fähigen Leute an einem Platz." — Bald habe ich eine große Schar zusammen, die behauptet, trotz der Wunden noch bis Gumbinnen marschieren zu können, und ihren langsamen, matten Marsch antritt. Ich ahne nicht, daß das alles schon Vorbereitungen unseres Rückzuges sind. hatte es doch von maßgebender Seite stets geheißen: „Nur keine Sorge, die Stadt wird unter allen Umständen ge halten, wir sind jetzt stark genug" und hatte ich doch damit selbst die ängstlichen Gemüter beruhigt. Ich trete auf die Straße, langsam gewöhnt sich das Auge an die Dunkelheit — wegen der Nähe des Feindes war die ganze Stadt in fast völliges Dunkel gehüllt — und nun erkenne ich hie und da aufblinkende Bajonette und da zwischen endlose, müde marschierende Kolonnen: russische Gefangene mit ihrer Begleitmannschaft. Und als diese vorüber, wälzt sich eine dunkle Masse heran, ebenfalls mit müden, schleppenden Schritten, — unsere Infanterie. Man hört nichts als den dumpfen Tritt der Kolonnen und ferner das Knarren der schwer beladenen Bagage wagen. Doch da ein Kommando: „Marschkolonnen, die Herren Hauptleute hinter ihre Kompagnien." Und weiter ging's. Niemand wußte wohin, niemand wußte, wie lange es dauern würde. Nicht einmal was vorn und hinten mar schierte, wußte man. Man war ein Glied in einer lang sich hinziehenden Kette, die eiserne Disziplin und Preußische Soldatenehre zusammenhielt, und nur eines wußte man, man mußte mit auf jeden Fall, trotz aller Märsche ruhelos bei Tag und Nacht, trotz wunder Füße, trotz Hunger und Durst. Und dieser Gedanke brachte die Abstände auf, wo sie sich bemerkbar machten, das brachte sie ohne Kommando zum Stehen, sobald es vorn stockte, und immer leiser, immer überflüssiger wurden die Kommandos: „Halt, Gewehr ab" und „Gewehr über nehmen, ohne Tritt Marsch." — Immer schwerer wurde der Tritt und „Oh! — Ohla!" ging es beim Halt: — Da waren alle, die im Marsch zu schlafen gelernt, auf ihre Vordermänner aufgelaufen. Wie eine Decke breitet es sich über die Augen. Nur der eine Sinn, geradeaus Zu gehen, bleibt noch wach. Alle andern dämmern hin über. Man lernt es mit der Zeit. So geht es schweigend 19