4- Kapitel Das Marnedrama, Antwerpen und )1pern Im Westen hebt sich schon der Vorhang zum Beginn des gewal tigsten Dramas, das der Weltkrieg sah. Ungehört verhallen seine ersten Worte für Deutschland im Siegesjubel von Tannenberg und Paris. wie den Deutschen im Osten in der Stunde höchster Gefahr zwei Männer erwachsen, die das Schicksal wenden, so schenkt der Fimmel auch Frankreich zwei Führer. Das sind der Generalissimus Joffre und der Gouverneur von Paris, General Gallieni. Gallieni ist es, der als erster die Möglichkeit der Schicksalswende erkennt. Mit grimmiger Genugtuung sieht er, daß die Deutschen öst lich an Paris vorbeistreben. Man muß sie, die den Grundsatz ihrer Strategie im Westen, die Umfassung des freien feindlichen Flügels, verlassen, mit ihrer eigenen Strategie schlagen. Marschall Joffre erfaßt diesen Gedanken sofort. Es ist sein histo risches Verdienst, daß er ihn mit eiserner Konsequenz in die Tat umsetzte. Schon Ende August ist die 6. Armee neu gebildet worden. Kom mandant ist General Maunoury, einer der fähigsten hohen Offiziere des. Heeres. Am 4. September teilt Joffre den Armeeführern seine Angriffs absichten zwischen Paris und Verdun mit. In der Nacht zum 6. Sep tember erläßt er Ln seinem Hauptquartier in Bar sur Aube, dicht hinter der Front seiner schwer ringenden Armee, den für die Truppen bestimmten Befehl. Er enthält die stolzen Worte: „Beim Beginn der Schlacht, von der das Bestehen des Vaterlandes abhängt, muß jeder sich klar sein, daß es kein Rückwärtsschauen mehr gibt. Alles muß darangesetzt werden, den Feind anzugreifen und zu schlagen. Eine Truppe, die nicht mehr vorzugehen vermag, muß das eroberte Ge lände halten, koste es, was es wolle. Lieber auf dem Platze sterben als zurückweichen! Unter den jetzigen Umständen darf nicht die ge ringste Schwäche geduldet werden!" Die Truppen des deutschen Nordflügels bis herab zum rechten Flügel der 5. Armee kennen seit drei Wochen nichts als Fechten und Marschieren, Marschieren und Fechten. Es gibt schon lange kein Brot mehr. Granaten sind wichtiger als Brot. Zweihundert Pa tronen schleppt jeder Mann. Schnurgerade sind die Straßen, von riesigen Pappeln gesäumt. Das zieht sich stumm von Hügel zu Hügel durch Sonnenglut und Hitze. Und dann Ebene, nichts als Ebene. Ob dies Marschieren jemals aufhören wirdr 3S