters ward er unter die Anwal- te bei dem großen Gerichtshofe zu Edinburgh aufgenommen, eine Auszeichnung, die er vielleicht dem Einfluße der mit ihm verwandten und in Schottland sehr angesehenen Familie B u ce- l e u g h verdankte. Im Jahre 1799 ward Walter Scott Unterscherif der Grafschaft Selkirk. Ein Jahr früher hatte er sich mit Miß Carpentor verheirathet, in welcher Ehe ihm vier Kinder ge- boren, die Gattin selbst aber ihm am l4ten Mai 1826 durch den Tod entrissen worden. Um diese Zeit sind die ersten dichterischen Arbeiten Wal- ter Scotts bekannt geworden. Es darf nicht unbemerkt bleiben, daß sein erster poetischer Versuch, der im Druck erschien, eine Nachbildung eines deutschen Gedichtes war. Unsers Bürgers Ballade Leonore gab ihm zu zwei Balladen, die er im Jahre 1797 schrieb, Veranlassung, denen zwei Jahre später eine Übersetzung von Göthes Götz von Berlichingen folgte. Um dieselbe Zeit verfertigte Walter Scott auch wohl die gelungene Nachbildung von desselben Dichters Erlk'ö- n i g» Schon nach diesen Übersetzungen zu schließen, muß sich Walter Scott bereits in jüngeren Jahren vielfältig mit der Sprache und Literatur unsers Vaterlandes beschäftigt haben. > Auch dieß muß ihn den Deutschen um so lieber machen, da in