OOI.6
l 125 285
Wiktor Waron Kandok-Wazzetti
k. ». k. Oberst d. R.
Mit zwei Abbildungen.
Separatab-ruck aus -er Wnterhaktungsbeitage -er Linzer
»Tages-H*o ft".
Linz 19N7.
Druck von I. winimer.
„Hro Durchleucht
Minzens Gugenij von Savogen
Göeroesterreichische Landmannschafft"
Von
Wiktor Maron Kandet-Wazzetti
k. u. k. Oberst d. N.
Mit zwei Abbildungen.
Sepurulubdruck aus der Mnterhuttungsbeiinge der Linzer
„Tagespost".
Linz 1907.
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Prinz En
gen der ed - le Rit-ter
wollt' dern Kai - ser wied-rum krie - gen
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Stadt und Fe - stung Bel - ge - rad.
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Er ließ schla-gen ei - nen Bru-cken,
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daß man knnnt hi
nü - ber ru - cken
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mit dr' Ar - mee Wohl
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für die Stadt.
Es War eine große, herrliche Zeit, deren Ereignisse
^ jenes Heldenlied, das Lied des edlen Ritters, des
Prinzen Eugen von Savoyen, zeitigen und schaffen ließen.
Noch heute schlägt jedes österreichische Patriotenherz
höher, wenn die Fanfarenklänge des Regimentsmarsches
von Savoyen-Dragoner ertönen und wird unwillkürlich
an jene Heldentaten gemahnt, welche unter der volks-
tümlichen, alle Soldaten von oben bis unten hinreißenden
und begeisternden Allgewalt des kleinen „Generalissimus"
4
die große Habsburger-Monarchie zusammenschweißten,
die Länder der ungarischen Stephanskrone sür immer
vom Türkenjoch, unter welchem sie fast 200 Jahre ge-
schmachtet hatten, befreiten.
Der sogenannte Freiheitskrieg Rakoczhs II-, der in
schlecht verstandenem egoistisch-ungarischen Patriotismus
dem Siegeslauf des Prinzen Eugen und dem Ringen der
Habsburger um die endgültige Vorherrschaft in Europa,
welche ja auch der Stephanskrone einen neuen Edelstein
einfügen sollte, Hemmnisse in den Weg zu legen suchte
durch Verbindung mit den welschen Gegnern, war durch
den Frieden von Szatmär im Jahre 1711 beendet
worden. Damals wurde zur Feier der Einigung der
ungarischen Parteien mit dem Beherrscher der übrigen
Habsburgschen Erbkönigreiche und Länder, als Exempel
für alle Zukunft, die bedeutsame Inschrift ober dem
Michaeler Tor (Westtor) von Preßburg angebracht:
,,0llio6 reAuuro m 86 ip8aai ämi8Ulo, äeZoladitm'" (zu
deutsch: „Ein von Parteiungen zerrissenes Reich fällt
der Zerstörung anheim"). Möchten doch die jetzigen
Epigonen diese Warnung ihrer Altväter in letzter Stunde
beherzigen und vor allem unsere herrliche, an Siegen
und an Ehren reiche Armee, das Schwert, welches die
Habsburger-Monarchie zusammenfügte, mit ihren eng-
herzigen Parteigelüsten unangetastet lassen.
Trotz der nunmehr erfolgten inneren Konsolidierung
der österreichisch-ungarischen Erbländer glaubte der
Türke noch einmal an das Glück der Waffen appellieren
zu können, um sein Prestige in Ungarn nicht gänzlich
einzubüßen; denn noch war er Pascha von Temesvär, noch
war das Banat türkisch, da der Friede von Belgrad mit
Rücksicht auf die kommenden Ereignisse im Westen und
Südwesten Europas nur ein fauler Friede geblieben war.
Der Sultan hatte aber bei der Kriegserklärung an
den Kaiser seine Rechnung ohne dem kleinen einstmaligen
Abbe gemacht. Nach einem kaum fünfzehnmonatlichen
Feldzug waren die türkischen Heere von der kaiserlichen,
durch Prinz Eugen persönlich geführten, durch die
ungarischen Kontingente verstärkten Armee in den sieg-
reichen Schlachten von Peterwardein 5. August 1716,
Temesvär 1. September 1716, der Doppelschlacht von
Belgrad 16. August 1717 zerschmettert, Temesvär am
12. Oktober 1716 und Belgrad am 22. August 1717 vom
Halbmond aufgegeben worden. Als Prinz Eugen am
19. Oktober 1717 seinen von Kaiser und Volk zu einem
wahren Triumphzug ausgestalteten Einzug in Wien
5
gehalten hatte, da gab es der Ehrungen und Auszeich-
nungen für den geliebten Feldherrn kein Ende.
Die Landschaft und die Stände Niederösterreichs
trugen dem Prinzen Eugen und seinem Neffen Prinz
Emanuel, der mit ihm den ungarischen Feldzug mit-
gemacht hatte und sein präsumtiver Erbe war, die höchste
Würde, welche sie zu vergeben hatten, die Landmannschaft
des Erzherzogtums Niederösterreich an, welche auch huld-
reichst angenommen wurde.
Dieses Beispiel eiferte den damaligen Präsidenten der
Landschafts-Abgeordneten ob der Enns Franz Ferdinand
Reichsgraf und Herrn von und zu Sprinzenstein und
Neuhaus, Herrn der Herrschaften Reichenstain, Tollet,
Potendorf und Greissingberg, römisch kaiserlicher Majestät
Kämmerer, Rat und Landrat des alten Herrnstandes
Oesterreich ob der Enns, Verordneter und Erbmünz-
meister beider Erzherzogtümer Oesterreich ober und unter
der Enns an, das gleiche bezüglich Oberösterreichs zu
veranlassen und durchzuführen. Sprinzenstein war be-
züglich Durchführung dieser Angelegenheit in ungleich
schwierigerer Stellung als sein in Wien befindlicher
Kollege.
Das Archiv des Museums Francisco Carolinum in
Linz besitzt unter den aus Schloß Tollet durch die
Munifizenz des verstorbenen Grafen Friedrich Revertera
überlassenen Archivalien einen Akt, der im Zusammen-
hang mit einigen darauf bezüglichen Akten des Landes-
archivs von Oberösterreich geeignet ist, die ganze Aktion
Sprinzensteins vom Anfang bis zum Ende zu beleuchten.
Die Überschrift der Akten von seiner Handschrift ist
oben gegeben und fügt der Graf, so ganz beherrscht
davon, daß dieser Gedanke und dieses Werk, somit auch
die bezüglichen Akten, sein Eigentum seien, hinzu: „M.
wird auch einmahl zu meinen acten zu legen sehn, in-
deme ich nicht nur Vrheber daruon gewesen bin, sondern
auch das ganze Werckh geführet habe."
Die getreue Befolgung seines Wunsches erhielt dieses
Aktenfaszikel der Nachwelt. Wir können es uns nicht
versagen, einige der gewechselten Korrespondenzen und
Briefe in ihrer Gänze zu geben, da deren Stil und
Redewendungen den damals herrschenden Kurial- und
Kanzleizopfstil, den Charakter und die Denkungsweise
der handelnden Personen auf köstliche Weise illustrieren
und so eine willkommene Ergänzung des Stoffes bilden.
Als Graf Sprinzenstein das Vorgehen der nieder-
österreichischen Stände erfuhr, sowie die Annahme deren
6
Landmannschaft durch Prinz Eugen, und den Gedanken
faßte, die gleiche Ehre für Oberösterreich zu erreichen,
kam es ihm, bevor er seine Absicht im ständischen Ver-
ordneten-Kollegium kundgab, vor allem darauf an, ver-
traulich zu erfahren, ob Prinz Eugen diesen Antrag auch
annehmen werde. Seiner ständischen Verordneten schien
Graf Sprinzenstein sicher zu sein.
Der Graf wandte sich deshalb mit Schreiben äe dato
Linz, 15. Dezember 1717 an den Hofkriegsrat und ge-
heimen Referendarius Zacharias Mariophilus Camp-
miller von und zu Langhalsen*) in Wien, den er wohl als
Gutsnachbar persönlich kennen mochte und von dem er
wußte, daß Campmiller bei Prinz Eugen in hohen
Gnaden stand.
*) „Campmiller", wie er sich selbst schrieb, während der
Name sonst alle möglichen Variationen aufwies, entstammt einer
im oberen Mühlkreis weitverbreitet gewesenen Familie, welche
ihren Ursprung und Namen von der Campmühle im Leitenbach
(zwischen Poppen und St. Leonhard), Pfarre Sarleinsbach,
ableitet und schon im sechzehnten Jahrhundert im Bürger-
stande *zu Sarleinsbach beurkundet ist. Von hier breitete sie
sich nach Putzleinsdorf, Lembach, Hofkirchen und Neufelden
aus, in welch letzterem, dem Hochstift Passau gehörigen Markte
ein Zweig dieser Familie Mitte des siebzehnten Jahrhunderts
von den Heinißbergern den Edelsitz Langhalsen an der großen
Mühel, unter Neufelden, überkam. Ein Zweig der Kampmüller
blieb der protestantischen Religion getreu und wanderte ins
Reich, nach Regensburg, aus; ein anderer Zweig zog nach Wien
und noch heutigentags ist dieser Name in Oberösterreich und
anderswo vertreten.
Josef Campmiller, Bürger des innern Rates von Neufelden,
fürstlich passauischer Freiamtsverwalter und Mautner daselbst,
erhielt 1673 den Reichsritterstand und die Erlaubnis, sich nach
seinem Edelsitz Langhalsen nennen zu dürfen. Er starb, 67 Jahre
alt, zu Wien am 22. Dezember 1694 und wurde im Stephans-
dom begraben. Seine Frau Salome Großhaupt, aus Sarleins-
bach gebürtig, entstammte einer angesehenen.Bürgers- und
Handelsfamilie aus Peilstein-Sarleinsbach und war ihrem
Gatten am 5. Juni 1683 im Tode vorangegangen. Ihre Ruhe-
stätte fand sie in der Pfarrkirche zu Altenfelden.
Dieser Ehe entsprossen nebst mehreren Töchtern, von denen
eine, Anna Sophia, durch ihre zu Neufelden am 6. November
1669 geschlossene Ehe mit Jeremias Peßler, Ratsbürger zu
Neufelden, die Stammutter der Ritter von Peßler, späteren
Besitzer von Langhalsen, wurde, zwei Söhne, unser Zacharias
Mariophilus und Andreas. Dieser starb, 88 Jahre alt, am
21. Juni 1739 als Altrichter von Neufelden mit Hinterlassung
einer zahlreichen weiblichen Nachkommenschaft. Nur ein Sohn,
der in kaiserliche Kriegsdienste getreten und noch vor dem
7
Wir lassen hier Sprinzensteins Brief an Campmiller
und dessen zwei Antworten vom 22. und vom 24. De-
zember 1717 aus Wien zur Gänze folgen:
Vater starb, setzte diesen bürgerlichen Zweig der Familie fort.
— Mariophilus, welcher diesen Rufnamen mit Vorliebe trug,
im Jahre 1654 wahrscheinlich zu Neufelden geboren (die
Matriken dieser Pfarre setzen erst mit dem Jahre 1668 ein),
absolvierte die drei oberen Klassen Syntax, Poesie und Rhetorik
am Linzer Gymnasium in den Jahren 1671 bis 1673 und
trat um das Jahr 1682 benn Hofkriegsrate in Staatsdienste
ein. 1688 wurde er Hofkriegssekretär und am 1. September 1694
zum Hofkriegsrat befördert. 1702 und 1704 wurde ihm die
Feldkriegs-Expedition im Reiche, das heißt die Feldkriegs-
Kanzleidirektion übertragen. In dieser Eigenschaft wurde er
auch den militärischen Beratungen beigezogen. Die Akten des
Spanischen Erbfolgekrieges („Feldzüge des Prinzen Eugen von
Savoyen", vom k. u. k. Kriegsarchiv herausgegeben) beleuchten
die Tätigkeit des Hofkriegsrates und Geheimen Referendarius
von Campmiller. Am 7. August 1710 erhielt er, der bisher
das Referat über das Artillerie-, Zeugs- und Proviantwesen
geführt hatte, das Referat in ..militm'idu8 6t politieis", das
heißt nebst den Angelegenheiten des Hofkriegsrates und der
Armeen im Felde auch jene des General-Kriegskommissariates
und alle Militaria in den Erblanden (mit Ausnahme Jnner-
österreichs), im Römischen Reich, in den spanischen und
italienischen Provinzen, in welchen kaiserliche Truppen lagen,
zu welchen Agenden er 1714 als Senior unter den Referen-
darien des Hofkriegsrates noch die Besorgung der inner-
österreichischen Militaria erhielt. In dieser Stellung, in
welcher er auch zu besonderen wichtigen Kommissionen be-
rufen wurde (was übrigens auch früher geschah, so besonders
am 12. Dezember 1711 nach Frankfurt anläßlich des Todes
Kaiser Josefs I.), verblieb er bis zu seinem im 72. Lebens-
jahre erfolgten Tode, der ihn zu Wien am 29. August 1726
in seinem auf der Seilerstätte gelegenen Hause ereilte.
Campmiller, welcher 1687 in einem seinem Vater ge-
hörigen Hause in der Klugerstraße (jetzt Krugerstraße) wohnte,
wurde am 28..Jänner dieses Jahres in der eaxellu I^ureruim
bei den Augustinern mit Fräulein Johanna Sybilla, Tochter
des Gottlieb (alias Jakob Christoph) Rauch von Rauchenfels
selig und dessen Witwe Eva Regina, getraut. Die Trauzeugen
gehörten sämtlich dem Hofkriegsrate an, als erster der damalige
Hofkriegs-Kanzleidirektor Christoph Freiherr von Dorsch.
Seine Frau gebar dem Mariophilus nur eine einzige
Tochter Maria Regina (unbekannt wo und wann geboren),
welche zufolge der Wiener Matrikeneimragung am 25. August
1713 zu Langhalsen (hier in Langhalsen, respektive Neufelden
ist ihr Verkündigungstag, 26. Juli, irrig als Trauungstag, auch
keine Trauzeugen eingetragen. Es steht nur .stester, ut moris
68t, acllu6r6") während selbe in der Wiener Matrik genannt sind)
8
Linz, 15. Dezember 1717.
SPrinz enstein an Camp miller.
Hoch Edel Gebohrner!
Hochgeehrter Herr! Wie auß ein vnd anderem parti-
kular-Brief sowohl alß hernach autz der ordiuari Zeitung zu
vernehmen gewest, so haben Jhro Durchlaucht Prinz Eugenins
mit Johann Georg Metzburg, Ritter, der römisch königlichen
Majestät Rat und Regent der niederösterreichischen Lande,
Sohn des kaiserlichen Postmeisters zu Brünn Johann Georg
Metzger, kopuliert wurde, aber nach Geburt einer einzigen, am
2. August 1715 zu Wien getauften, von ihren (CampmiÜerschen)
Großeltern aus der Taufe gehobenen Tochter Anna Josefa
Franziska noch vor ihrem Vater zu Wien starb und am 8. Mai
1725 bei St. Stephan begraben wurde.
Mit kaiserlichem Diplom vom 1. Februar 1718 erhielt
Campmiller, der mittlerweile nach seines Vaters Tode in den
Besitz von Langhalsen gekommen war und keine männlichen
Nachkommen hatte, die Bewilligung, seinen Namen auf seinen
Schwiegersohn übertragen zu dürfen, welcher sich von nun an
„Campmiller von Mezburg" und nach dem Tode seiner Frau
und deren Vaters, ihr väterliches Erbe übernehmend, auch
„von Langhalsen" schrieb.
Campmiller von Mezburg, der auch Ministerial-Bank-
deputationsrat wurde, vermählte sich 1731 in zweiter Ehe mit
Rosalia, Tochter des Johann Karl Fieger von Hirschberg aus
Bergheim, römisch kaiserlicher Majestät Rat, Landrat und
Verordneter ob der Enns, erhielt aber von ihr keine Kinder,
so daß nach seinem Tode Langhalsen auf seine Tochter erster
Ehe Anna Josefa Franziska fiel, welche seit 18. Jänner 1735
mit dem Bruder ihrer Stiefmutter Johann Ernbert Fieger
von Hirschberg auf Bergheim vermählt war. Ihr Vater wird
bereits am 28. September 1734 als verstorben erwähnt.
Mariophilus Campmiller scheint trotz seiner glänzenden
Lebensstellung, die er beim Tode seines Vaters bereits ein-
nahm, doch nicht ganz dessen Zuneigung besessen zu haben.
Dieser betitelt ihn in seinem zu Wien am 16. Dezember 1694
errichteten Testament „der Wienerische Herr Sohn" und sagt
von ihm, „dieser Gesöll ist ungehorsamb", wegen eines unter-
lassenen Hausbaues, statt welchem er im Jahre 1692 das auf
der Seilerstätte gelegene, vormals dem Hauptmann Marzelli
gehörige Haus käuflich erwarb. Erst nachträglich scheint er das
Häuschen „zum Weißen Stern" aus der Münnichbastei in Wien
neu erbaut zu haben. Für sein Haus auf der Seilerstätte zu
Wien erhielt er mit Diplom äe dato 1. Juni 1709 die Befreiung
von allen Militärlasten. 1697, am 14. April, zu Passau er-
kaufte er von Maria Eva Elisabeth, Witwe nach Wolf Siegmund
von Puchleiten, Freiherr (einer ehemaligen Linzer Bürgers-
familie entstammend), geborene Freiin von Freyberg, neun
frei eigene Untertanen und Gülten im oberen Mühlviertel
und 1699, 20. Februar, von der Witwe Maria Anna Franziska
9
sich Jüngstens gewürdiget sambt Jhro Durchlaucht Prinzen
Emanuele von Savoyen die von denen N.-Österreichischen
H. H. Ständen Ihnen gezimend offerirte aldortige Landmann-
schafft nicht zu verschmähen, sondern gnädigist anzunemben;
welches ich meines orths sür eine so besonders hochschäzbahre
Ehre für besagte N.-Oe. Stände halte, daß Sie hierumben
(wofern Sie aleinig sich derselben zu rühmen haben sollen)
von denen alhiesigen Ständen billich Zu beneiden wären; auß
welcher Vrsach dan angeeufert mich gern Unterfangen wolle,
Ihnen alhiesige zway obern Politischen Ständen als dermahlig
Unwürdiger Praeses den Vortrag zu thun: ob Sie nicht eine
gleiche sehr hochschäzbahre Ehre ambiren (8ie!) vnd zu solchem
Ende hochgedacht Sr. Durchl. die allhiesige Landmannschafft
Gräfin von Tattenpach, geborne Herrin von Gera, den Edelsitz
Freyenzell (Freizell) samt etlichen frei eigenen Gülten auch im
oberen Mühlkreis.
Langhalsen wurde von Mariophilus besonders favorisiert.
Er baute es von neuem und schloßartig auf. Die prächtige,
wie eine Kirche ausgestaltete Schloßkapelle verdankt einem
von ihm auf der mit Kaiser Karl VI. aus Spanien gemachten
Rückreise in die Erblande versprochenen Gelöbnis ihre Ent-
stehung, über deren Filialverhältnisse er zu Langhalsen am
28. August 1720 einen Vertrag mit dem Pfarrer von Alten-
felden Georg Karl Bianchi von Weissenhaus einging. Ob er
schon oder erst sein Schwiegersohn von Mezburg die weiteren
Edelsitze Genghof und Pixendorf akquirierte — von welch
letzteren von Mezburg sich schrieb —, ist uns nicht bekannt
geworden.
Für Langhalsen erwarb unser Mariophilus schon im
Jahre 1697 äe ämo Wien, 15. Jänner vom Kaiser Leopold I. ein
Privilegium (Original im Linzer Musealarchiv), wodurch ihm
daselbst eine Hantierung mit Leinwand, Wein, Getreide oder
Vieh, insbesondere der Leinwandhandel, weiter die Erkaufung
von 20.000 bis 25.000 fl. wertigen Landgülten — ungehindert
des Landmanneinstandes — gestattet wurde. Damals bestand das
frei eigene Landgütl Langhalsen, welches er nach zeitlichem
Hintritt seines Vaters Josef Campmiller erblich überkommen
hatte, aus einer bloßen Mühle und einigen Grundstücken (wor-
unter eine Bleichstatt der vornehmste Teil war). Am 4. August
1703 erhielt er in einem zu Wien ausgestellten Diplom des-
selben Kaisers (Original a. a. O.) die Bewilligung, zu Lang-
halsen eine neue Braustatt zu erbauen und aufzurichten.
Campmiller wird in diesem Diplom, sowie in einem weiteren
cke äuto Wien, 21. März 1713 (Original a. a. O.), in welchem
ihm vom Kaiser Karl VI. für seine zwei Landgüter Langhalsen
und Freyenzell mit allen deren Einwohner und Untertanen
die Freiheit von allen Quartiers- und Militärbeschwerden zu-
erkannt wird, „Ritter des Königreiches Ungarn" genannt.
Schließlich erreichte er vom Kaiser Karl VI. mit Diplom Wien,
am 30. März 1716 (Original a. a. O.) die Bewilligung und
Freiheit zur Errichtung einer Taberne, das ist eines Wirts-
10
mit gebührendem Respekt offeriren wolten; vnnd gleichwie ich
nun diß als an Ihr deren besagten Ständen einhelliger Ein-
stimmung keineswegs zu zweifflen habe, Also beruhet es solchem
nach hingegen nur alein an deme, wie ich vor solch würkhlichem
Vortrag dahin quasi sicher gestellet werden möge, ob nehmlich
diße meine vnterthänigste Wohlmeinung vnd Intention zu
Sr. Durchl. gnädigsten befahlen geraichen vnnd Dieselbe solch:
deren Ständen 8udmi83e8 oll'ertum mit gleichmässig gnädigster
Genehmhalt: vnd acceptirung, wie das vnter österreichische,
anzusehen mithin den, r68pemn Dero Hohen Durchleuchtigsten
Haußes sowol als Dero Vnvergleichlich Höchen Personal-
meriten, befindlichen Abgang von der Würdigkeit des ollorti,
mit dero angebohrnen Generositätt zu ersezen belieben würden.
Wan nun mir nicht vnbewust ist: daß mein Hochgeehrter Herr
das Glückh habe, bey Sr. Durchl. wol in gnaden zu stehen, vnd
also von dero Naigungen zimlichen thails informirt zu seyn;
alß nembe mir die Freyheit denselben hiemit höfflichist zir
ersuchen, mir das Besonder Freundstuckh zu erweisen, vnd ent-
weder^ selbst, oder durch wen es derselbe etwo für gut befinden
möchte, dise zu meinem Jntent vorleuffig nöthige Kundschafft
zu erhallen, vnd mir vnschwähr ehist zu wüsßen zu machen,
damit ich mich darnach zu richten, vnd imsahl einer zu hoffen
habenden genehmhaltung bey nächster vnd zwahr längist inner-
halb 14 tagen beschehenden Ständ-Zusambenkonfft dises Vor-
haben ins Werk zu stellen, vorhero aber auch noch bey ein vnd
andern zir incaminiren wüsste. Ich bekhenne zwahr meine
Kühnheit in Verursachung diser Bemühung groß zu seyn, jedoch
machet die mir bißhero bezeugte Wehrtiste affection mich hoffen,
daß solche mir nicht in üblen werde vermerkhet werden.
Im übrigen ob ich schon nicht zweiffle, es werden meinem
hochgeehrt. Herrn ohndem all vnsere hiesige Landschaffts-Bräuch
vnd gewohnheiten bestens bekhandt seyn, so vnterstehe mich doch
gleich wollen in orcline obbesagten Jntents demselben x>ro me-
moriu vnd Villeicht vorleuffig benöthigrer Vmständsbenach-
richtigung zu Erinneren: daß l^o- nackdeme einmahl von denen
Ständen der Schluß über disen Vortrag gemacht wäre, dises
ollertum (wie ich gänzlich glaube) wegen weither Entscheidung
wol schriftlich an Jhro Durchl. mit erforderlichem respect be-
schehen werde; welches ja meiner Hoffnung nach das werckh
nichts vnansehnlicher machen würde; 2^- so ist gleichfals zur
gültigkeit der hiesigen Landmannschafft die würckhliche Posseß-
hauses, auf seinem frei eigenen Gütl Langhalsen. Aus allen
diesen Diplomen, in welchen seine Verdienste aufgezählt werden,
erfahren wir, daß er sich sowohl bei den „Rebellionen in
Ungarn" als auch nachgehends bei dem von neuem aus-
gebrochenen langwierigen spanisch-französischen Kriege bevorab
unter Kaiser Josef I. „bei Vertretung Dero Feld Kriegs
Kanzlei Directoris Function, fürnemlich aber in Begleitung
und Bedienung Dero Höchsten Person bei damaliger gloriosen
Campagne, Belagerung und Eroberung der Festung Landau"
ausgezeichnet und verdient gemacht hat.
11
nembung einer Stölle weder persönlich noch durch einen ge-
uolmächtigten nöthig, auch bishero dises letztere gar niehmals
gebräuchig gewest, in deine ein angenornbenes Landsmitglid
durch lang-oder kurze Vnterlassung solcher poszeßnernbung sich
niehmalen nichts vergibt, zurnahlen bey solcher poßeßnembung
keine besondere solemnitätt mehr vorbei gehet, vnd pflegen wir
ainerley Standsmitglider im Landhauß vnter Vntz nach denen
natürlichen Alters Jahren zu sizen, Wan aber ein so hohe Person
würckhlich selbst zu sizen (so doch nicht zu hoffen ist) belieben
tragen solte, so wäre ohne dem auß schuldigem Respect alle
Competenz aufgehellt; hätte also die ganze Solemnitätt meines
Erachtens in deme zu bestehen: daß in llae inateria auf den
von mir begehenden Vortrag durch ordentliche Vmfrag vnd
Folgendes votiren der Schluß gemacht vnd sodan das würckh-
liche ollsrtnm an Jhro Durchleucht alsogleich schrifftlich ab-
geschickhet würde. Jedoch wil ich in all vnd iedem hierüber
dero Verhoffend-beliebige andworth vnd aufrichtige Meinung
ehistens erwarthen, vnnd anmit nebst treuherziger anwünschung
glückseliger Weynacht-Feyertägen vnd darauffolgenden Jahr-
Wechsels sambt vollständig vnd villjähriger Vergnügung, mich
zu beständiger affection empfehle, wahrhaftig verharrend
Meines hochgeehrt Herrn
Linz, den 15^n Xbr. 1717. Schuldiger Diener.
(Original-Konzept von der Hand des Grafen Sprinzenstein
mit zahlreichen Korrekturen im Musealarchiv Linz.)
Wien, 22. Dezember 1717.
Ca mp miller an Sprinzenstein.
Dem Hoch- und wohlgebohrnen grafen, und Herrn, Herrn
Ferdinand des Heyl. Röm. Reichßgrafen von Sprinzenstein,
Herrn der Herrschafft Reichenstein 2c. der Röm. Kay. May.
Camern, und Einer Hochlöbl. Landschafft im Erzherzogthum
Oesterreich ob der Enntz hochverordneten Praesidenten re.
Lincz.
Hoch- vnd Wohlgebohrner Graf 2c. Gnädiger Herr 2c.
Ich bedanke mich ganz gehorsamblich für das gnädige
Verthrauen, so Sie in meine Persohn sezen, und mir die
bewnste Commission an des H. Prinzens Eugeny von Savoyen
hochfürstl. Durchl. außtragen mögen; Ich habe solche jetzt ge-
dacht Seiner Hochfürstl. Durchl. mit seinen Vmbständen ge-
bührend vorgetragen, vnd diese nebst bezeigung einer sonder-
bahren Vergniegung darauf gemeldet, Sie thätten solch-Jhro
anerbietendes OKerrum zur sonderbahren Ehre, an, vnd auf-
nehmben, auch entzwischen sowohl für Sich, alß Seinen H-
Vättern des Prinzens Emanuel Durchl. ganz höfflichen Dankh
darfür abstatten, welches mit gegenwärtigen hiemit gehors.
erindern, anbey auch winschen wollen, das diese obgehabte
Comission nach dero gnädigen intention verrichtet sein möge,
anjezo würdet bey deroselben, vnd denen hochlöbl. HH. Ständen
12
Beruhen, rnit was für einer Formalitet Sie Widerholter H.
Prinzens Eugeny hochfürstl. Durch!., vnd Dero H. Vättern
die anerbottene Landmannschafft weithers werden insinuiren
wollen, der Ich im ybrigen zu allen gnädigen befelchen bin,
vnd nebst gehorsamber empfehlung immerhin verharre
Deroselben gehör- vnd ganz Ergebener Diener
Wien, den 22t. Xdri- 1717. M. Campmiller.
D. 8. Auch gnädiger Herr re. habe nach dero gnädigen Ver-
langen obbemeltes H. Prinzens Eugeny von Savoyen Hoch-
fürstl. Durchl. in dero gethanen Proportion sxpi'6886 gemeldet,
das Sie diejenige seyen, welche nomine des Hochlöbl. Stän-
dischen Collegy mir diese Comission gegeben haben, a(l)so das
auch disfahls Deroselben gnädiger Befelch vollzogen ist.
Datum nt in 1itteri8. Idem gui in 1iteri8.
Wien, 24. Dezember 1717.
Campmiller an Sprinzenstein.
Mein: bey einer angestert von hinnen nacher Linz ab-
gangenen staffeta überschickhtes schreiben wirdet vngezweifflet
zu gnädigen Händen eingeloffen, und daraus zu ersehen ge-
wesen seyn, waß gestalt des Herrn Prinzens Engeny Hochfürstl.
Durchleucht die Jhro, und Ihres Herrn Votiern Prinzens
Emanuel von Savoyen Durchleucht von den Hochlöbl. Herrn
Ständen des Erzherzogthums Oesterreich ob der Ennß offeriern
wollende Landmannschafft zu sonderbarer Ehre an- und auf-
nehmben; Sie haben aber angestert Sich hierüber noch weiters
explicirt und gegen mir verlanthen lassen, nicht von nöthen zu
sein, daß dessentwegen ain oder andere Deputirte (wie Es von
denen hiesigen Herren Ständen geschechen) aigens anhero ge-
schicktst werden, Sie wollen vollkhombenlich vergnügt sein, Wan
gedachte Hochlöbl. Ober-Oesterreich. Herren Stände den etwo
machenden Schluß Jhro schriftlich zu notificiren belieben wer-
den. Dieses novum emer^6N8 habe nicht unterlassen sollen,
bey heunt ablaufender Post nachzuschreiben.
Wien, den 24. Dezember 1717.
(Zwei Originale im Musealarchiv Linz.)
Aus Sprinzensteins Brief wird vor allem seine
Besorgnis ersichtlich, es könnte Prinz Eugen, vielleicht
auch sein Vetter Emanuel, die ihnen angetragene ober-
österreichische Landmannschaft auch in Wirklichkeit aus-
zuüben Belieben tragen, das heißt an den Landtags- und
Ständeversammlungen Sitz und Stimme beanspruchen,
oder des Glaubens sein, daß man Wohl gar dies von
ihnen als Landmannspflicht erwarten werde, was dann
gewiß dem Grafen und manch anderem Ständemitglied
einiges Kopfzerbrechen über die dabei zu veranstaltende
Solennität. Sitzordnung, Abstimmungsweise usw. ver-
ursacht hätte; daher des Grafen Bemühungen bei
13
Campmiller — und durch diesen bei Prinz Eugen —
solche Posseßergreifungsgedanken, wenigstens vorläufig,
nicht aufkommen zu lassen. Aber auch in manch anderer
Hinsicht scheint Graf Sprinzenstein die Durchführungsart
seines Werkes nicht reiflich genug überdacht zu haben,
so insbesondere, wie sich später zeigen wird, den Modus
der Offertüberreichung nach gemachtem Ständeschluß.
Es fällt auf, daß der Graf sein Vorhaben bei der
längstens innerhalb von vierzehn Tagen stattfindenden
Ständezusammenkunft ins Werk setzen wollte, denn
die erneuerte Landmannsordnung vom 29. November
1644 für Oberösterreich besagt im Punkt 4: „Die Land-
mannsaufnahme hat nur auf Landtagen zu geschehen."
Auch hier war dies, wie die Folge zeigt, der Fall, aber
nicht innerhalb längstens vierzehn Tagen. Auch Punkt 1
der zitierten Ordnung: „Niemanden von neuen Ge-
schlechtern, selbst bei Vorhandensein aller Eigenschaften,
als Landmann aufzunehmen, bevor nicht eine alte Familie
ausgestorben", konnte nur mit Rücksicht auf Punkt 5:
„Freiheit der Stände, auch beim Vorhandensein aller
Bedingungen die Aufnahme zu verweigern und im ent-
gegengesetzten Falle, bei Verdiensten um das Land, sie
zu bewilligen", umgangen werden.
Sehen wir uns die oberösterreichischen Landmanns-
ordnungen der früheren Zeiten an, um uns über das
Vorhandensein aller Vorbedingungen zur Aufnahme
bei den Prinzen zu orientieren. Die älteste normierte
Landmannsordnung vom 8. April 1596 besagt:
1. „Eheliche Abstammung von ehelichen Eltern."
2. „Adelsfreiheit, vor mindestens zwanzig Jahren
erworben." Die erneuerte Landmannsordnung vom
14. Juni 1615 modifizierte diese Bedingung in Punkt 4
dahin, „daß die adelige Geburt des Erwerbers im dritten
Grade durch Urkunden nachgewiesen sei". Also schon der
Großvater mußte den Adel erhalten haben, was aber
auch später als „vor mindestens zwanzig Jahren" ge-
schehen sein konnte.
3. „Persönlich geleistete Heeresfolge gegen die Türken
oder sonst ritterliches Benehmen und erworbene Ver-
dienste."
4. „Besitzstand von wenigstens 10 Pfund Herrngülte
oder deren Einverleibung in dem Gültbuch binnen Jahres-
frist, bis dahin aber Versteuerung obiger 10 Pfund."
Es war also damals in Oberösterreich der Besitz von
Herrngülten — also gewissermaßen auch landtäflicher
Güter — noch vor der Erlangung der Landmannschaft
14
gestattet, was nach Punkt 6 der Landmannsordnung
vom 29. November 1644 ausgeschlossen war. Derselbe
besagte: „Vor Erlangung der Landmannschaft keine Güter
(überhaupt in Oberösterreich) an sich bringen und noch
weniger die Hofbewilligung dazu ausbringen." Während
nämlich in Niederösterreich die Erwerbung landtäflicher
Güter mit Dekret Kaiser Ferdinands I. vom 4. November
1559 nur für ordentliche Landleute gestattet, wozu
mit Dekret Kaiser Max' II. vom 10. Februar 1572 auch
noch ein besonderer kaiserlicher Konsens notwendig war,
konnten in Oberösterreich bis zum 29. November 1644
auch adelige, welche nicht die oberösterreichische Land-
mannschaft besaßen, ja selbst bürgerliche Geschlechter
(seit kaiserlichem Dekret vom 2. November 1628 nur mehr
mit landesfürstlicher oder mit ständischer Bewilligung
und gegen Ausstellung eines Reverses) landtäfliche Güter,
respektive Edelsitze erwerben, wodurch der Prävalierung
und Prärogierung der Landmannschaft, ja selbst des Adels,
für die Nachkommenschaft des Gutserwerbers nur Vor-
schub geleistet wurde, besonders seit der zweiten Hälfte
des sechzehnten Jahrhunderts, was schon längst den alten
Geschlechtern des Herrn- und Ritterstandes ein Dorn im
Auge war.
Aber die Stände brauchten auch Geld. daher die
Ordnung vom 14. Juni 1615 als Punkt 5 aufnahm:
„Wenn binnen Jahresfrist kein Güterkauf erfolgt, find
beim Obereinnehmeramt 5000 fl. lehensweise anzulegen."
5. „Adeliges Verhalten und freundschaftliches Ein-
vernehmen mit den Nachbarständen."
6. „Verehelichung mit einer Landmannstochter so-
wohl vor als nach der Aufnahme. Verbot der Ausübung
eines bürgerlichen Geschäftes."
Letztere Bestimmung wurde Ende des siebzehnten
und im achtzehnten Jahrhundert vielfach durchbrochen.
(Vergleiche die Linzer Großhandlungsfirma Peisser von
Wertenau, welcher durch des Hans Georg Peissers
Gemahlin, eine geborne von Undorf, das Landgut
Mühldorf, Pfarre Feldkirchen, als deren mütterliches
Erbe überkam, hiedurch die Landmannschaft erwarb und
mit Privileg Kaiser Leopolds I. vom 4. September 1684
die Erlaubnis erhielt, die Großkaufmannschaft gleichfalls
ausüben zu dürfen.)
7. „Verlust der Landmannschaft eines Neuauf-
genommenen im Falle der Verehelichung mit einer
Bürgerlichen und Zurücksetzung der alten Landleute mit
ihren Kindern in die Klasse der neuen Geschlechter."
15
Punkt 7 der Ordnung äo ckato 14. Juni 1615 bestimmte,
bei Ausübung bürgerlicher Geschäfte sollte vorerst eine
Ermahnung, dann eine Geldstrafe und endlich der Verlust
der Landmannschaft erfolgen.
8. „Gleicher Verlust der Landmannschaft bei unzüch-
tigem Lebenswandel und bei erwiesenem Ehebruch."
9. „Ausfertigung des Reverses, sich über die älteren
Geschlechter nicht zu erheben und den Statuten gemäß
zu benehmen."
Diese ursprüngliche Landmannsordnung wurde am
14. Juni 1615 und am 29. November 1644 mit Schluß
der Stände durch Erläuterung und Zusätze — siehe oben
— erneuert. Hier tragen wir aus der ersten Erneuerung
nach, daß zur Aufnahmsbewilligung die Veistimmung
von zwanzig Landleuten aus alten Geschlechtern, oder
auch reservierter, wenn sie den dritten Grad der Land-
mannschaft erlangt, erforderlich war, was auch in diesem
Falle eingehalten wurde.
Von besonderer Wichtigkeit war das mit landes-
fürstlichem Dekret vom 2. November 1628 für die drei
oberen Stände: Prälaten, Herrn und Ritter erflossene
Einstandsprivilegium, wonach bei notgedrungenem und
ex oüo-Verkauf von Landmanngütern, sei es infolge
von Emigration nach dem Reformations-Patent vom
10. Oktober 1625 oder nach Kridaabhandlungen — auch
bei Erbschaften — nur Landleute oder Stifter (Klöster)
als Käufer einstehen durften. Auch einfache Adelige
konnten vom Landesfürsten oder von den zwei politischen
Ständen (Herrn und Ritter) gegen Revers das Einstands-
privileg erhalten, wobei die Höhe der durch Einstand etwa
zu erwerbenden Herrngülten von Fall zu Fall fixiert
wurde, wie dies häufig in den Adelsdiplomen des sieb-
zehnten und achtzehntenJahrhunderts zum Ausdruck kam.
Aus der Landmannsordnung vom 29. November
1644 entnehmen wir noch bezüglich der Landmanngüter:
7. „Landmanngüter sind nur an wirkliche Landleute
zu verkaufen."
8. „Landleute, die einem Nichtland mann behufs des
Güterkaufes ihren Namen leihen, sind verpflichtet, diese
Güter selbst zu kaufen oder einem wirklichen Landmann
abzutreten. Wenn die Ermahnung fruchtlos, tritt in:
Wiederholungsfall Verlust der Landmannschaft für ihre
Person ein." (Also damals schon eine Art Chabrus.)
9. „Jene Güterbesitzer, die keine Landleute sind, sind
doppelt zu besteuern und haben diese Steuer ohne Um-
16
lagen auf die Untertanen aus eigenem Säckel zu be-
streiten."
Auch die Gegenreformation übte bezüglich der Land-
mannsaufnahme, sowie im Lehenswesen ihren Einfluß
aus. Schon die kaiserliche Resolution vom 26. September
1628 besagte, daß neben Ihrer kaiserlichen Majestät auch
sie, Stände, taugliche Personen so der katholischen Reli-
gion Zugetan und dem Vaterland zu Ehren und Nutzen
dienen können, zu Landleuten aufnehmen dürfen, und
Punkt 3 der Ordnung vom 29. November 1644 bestimmt
kategorisch, daß „kein Nichtkatholik als Landmann an-
zunehmen sei".
Die seitens des neuaufgenommenen Landmannes zu
zahlenden Taxen betrugen 1596 für den Herrnstand
100 Reichstaler, für den Ritterstand 50 Reichstaler (Aus-
länder doppelt). 1615 wurden sie auf 1000 fl., beziehungs-
weise 500 fl. und mit Schluß vom 27. August 1672 je
nach Standeseigenschaft des Erwerbers noch mehr erhöht
(vergleiche übrigens auch das Schlußkapitel dieser Ab-
handlung, beziehungsweise der Taxen).
Endlich hatte auch der neuaufgenommene Landmann
in der Ständeversammlung dem Präsidenten das Hand-
gelübde abzulegen.
Diese am 14. Juni 1615 und 29. November 1644
modifizierte Landmannsordnung blieb zufolge Schlusses
vom 6. Mai 1683 im wesentlichen auch in späterer Zeit
in Kraft bis Zum Jahre 1848 bis 1849, welches ihr und
dem gesamten Ständewesen unter der umwälzenden
Wucht der Ereignisse ein seliges Ende bereitete.
Doch kehren wir nach dieser Abschweifung zu unserem
Gegenstand zurück.
Aus dem Postskriptum Campmillers zu seinem ersten
Antwortschreiben geht hervor, daß Sprinzenstein (in
einem uns verloren gegangenen Nachtragsschreiben) seine
Person beim Prinzen als Kommissions-Auftraggeber
herausgestrichen wissen wollte, und wir sehen aus dem
zweiten Schreiben Campmillers, daß sich bereits die
Frage geltend machte, wie das „Offertum" dem Prinzen
überschickt werden solle, nachdem die niederösterreichischen
Stände, allerdings an Ort und Stelle befindlich, dies
durch eigens bestellte Deputierte getan hatten.
Sprinzenstein antwortete sofort äo äalo Linz, 29. De-
zember 1717 (Original-Kopie im Musealarchiv Linz)
dem Campmiller, „es erfreue ihn nicht wenig auß
seiner sowohl jüngst mit einer alhero gegangenen
Staffetta, als auch mit letzterer Post rechts wordenen
17
werthesten Zeilen Jhro Durchleucht Prinz Eugeny
gnädigster Genehmhaltungs - Erklärung »vber meine
Meinem hochgeehrten Herrn an zu verthrauen ex prae-
8mnplioo6 einer nicht vblnembung unternombene In-
tention, sowoll oiroa guestionern an als quoiaoäo ver-
nomben zu haben«" und gleich wie er für die Hierinfalls
erzeigte Höflichkeit und Güte besonders obligiert lebe,
als werde er auch nicht ermangeln, bei nächster Stände-
zusammenkunft (auf den 8. Jänner nächsten Jahres
ausgeschrieben) den wirklichen Vortrag zu tun, vorher
aber die Sache bei einem oder dem andern zu inkami-
nieren, da er bis anher noch mit keinem Landesmitglied
über diese Materie ein Wort gesprochen habe. „Worumben
ich aber dannoch mit Eröffnung dieser Intention gegen
meinen hochgeehrten Herrn so keck gegangen, dessen ist die
Ursach, weillen nicht allein meine begührde und vorleuffige
Vergnüegung Hierinfahls ein onwürdiges Instrument
abgeben zu khönnen nicht klein ist, sondern ich auch keine
einzige Ursache mir vorzubilden wisse, warumben ein
Jedweder aus denen Zwey obern politischen Ständen,
anstatt das geringste darwider zu movieren, nicht vil
mehr dise — Landmannschaftsacceptierung für eine dem
ganzen Landt widerfahrend besonders grosse Ehre halten
solle; daß also dißfahls mich einig widrigen Erfolgs im
geringsten nicht zu befürchten habe."
Doch neuerdings kam für Sprinzenstein ein uovuni
6M6I-A6Q8, denn mit Schreiben de dato 5. Jänner 1718
eröffnete ihm Campmiller unter anderm: „Wan mir
Erlaubt were, meine vnmasßgäbige mainung hierbeh zu
eröffnen, so hätte ich darfür gehalten, Es könte die von
gedachten Hochlöbl. Politischen Herrn Ständen schrifftlich
abfassende declaration etwa zweyen von denen allhier
(in Wien) befindlichen vornemberen Ober-Oesterreich.
Herrn Landes-Mitgliedern im Herrn Stand Zuegeschickht,
und dise requiriert werden, daß Sie o<^ totiuZ loelM
8tatu8 Uolitiei so thanne schrifftliche declaration gezimend
einzuhändigen belieben möchten, welches Ein Jedwederer
von gemelten hiesigen Herren Landes-Mitgliedern gern
auf sich nemben, dises aber eben dasjenige sehn wirket,
wormit Ihr. Hochfürstl. Durchl. (alß welche alles übrige
und Eußerliche Gepräng gern evitiert haben möchten)
am Vessten vergnügt sein werden" — „gleichWahlen Es
bey Deroselben und deren Herrn Ständen meliori et
8amor1 dudielo stehet, wie Sie Es dießfahls gehalten haben
wollen; Es möge jedoch erfolgen, was es wolle, so
möchte Ich mir eine vorläuffige Nachricht daruon auß-
2
18
gebetten haben, damit Ich Sr. Durch!, einen prae-
Austam geben könnte, daß dise oder jene H.H. Cavalliers
obgedachte Commission bey Deroselben abzulegen er-
suecht worden seyen" (Original im Musealarchiv Linz).
In seiner Antwort äs äaw Linz, 8. Jänner 1718 (coäve
Kopie im Musealarchiv Linz) zeigt sich Sprinzensteins
Verlegenheit über Campmillers Vorschläge: die gesamten
Herrnstände halten schon künftigen Montag (10. Jänner)
die erste Session; da es aber in Landtags- als anderen
unterschiedlichen Sachen viel zu tun geben wird, als wisse
er den Tag, an welchem diese eine ganz besondere Session
erfordernde Materie wird vorgenommen werden können,
„sogar aigentlich nicht zu benennen, jedoch solle es ehe-
müglichst geschehen". Daß er seinerseits auf alle Weise
auf zwei in Wien befindliche vornehme Lands- und
Herrnstandsmitglieder antragen werde, er „muess aber
erst ein wenig nachsinnen, waß für eine sich etwo am
bösten hierzue schickhen werde. — sobald mir die be-
nennente Cavalieri werden wissen! sein, (werde) solches
mit Erster gelegenheit zu wissen machen".
„Vbrigens waiß ich nicht (fährt Sprinzenstein fort)
ob ich der rechten Meinung bin, Wan glaube, daß die
Erklährung dieser Jhro Durchl. Prinzen Eugenio alß
nebst Deroselben Herrn Vettern Prinzen Emanuel an-
tragente Landtmannschafft vnten einsten (unter einem)
zu thuen, und zwar Hauptsächlich an des H. Prinzens
Eugenh Drchlt. addressiert werden solle, vnd zwar dises
darumb, weillen meiner Mainung nach Prinz Emanuel
gleichsamb alß Sr. Drchlt. Prinzens Eugeny lülms
aäoptivus re^arä wirdt, und ohne dem leicht auch zu
kapirn ist, daß der ältere kriwo8 vov6N8 (!) sehe vnd
der andere demselben zu Ehren mitgenomben werde;
dahingegen mir es für den ältern nicht so gar ansehnlich
mehr vorkhombete, Wan der Iü11u8 aäoxtivu8 auch ganz
besonders vnd auf ganz gleiche Arth tractirt würdte,
Jedoch bekhenne Ich dergleichen Casum niemahls gehabt
zu haben und also die Sache nicht recht und gesichert
zu verstehen." Er bittet daher Campmiller bei „suppo-
nirender Erlaubnis und verhoffender Geheimhaltung"
— „um reife Vberlegung" und „sein Gutbefündten durch
eine aigene Staffetta ehemüglichst zu überschreiben".
Noch bevor Campmillers „Gutbefündten" eintraf, fand
in Linz am Dienstag den 11. Jänner 1718 die Session
des Herrn- und Ritterstandes statt, worin von siebzehn
Herrn- und elf Ritterstandsmitgliedern über Vortrag des
Präsidenten Grafen Sprinzenstein einhellig der „Schluß"
19
gemacht wurde, beiden Prinzen die oberösterreichische Land-
mannschaft unter den alten Geschlechtern ohne einzigen
Vorbehalt (Bedingungen) oder Entgelt (Landmanntaxen,
Kanzleijura) Zu deferieren. Wir lassen die wortgetreue
Fassung des Schlusses folgen.
Schluß
Deren Löbl. Zway Oberen Politischen Stände von Herren- vnd
Ritterschafft des Erzherzogthurnbs Oesterreich ob der Ennß.
vom Ilten Jenner 1718.
Die Löbl. Zway Obere Politische Stände haben aus des
Praesidierenden Herrn Franz Ferdinand Grafens vnd Herrns
zu Sprinzenstain, Ihnen in heuntiger Versamblung gemachter
Vortrag mit besonderer Freud vnd Vergnüegung vernomben,
wie Seine hochfürstl. Durchleucht Herr Eugenius, Franz Prinz
von Savoyen vnd Piemont, Margraf von Saluzzo, Ritter des
goldenen Vlieses, der Rom. Kay. vnd Khönigl. Catholischen
Majestät würckhlich geheimber vnd Conferenz Rath, Hofkhriegs
Raths Praesident vnd General Lieutenant re. (Titul), Nebst
dero Herrn Vetters Prinzen Emanuel von Savoye vnd Piemont
Durchleucht, Rittern des Goldenen Vlieses, Höchstgedacht Seiner
Kay. May. Generalfeld Wachtmaister (zwei coäve Abschriften im
Musealarchiv Linz und im Landesarchiv Oberösterreich; letztere
hat bei „M. ob er nitFeldmarschallieutenant?") die Demselben
von dennen Löbl. Ständen des Erzherzogthurnbs Oesterreich
Vnter der Ennß gehorsambst angetragene daselbstige Land-
manschafft zu Gnedigisten gefahlen anfgenomben, wodurch Sie
Eingangs gemelt hierlandige Stände dan gleichfalls erkhünnet
vnd veranlasset worden, Hochermelt beederseiths Durchleuch-
tigsten Prinzen vnd dero Ehelicher Descendenz, zu einem Khenn-
zeichen ihrer nicht münder högenden Verehrung vnd Erkhandtnuss
Beeder Dnrchlenchtigkheiten Höchen Herkhombens, Sonnderlich
aber des Kay. Herrn General Lieutenants durch so Khlueg alß
Standhaffteste Verthättignng deren Kay. Erblanden erwisen
villfelttigen, von aller Nachweld hoch zu Preisen würdigen
vnuergleichlichen Heldenthaten vnd da durch vmb die gesambte
Christenheit, vorderist aber vmb besagte Kay. Erblande erworben
höchst ansehnlichen Verdiensten die alhiesige Ober Oesterreichische
Landmanschafft vnd deren Begleichung vnter dennen alten Ge-
schlechtern ohne einzigen Vorbehalt oder entgelt ebenmässig
gehorsamst zu deferiern, Solch ihr deren Ständen geschöpfte
intention vnd Schluß aber mehr hochgedacht Jhro Durchlaucht
dem Kay. Herrn General Lieutenant nebst Einen respectuosen
Zueschreiben mit zartester Ausdrückhung der gegen Seine Durch-
leucht höchst verdiente Person vnd durchleuchteten Hauß tragen-
den Ehrerbiethigkheit durch zway in Wienn anwehende vornembe
Landsmitglider geziemennd vnterbringen, mithin beede Hoch-
fürstl. Durchleuchten zu Gnedigister Würdig- vnd Beherrlichung
ihr deren Ständen Consorty gehorsamst einladen zu lassen, der-
gestalt daß dieselbe vnd dero abstambende hoche Nachkhomben
nach dero allmahlig gnedigisten Belieben hievon würckhliche
2^
20
Possession vnd Siz nernben mögen, indessen aber alle vnd
rede besagter Landmanschafft zuekhombende praerogativen vnd
gerechtsamben von nun an realiter zu genüessen fächig vrrd
besüegt seyn, zu Solchen Ende auch mit dero getröstender Ge-
nembhaltung der Landmannschafftsmatricul ordnungsmässig
einverleibt werden Sollen.
Die Abschrift im Landesarchiv bringt uns auch die
Namen jener Herrn und Ritter, welche an der denk-
würdigen Session teilgenommen haben. Es würde uns
Zu weit führen, von jedem einzelnen dieser Herrn die
Personalien anzuführen, über welche zumeist der be-
rühmte Genealoge Johann Georg Adam von Hoheneck
und Baron Weiß-Starkenfels in seinem Adel von Ober-
österreich die wichtigsten Daten bringen. Da war vor
allem der Verordneten-Präsident selbst, unser Graf
Sprinzenstein, dann Johann Ferdinand Graf von
Salburg, Ehrgott Max Graf von Kuefstein, Franz
Graf Khevenhüller, vier Grafen von Thürheim
(Johann Wilhelm, Franz Josef, Otto Heinrich und Franz
Philipp Gottlieb), zwei Grafen von Weißenwolff (Fer-
dinand und Josef Anton), Franz David Graf Engl zu
Wagrain, Johann Leopold Freiherr von und zu Clam,
Johann Anton Graf Nüz, Anton Nikodemus Ferdinand
Graf Gera, Josef Graf Seeau, Johann Franz Freiherr
von Grienth al, Georg Josef Freiherr von Mannstorf
und Dachsberg. Dann vom Ritterstand: Wolf Max
Spiller von Mitterberg, zwei Fieger Zu Hirschberg
(Hans Georg senior und junior), Christoph Benedikt
Hahden von Dorf, Johann Georg Adam von Hoheneck
(der berühmte Genealoge), Matthias Ferdinand Castner
von Siegmundslust, Georg Achaz Tollinger von
Grüenau, zwei von Cronpichl (Ferdinand Karl und
Georg Karl Ehrnreich), Ferdinand Karl von Ehsels-
berg und endlich Martin Ehrmann auf Falkhenau.
Noch an demselben Tage, als dieser „Schluß" erfolgte,
entschloß sich Graf Sprinzenstein, einen eigenen Ver-
trauensmann, und zwar über Vorschlag des Landschafts-
sekretärs (Kanzlei-Direktors) Johann Jakob Müderer
dessen Vetter, den Sekretär des Verorvneten-Ausschuffes
Johann Tobias Sch midtp aur an seinen Oheim (Bruder
seiner Mutter, der Anna Rosalia, geborne Gräfin von
Hohenfeld) Otto Heinrich Graf und Herrn von Hohen-
feld zu Aistershaim und Albmegg, römisch kaiserlichen
Majestät geheimer Rat, Kämmerer und Verordneten, mit
einem eigenhändigen vertraulichen Schreiben abzusenden,
worin er ihn bittet, dem von ihm persönlich mit genauer
21
mündlicher Instruktion versehenen Schmidtpaur an die
Hand zu gehen. Dieses Schreiben beleuchtet die Besorg-
nisse und Bedenken Sprinzensteins und dessen vorsichtiges
Tasten, daher wir es hier per extensmn folgen lassen.
Linz, am 11. Jänner 1718.
Sprinzenstein an Hohenfeld.
Hochgebohrner Graf. Gnädig-Hochgebiethunder
Herr Vetter.
Euer Gnaden belieben auß gegenwerttig —in gehorsamben
Verthrauen vnd möglicher Geheimbe abgehenten Zeillen, an-
fänglich in Kürze zuuernemben: wie daß anheunt in Kessione
beeder zway obern Politischen Löbl. Ständen, auf beschehenen
Vortrag der Schluß dahin ergangen sehe, daß man Sr. Dhrt.
dem Prinzen Eugenio nächster Tagen die hiesige Landtmann-
schafft schrüfftlich gezimbent offeriern, vnd solch schrifftlich
offertum Sr. Dhrt. durch Zway von denen ohnedem in Wienn
befindlichen alhiesigen Vornehmern Landtsmitglidern auß
dem Herrnstandt zu Handen komben machen wollen; Vnd ob
nun schon Sye Stände woll finden, daß, Je vornember die
Persohnen seyn, welche solche Vberraichung thuen werden, so
grösßer die Ehre denen Löbl. Ständen vnd die ansehnlichkheit
des offertj anwachsen thue; So will doch denen besagt: Löbl.
Ständen etwaß delicat vnd hazardirlich zu decidiren vor-
khomben, wie hoch mann die gedanckhen in erbittung derley
Subjecten sparen derffe, ohne etwo anzulauffen; Ist dahero
mir die Comisfion gegeben worden, mich vorleusfig an ein
vnd anderem Ohrt, wohin Sye Stände beyleüffig gehrn ab-
Zillen wollten mit guter arth zu erkhundigen, ob man sich
vnterfangen derffte, weilten aber nicht alle etwo in derley
Conju(n)cturen sich Eyßerente vmstände genngsamb vorgesehen
werden khönnen, vnd mann sich also auch schrifftlich nicht woll
auf alle ineiäentm vorsehen kann, Alß habe Vberraichern dises
vnseren Außschuß-Sekretarium Schmidtpaurn in Sachen souill
mir Müglich Ware, Mündlich instruirt, vnd, damit ich in diser
Materia, so mir etwaß delicat fallet, keinen Pockh schieße vnd
etwo eine Vnehr mit diser Comihsion aufhebe, Ihne ex xraete
an Euer Gnaden angewisen vnd bitte dahero vmb die Gnad
Ihme (alß deme nicht allein in allem, waß Er etwo Eur Gnaden
nach der Sachen Vorständen in meinem Nahmen gehörst rc.
Vorbringen wirdt, Glauben zu geben, sonder auch seiner
Dexterität in derley fühlen schon etwaß zueznthrauen ist
nicht allein mit gnädigem Rath, sondern auch, da es Ja die
Noth erfordern solte, mit der That gnädig an die Hand zu
gehen, im vbrigen aber, souill Müglich ist, die sach in der
Stille zu tractiren, mir aber meine Vermesßenheit nicht vn-
gnädig außzudeuthen, der mich zu gnaden gehörst Empfehle rc
Lincz, den - Ilten Jann. 1718.
(Gleichzeitige Abschrift mit eigenhändiger Unterschrift im
Musealarchiv Linz.)
22
l'. 8.: Wofern Er etwo Euer Gnaden nach beschaffenheit
deren Vrnständten eine vnd andere Frage vmb die Meinung
oder Erkhlärnng zue thuen sich vnterstehen solle, so bitte ge-
hors. Ihme nur aufrichtig zu sagen, hingegen aber weder Ihme
noch mir nichts Ungnädig zu nehmen; Ich will hernach ins
Könfftig die Vrsach meiner dermalligen Beysorg schon gancz
aufrichtig vnd gehors. berichten, nach dem ich (von) dem wei-
thern Progreß seiner Comihsion einige Nachricht haben werden.
Da es vorauszusehen war, daß die Kommission
Schmidtpaurs nicht so rasch erledigt sein dürfte und
anderseits auch infolge wichtiger Landtags-Angelegen-
heiten in Linz die Landschaftskanzlei nicht so rasch alle
dem Schluß vom 11. Jänner entsprechenden Konzepte,
Reinschriften und Kopien (dreifach) anfertigen konnte,
dies alles aber seine befriedigende Lösung und Fertig-
stellung finden mußte, bevor Sprinzenstein den Camp miller
—und dieser den Prinzen Eugen—von der bevorstehenden
Offertüberreichung und durch welche vornehmen Lands-
mitglieder diese geschehen würde, endgültig „avertieren"
konnte, so schrieb Graf Sprinzenstein am 12. Jänner an
Campmiller einen aufklärenden und diese ,,äimona" ent-
schuldigenden Brief: „Sobald aber vnser Landschaffts
Secretarius düer Tagen die anjeczo recht gar vberheuffte
sowol Landtags- alß andere höchstpressante Materien,
vnd darüber vnvmbgänglich vnd vnverschieblich zu ver-
sagende Schrifften nur ein wenig besser in die Enge ge-
bracht haben wirbt, so wirbt auch mit dieser Schrifftlichen
Erkhlärungs-Verfassung sowoll, alß auch mit Endlicher
denominirung deren Herrn Vberraichungs-Commissarien
gewißlich keine stundt mehr gefehert werden, und Zwar vmb
so weniger, alß She zwah löbl. Stände vber die hierauf
erhoffente Gnädigste Genehmhaltung eine grosße freude
bezeugen vnd mir disen Vortrag in öffentlicher Session
alß einen recht gut: vnd lobwürdigen act titulirt haben"
(coäve Abschrift im Musealarchiv Linz).
An demselben Tag, den 12. Jänner, beantwortete
Campmiller des Grafen Brief vom 8. Jänner, er glaube:
„Es dörffte am bessten geschechen, wenn man dise schon
wohlgenomene vestigia (der niederösterreichischen Stände)
— das ist »die Declaration zu forderist und primo looo
an des Herrn Prinzen Eugenii hochfürftl. Drchlt. (zu
richten), zugleich aber auch (vmb Ihre Naigung und
Wohlmainung desto mehrer an tage Zu geben) den Herrn
Prinzen Emanuel alß praesumtivum Eugenischen Succes-
sorem in dero Consortium« (aufzunehmen) — ebenfahls
halten thätte", — „weillen diese gebrauchte Art vom —
23
Herrn Prinzen Eugenio sehr wohl gefaßt worden." Auch
teilte er dem Grafen mit, „daß die hiesigen Herrn Stände
von beeden Herrn Prinzen die gewöhnliche Jura weder
begehrt noch genomben, solche aber denen jenigen (welchen
sie gebüren) aus Ihrer Landschafts-Caßa am: als den
andern Weeg gegeben haben." Als Postskriptum: „Auch
verlauthet, daß die Kön. Vöheimb. Herrn Stände Eine
dergleichen Resolution zu nemmen im Werth begriffen
sehen, dörffte dahero guett sehn, Wan die Ob. Oesterr.
Landtschafft denenselben bevorkhomben thätte."
Daß Sprinzenstein in der Wahl seiner Offertüber-
reichungs-Kommissäre, des Gundaker Thomas Graf und
Herrn von Starhemberg (dessen Wahl besonders Graf
Ferdinand von Weißenwolff empfahl) und des Franz
Sebastian Graf Thürheim, von welchen ersterer dem
ältesten autochtonen Geschlechte ob der Enns angehörte,
letzterer Anno 1717 die höchste militärische Würde eines
Marschalls erreicht hatte, eine recht glückliche Hand hatte,
beweist des Grafen Hohenfeld Antwortschreiben de dato
Wien, 15. Jänner 1718, der an Sprinzenstein schreibt,
„es werde Alles nach contento ablauffen, wie der Herr
Vetter auß deß H. Schmidbauer seiner Relation weit-
läufiger und außführlicher vernehmen wird", daher wir
diese ad üoo sehr eingehende und interessante, am selben
Tage, 15. Jänner, verfaßte Relation dem Wortlaut nach
folgen lassen (zweites Original im Musealarchiv Linz):
Wien, 15. Jänner 1718.
Schmidtpaur an Sprinzenstein.
Jhro Hochgräfl. Gnaden 2c. Hochgebohrner Reichs-
Graf re. Genädiger vnd Hochgebiettunder Herr Herr 2c.
Nachderne ich wegen vnbeschreiblich üblen Wegs vnnd
tieffer nacht zwar nicht Eheunder alß gestert bey Eröffnung
der Statt thöre hieher gelangen mögen, so habe nichts desto
münder bey Jhro hochgräfl. Exs^ Herrn Grafen von Hohen-
feld also bald nach meiner ankonfft ein so glükhliches tempo
getroffen: daß dieselbe nicht allein zu der mir mündlich in
gnaden anuerthrauten Comission gancz willig vnd genaigt
gefunden, sondern auch zu dero an Jhro hochgräfl. Gnaden
der Frauen Gräfin von Hoyos bey genesung zu einem Gräf-
lichen Jungen Prinzen erlebten grossen Freud mit meiner
vnterthän. glükhwünschung gehörst, verehren können habe;
Wornach sich hochgedachte Sr. Exi5 noch gestern zu ihro hoch-
gräfl. EE H- Grafen von Starhemberg vmb die wohl-
nehmung des in dieselbte gestillten Verthrauens zu u erstiegen
zwar gewillt waren, auß Mangel der gelegenhait aber erst
hennth dahin gefahrn vnd von daselbstigen Höchen orth mit
diser deutlichen antworth zuruckh gekhomen seind: wie daß
24
sie zwar glaubten denen Löbl. Ständen vorträglicher zu sein,
man sich selbte nach dem Exempl von N.-Oe. an solche zwey
anwesende Landsmitglider, die droben noch das Landhaus
frequentiern, adressiert hetten, weillen aber gleich Wahlen
deroselben dise Coon zuemainet werde, so tragete dieselbte
ein solche auch würckhlich über sich zu nehmen, gancz kein Be-
denckhen; vnd lassen sich auch den nachmahls benennten H.
Concomissarinm Sr. Exiam den H. Gral Kriegs Comißarium
Grafen von Thierheimb sehr Werth vnd angenehmb sein, nur
besorgeten Sie, man möchte ain vnd andern orths glauben, altz
Wan Sie dise Cöön Selber affeetiert vnd gesuecht hetten, welche
Beysorg aber Ihre Hochgr. Exia H. Gr. v. Hochenfeld mit böster
manier abgelainet vnd benohmen, altz dan aber auch mich mit
vorher erbetener Erlaubnutz zur vnterthgsten Aufwarthung dahin
geschickht, mit welcher occaston ich eben obige Formalien vnter
verspüehrter gewih grosser Wohlnehmung anzuhören die Gnad
gehabt, beynebst auch auf meine angemasste anfrag, ob S. Exi^
diser Cöon sich lieber mit der an Jhro Durchleucht überraichen-
den schrifftlichen Landmannschaffts Versicherung oder nur mit
deren mündlicher assecuration zu unterziehen beliebeten, zur
Clären Antworth erhalten: dah Sie weder an jener noch an
diser leisten arth ainiges Bedenckhen trageten, vnd also auch
ohne difficnltet die schrifftlich Expedition Jhro Drchlt. gahr
gehrn behändigen wolten.
Wah aber des H. Gral Kriegs Comissary Exiam anbetrifft,
da haben ihre Exia H. Gr. v. Hochenfeld wegen heunthigen
Posttags noch keine gelegenheit gefunden, dieselbte zu diser
Coon zu invitiern, Sie werden aber morgen vngehindert meiner
gancz glimpflich movierten difficnltet, ob Sr. Exi5 respectu
des H. Concomissary die Persöhnnliche Bemüehung nicht be-
denckhlich nehmeten? dah gleichmässige Worth anbringen, also
zwahr: dah inmittelst alle hiezue nothwendige Expedition auf
beede hochgedachte Epen eingerichtet vnd überschickht werden
kan; Wan iedoch in vnüerhoffenden fahl, da es Wider meniglich
Vermuethen H. General Comissarius anzunehmen recusierete,
zugleich auf einen substituendum mit einem eventual Ersnech-
schreiben ohne vnterth. es massgeben reflectiert würde, so könnte
andurch aber sorg vnd Zeiths verliehrung vnter ainsten vor-
gebauet sein. Ich wäre zwahr selbst mit diser gehörst: relation
nacher Hanfs gangen, weill aber im vorgemeltem fahl gahr
leicht noch ein anstand vorkhomen könnte, vnd ich auch gehrn
von dem auhganng dises actus referieren —vnderdessen aber
auch gnedigen befelch erwarthen möchte, ob diese Solemnitet
vnd mit wah für einer expression in der offentl. Zeithung,
wie N. Oe., inseriern lassen derffte oder nicht? So will ich
bih dahin in Hoffnung gnediger approbation zuewarthen,
imittelst aber mich Euer Hochgräfl. Gnaden zu beharlichen
Höchen Hulden vnd Gnaden lsiemit vnterth. gst. Empfolchen
haben, altz
Euer Hochgräfl. Gnaden
Vnderthenigst gehorsamster Joh. Tob. Schmidtpaur vm. mp.
25
?. 8. ich habe bey so beschaffenen Vmbständen Jhro EM
H. Grafen v. Hochenfeld von der ans selbte gerechten Sub-
stitution weither gahr nichts gemelt, sondern dieselbte allein
in gedanckhen von der Ersten bestöhlnng beruhen gelassen
vnd vast nicht thunlich befunden, ohne expressen Befelch etwas
davon zu sagen.
Wienn, den 15. Jener 718.
Dieser ausführlichen Relation ließ Schrnidtpaur am
19. Jänner einen zweiten Bericht folgen, „daß obzwar
Se. EM H. Grl. Comissarius Gr. v. Thierheimb am jüngst
verschinenen Sontag noch nicht accessibel waren, Se. EM
H. Graf v. Hohenfeld iedoch von der Bemühung nicht aus-
gesetzet, biß dffelbe am Montag darauf bey Hochgedachter
EM das in Selbte gestöhlte Verthrauen auch Eröffnet vnd
dagegen die würckhliche Zuesag vnter Vetheurung grosser
obligation vor dise Verthrauens Ehr erhalten haben."
Während nun in Wien die Dinge soweit gediehen
waren, hatte der Kanzleidirektor Johann Jakob Müderer
in Linz am 17. Jänner sämtliche Schriftstücke in dieser
Angelegenheit fertig gestellt und berichtete hierüber dem
Grafen Sprinzenstein. Müderer hatte aber auch mittler-
weile aus dem Wiener Diario ersehen, daß Schrnidtpaur
(aus Versehen) in demselben ais Landschafts-Sekretär
eingetragen war, welches Amt nur er, Müderer, bekleidete
und witterte auch dahinter ein absichliches Hervortreten
Schmidtpaurs. Dies zu redressieren schreibt Müderer
in obigem Bericht an Sprinzenstein: „Was dem Diario
zu inserirn, liget hiebei, So Euer Hochgrfl. Gnaden dem
Herrn Schmidpaur einzuschlüssen geruhen werden, wobei
ihm zu advertirn gehors. bitte, das er (sich) nirgend weder
bei Jhro Durchleucht, noch bei Herrn v. Campmiller
sehen lasse, vnd von nichts praeveliere, mithin, denjenigen
das meritum nicht entziehe, welche in diser Sache be-
mühet gewesen, wo er hingegen nichts als eine ihme gar
gelegen ausgefahlne Reiß gethann. Wie er dan bei dem
Thor, Seiner Geheimhaltungs Instruction zuwider, sich
vor den Landschaftssecretarium (So schon eine besondere
Absicht aus sich zu folgen scheint) nicht hette außgeben
sollen. Dahero er alsogleich, Sobald durch beede Mini-
stros die Commissionsschreiben Jhro Durchleucht abgelegt,
ohne sich weitherer Orthen, als allein bei Jhro Excellencia
v. Hochenfeld anzumelden, von Wien Wider abraffe, vor-
hero aber das die Vehlag, ohne Aenderung (Es sehe dan
das Jhro EM H. Gf. v. Starhemberg, oder Jhro EM
von Hochenfeld Etwas beizusetzen oder auszulassen fünden
möchten) dem Diario inseriert werde, veranstalten solle."
26
Wie kleinlich waren doch diese Herrn damals und wie
erpicht auf ihre Titulaturen und die ihnen zukommenden
Ehren! Wir werden sehen, inwieweit auch unser Graf
Sprinzenstein dieser menschlichen Schwäche zugäng-
lich war.
Noch am 18. Jänner (er hatte des Schmidtpaurs
Bericht wegen Graf Thürheim noch nicht in Händen)
schreibt Sprinzenstein an Campmiller, er hoffe, daß
Jhro Durchlaucht Prinz Eugen die kleine Dimora wegen
der schriftlichen Offerierung der Landmannschaft nicht
ungnädig aufnehmen werde, „welche Dimora (die recht
gründliche Wahrheit im Vertrauen zu bekhennen) daher
rühret, weillen mann nehmlich vast in halben Zweifel
gestandten ist, ob auch des H. Grafen Gundackher von
Starhemberg Exzellenz, alß Kayß. wirklicher Geheimber
Conferenz Rath sich respectu der Stände in einige Com-
mission einlassen: oder ob nicht vielmehr Hierinfahls Ihr
der Stände Unterfangen für etwaß Zu kheckh angesehen
werden würdte." „Da nunmehr die verläßliche Nachricht
an mich gelangt ist, daß Ersterer (Graf Starhemberg)
dessen gancz khein Bedenckhen trage, mithin auch an den
Letzteren (Graf Thür he im) umso weniger einZweiflzu
tragen sehe" als habe er nicht ermangelt, stMumn
beide Exzellenzen umb Uebernehmung dieses Akts Zu er-
suchen u. ihnen der Zwei obern politischen Stände Schreiben
an Prinz Eugenh Durchleucht zu übermachen." Zum
Schluffe bittet er solche (dem Campmiller auf dessen
Verlangen) geschehene Erinnerung über die in öao amteria
erbetenen vornehmen Landsmitglieder, „also behutsamb
zu tractieren, daß die beede Hohe Herrn Praesentanten
hiervon kheine Erfahrung bekhomben, mithin auch dessent-
wegen vmb so weniger einigen vnwillen auf mich fassen
mögen; vnd weillen Letztlicher auch eines so grossen Herrn
als Sl^ Hochfürstl. Durchleucht hohe Gnadt vnd Pro-
tection gar sonderbahr hoch zu schäczen ist, Mein Hoch-
geehrter Herr aber bey SLr Durchleucht woll intrant ist,
alß bitte mir die Freundtschafft auß. derselbe wolle etwo
(woferne es in dieser Conjunetur etwo die Gelegenheit
geboten) vnschwär bey S^ Hochfürstl. Durchleucht meine
wenige Persohn in ein gutes Concept zu stöllen" (coäve
Abschrift im Musealarchiv Linz).
Endlich am 19. Jänner sendet Sprinzenstein die
oben gemeldeten Schriftstücke nebst einem geschlossenen
Schreiben anSchmidtpaur, dem Grafen von Hohen-
feld mit der Bitte, „diese Expedition" „an beede behörige
Ohrt" (Starhemberg und Thürheim) „durch den
27
Ausschuß secretarium oder Registratorem Schrnidtpaur
vberraichen zu lassen" und fährt dann fort: „Es ist auch
sonsten gut, daß der Schrnidtpaur diese Expedition nicht
immediate von hier auß zu seinen Handten empfange,
sondern dießfahls erst von Euer Gnaden gnädigen Ve-
felch dependiere; Denn ich khenne meinen Mann, vnd
bin Halbs vergwisset, daß, Wan die Sachen immediate
durch Ihne lauffeten, Er sich gewißlich wie ein Formal-
Ambassadeur aufführen vnd mit Vergehung deren
Jenigen, welche die Maiste Sorg vnd Bemüehung in
diser Sache getragen haben, sich alle Ehr allein zu geben
trachten würde. Zu dessen etwelch vorleuffiger Gezeug-
nus zu berichten nicht unterlassen khann: daß vngeachtet
Ich Ihme bey seiner Abraiß von hier expresse vnd zwar
mehr alß emmall recht nachtruckhlich vnd mit Anfiegung
einiger erheblichen Vrsachen mitgegeben und anbefolchen
habe, sich biß zu völliger Enndtschafft des ganczen
Werckhs in Wienn (außer an Jenem Orth, wohin er
addreßiert worden) souill immer müglich, incognito zu
halten, Er nichts desto weniger gleich beim Eintritt in
Wienn (wie es daß Diarium gegeben hat) pompos auf-
zuführen vnd beim Thor den Nahmen eines Herrn von
Mansd orf vnd Landlschafftssecretary (welcher doch nicht
Er, sondern der Herr Müderer ist) spendirt hat; Belieben
also Euer Gnaden, Ihme auch alle gelegenheit zur
weitheran Hervor Spreizung mir zu Gnadt, zu benehmen,
vnd Ihne, gleich nach beschehener Vbergab des schrift-
lichen Instruments an Jhro Drchlt. Prinzen Eugenium,
widerumb anhero Zu expedieren." Dann kommt er auf
seine schon an Campmiller ausgesprochene Besorgnis
wegen Graf Gundaker von Starhemberg und schreibt:
„vnd hat also H. Graf Ferdinand von Weissenwolff noch
recht gehabt, welcher vnß der diesfahlsigen Wollnembung
vorhinein vast versichert hatte; wäre es aber widrig ab-
geloffen, so hätte auch dieser hingegen die Schuldt tragen
müssen." Charakteristisch ist das Postskriptum: „Ich
glaube Zwar nicht, daß beede HH. Geheimben Räthe
Exz. Exz. vbl nehmen solten, daß die an Sye ergehente
Ersuchschreiben unter meinem Nahmen, anstatt Ihr deren
Stände ablauffen, sonsten wäre Ihnen dessen Vrsach woll
zu entdeckhen, daß es wegen der Titulatur geschehn, welche
(vmb Sye desto mehr zu ehren) etwas submisser als von
den HH. Ständen selbst eingerichtet werden kann" (coäve
Abschrift im Musealarchiv Linz).
Bemerkenswert bleibt es, daß der Einschluß Graf
Sprinzensteins an Schrnidtpaur viel weniger scharf
gehalten ist, als man nach seinen an Graf Hohenfeld
gerichteten Worten annehmen sollte. Wir lassen es hier
per exteasum folgen.
, Linz, 19. Jänner 1718.
Springen st ein an Schrnidtpaur.
WohlEdl Gestrenger, Geehrter Herr.
Auß dessen Zeillen habe mit Vergnüegung vernomben,
wie das Jhro Excellenz H. Gras Gundakher von Starhem-
berg die Bemüehungen wegen Vberraichnng des bewust Prinz
Eugenischen Schreibens khein Bedenkhen trage, vnd weillen
solchemnach an des H. General Kriegs-Comissary mit ein-
stimbung der geringste Zweifl nicht mehr zu tragen ist, altz bin
(ich) nicht mehr angestandten an die obbesagten HH. Ministros
vnd zwar an Jeden ejn von mir nomine beeder löblichen
Stände abgehendes Ersuchsschreiben an Jhro Excell. H. Grafen
von Hochenfeldt (weillen schon einmall die gancze uäckresse
imeäiate anfänglich gestellet Ware), durch aigene Staffettam
nebst beyschliesßung dises briefs an den Herrn abzuschicken,
welcher so dan schon dem Herrn das weithere mit geben
wirdt. Eines Substituti wird es woll nicht mehr nöthig
haben, vnd zwar auß obbesagter Vrsach, zu deme wisste mir
auch kheinen rechten einfallen zu lassen, welcher in des Herrn
Grafens von Starhemberg Compagnie proportioniert wäre,
mm ralione Kiatus gaum aimorom kll^sieorum alß auch
(.liAnimris zugleich, des H. Grafens von Hochenfeld Excell.
aber gethrauete ich mir es, nach des Grafen von Thürheimb
r6ous6 auch nicht mehr anzutragen.
Im ybrigen verhosfe, daß der Herr, meinem ihme ent-
deckten Verlangen gemäß, sowoll bey Sr. Dhrtl. dem Prinzen,
alß auch etwo bey dem H. von Kampmüller sich nicht etwo
des Jenigen zu praevaliren, mithin demjenigen, so in diser
fach am maisten bemühet gewest, das meritum nicht zu ent-
ziehen gedenckhen werde; Der Herr khennet mich, daß ich
cordial bin, vnd wird mir also nicht vbl nemben, Wan ich
die Vrsach dises meines Gedanckhens eben die erste angebung
beym Thor, so wider meine Verabredung aus dem Diario
zu ersehen Ware, zu sein bekhenne.
Was dem Wiennerischen Diario wegen dises actus zu in-
serieren seyn, solches volget hierbei) geschlossener, vnd zwar
würdet es ohne änderung also in truckh zu geben sein, ausßer
es wäre fach: daß Jhro Excell. Herr Gras von Starhemberg
oder Herr Gras von Hochenfeld (alß welchen beeden zuuor
daüon Parte zu geben ist), etwaß beyzusetzen oder außzu
lassen, finden möchten.
Lesstlich kann nicht vmbgehen, daß Herr Graf Franz
Joseph von Starhemberg sich gegen mich in etwas discustirt
bezeuget, vmü das ich den Herrn ohne sein Grafens Vorwissen
hinunter geschicktst habe, H. Baron von Grüenthall hat auch
schon 2. mall vmb den Herrn gefragt, ich glaube Sye haben
sonst niche dem Herrn so gar sehr nachgefragt, als Just Jeczo
29
in einer Verdrüsßlichkheit zwischen Ihnen vnd mir; befleisße
sich der Herr also bestens gleich nach geendigter Sach eheist
alhier zu seyn. vnd Ich verbleibe indessen stätts
Des Herrn beraithwilliger
Linz, den 19. Jenner 1718.
Von Sprinzensteins Hand:
„An H. Außschuß Secretarium Schmidpaurn der-
malsten in Wien."
(Gleichzeitige Abschrift im Musealarchiv Linz.)
Es fällt auf, daß Sprinzenstein bei diesen Rekrimi-
nationen weder daran dachte, daß ja Schmidtpaur, wie
aus seinem Schreiben an den Grafen de dato Wien,
19. Jänner 1712 hervorgeht, auch Aufträge in „andern
inmittelst vrgierten Landschafftsangelegenheiten auch in
Specie wegen der Hofverrechnungs- und Jurisdictions-
sache" zu erledigen hatte, noch daß, wenn Campmiller
(was gewiß eintreffen mußte) von der geheimen Mission
Schmidtpaurs erfuhr, derselbe erst recht eigentümlich
berührt sein mußte, wenn Schmidtpaur nicht auch an
ihn adressiert wird.
Daß Schmidtpaur sich nicht im geringsten schuldig
fühlte, geht aus seinem Bericht an Grafen Sprinzenstein
vom 22. Jänner deutlich hervor, welchen wir im Wort-
laut folgen lassen und worin er sich unentwegt Schmidt-
paur v.(on) M.(anstorf) unterschreibt und mit seinem
adeligen Siegel petschiert.
Wien, 22. Jänner 1718.
Schmidtpaur an Sprinzenstein.
Dero Hochgradiges Befelchschreiben von 19len currentis
sambt dem in das Zeitungs Diarium zu geben befolchenen
anschluß habe von S^I Hochgräfl. Exia dem HH. Grasen von
Hochenfeld in gehorsamsten respect rechts Empfangen vnd
dan nach dises Höchen orths gnediger ordre die eingeschickhte
Ersuechsschreiben nebst der Hauptexpedition an seine hoche
Behörde vnderth. überliefert, von darauß aber zu Veran-
lassung der Stund von der Solennen Expeditionsüberraichung
den Befelch bekhomen vnd die fach dahin gebracht: daß morgen
vmb 10 Vhr Früehe diser Feyerliche actus Vorbeygehen solle;
Waß nun hierbei) mein Hercz vnendlich bekhümert, ist alleinig:
daß ich auf vnuermuethetes aigenwilliges Verlangen vnd
Befelch Sr. Hochgräfl. Exiae von Starhemberg vngehindert
meiner mehrspaltigen entschuldigung Wider Euer Hochgr. Gnaden
gnedige intention mich morgen bey disem Solennen actu
persöhnnlich einfinden solle; Warumb? Kan ich selbst nicht
aigentlich errathen, alß das sich an durch von der relation
des Verlaufs entzogen werden wohle; Ich habe hierüber auch
30
vnuerzügleich Sr. Hochgräfl. Eximn HH. Grafen von Hochen-
feld vmb rath der entschüttung vnderth. gebetten, allein auch
dises Höchen orths hat die Weithere deprecation nicht rathsamb
angesehen vnd Wahlen, weillen man mich motu proxrio vnnd
nach meiner betheurten angst von Herzen lachend widerholt
darzue verlangt hat. Daß aber mein Nahm ins diarium
khomen, ist Wider meinen Gedankhen geschehen, vnd darf auch
vnterm thor den nahmen, Herkhonsft, logiment und alles
warumb man einen außfragt, niemand ohne vngelegenheit
in abdred stöhlen oder verlaugnen. Ansonst werde ich doch
morgen zu hören haben, ob ich einer antworth von einem
oder dem andern orth erwarthen mnesse oder nicht? Vnd
alßdan versaumbe ich keine stund nach er Hautz zu trachten
vnd widerumb zu allerseiths gnedigen Befelch zu sein. Wider
die Ersnchsschreiben so wenig altz wegen des ooutextus all
Diarium habe das geringste vernahmen oder verspüehret,
sondern alles gebilligter befunden, wie sichs mit konfftiger
Mitwochspost zaigen wierdet, Jmittelst aber thue mich Euer
Hochgräfl. Gnaden re.
Wien, den 22. Jener 718.
Joh. Tob. Schmidtpaur
(Original im Musealarchiv Linz.)
Auch Graf Hohenfeld, der an demselben Tag dem
Grafen Sprinzenstein schreibt, geht mit vornehmer
Ruhe und gänzlichem Stillschweigen über die Anschuldi-
gungen Sprinzensteins gegen Schmidtpaur hinweg. Er
meldet einfach „wie mir Herr Schmidtpaur gesagt, so
hetten sich beede Herrn Deputierte schon miteinander
unterredet, daß sie morgen früh um 9 Uhr Ihre Com-
mission bei den Prinzen ablegen wollen, und zweifelt
mir nicht, es werde von obgedachten Prinzen ein Dank-
schreiben an die löbl. 2 politischen Stände abgehen,
welches wol Herr Schmidtpaur erwarten wird wollen,
vnd so dan mit demselben allererst seine Hinaußraiß
nehmen wird" (Original im Musealarchiv Linz).
An demselben Tage antwortet auch Campmiller
dem Grafen Sprinzenstein, dankt für „die zu geben
beliebte Nachricht", er habe „des H. Prinzen Eugeny
Drchlt. hievon die gehorsamste Apartur gethan, und seind
She in Sachen nicht allein informiert, sondern auch solche
zu vernehmen ganz vergnügt gewesen." Er zweifle auch
nicht „es werde die hochlöbl. Landschaft die Früchte dieser
geschöpften sehr ersprießlichen Resolution heunt oder
morgen in villfältigen Passibus gar Wohl zu gemessen
haben."
Keine Erwähnung Schmidtpaurs und auch nicht des
Tages der Offertüberreichung.
31
Bevor wir zum Schlußakt, der Offertüberreichung an
Prinz Eugen und seinen Vetter übergehen, sei es uns
gestattet, hier einiges über die Schmidtpaur von
Mansdorf und über die Freiherrn von Mansdorf
zu bringen, von welch letzteren Georg Josef der früher
besprochenen Session vom 11. Jänner auf der Herrnbank
beiwohnte.)
Johann Tobias Schmidtpaur von Mannstorf ent-
stammt einer adeligen Familie Oberösterreichs, über welche
sowohl der berühmte Genealoge Johann Georg Adam Freiherr
von Hoheneck in seinem Werke „Die Stände des Landes ob
der Enns", als auch Baron Weiß-Starkenfels in seinem „Adel
von Oberösterreich" (im neuen Siebmacher) nur spärliche
Nachrichten bringen, und zwar nur bezüglich Aszendenz und
Nachkommenschaft des mit unserm Schmidtpaur gleichzeitig
lebenden Georg Josef Freiherrn von Mannstorf. Da dieser
ursprünglich auch Schmidtpaur von Mannstorf hieß, unser
Johann Tobias ein fast ganz gleiches Wappen führte, wie
der Freiherr, so war die Vermutung einer nahen Verwandt-
schaft beider sehr nahe liegend.
Genau gepflogene Nachforschungen ergaben folgendes
Resultat: Zu Neu markt, Pfarre Kalham, ist vom Jahre
1638 an ein Georg Schmidtpaur, als Marktschreiber
und Schulmeister (Imäimoäeratoi', areviKi-ammntieus), mit
feiner Frau Barbara beurkundet. Er starb daselbst Anno
1657 und wurde am 9. Februar begraben. Seine Witwe schloß
sich ihrem ältesten Sohne an. Neun Kinder entsprossen dieser
Ehe. Ein Sohn namens „Tobias" starb noch als Kind in
Neumarkt. Von den übrigen Söhnen, welche sämtlich in
herrschaftliche Pflegerdienste traten, interessieren uns vor allen
der älteste, Georg Wilhelm, getauft zu Neumarkt-Kalham
17. August 1638, und Bartholomäus, getauft daselbst am
13. August 1647. Ersterer ist feit 24. Jänner 1662 bis 19. Mai
1670 als Pfleger (Präfekt) zu Stehregg und von 1671 bis
1676,25. April, als gräflich Weißenwolfscher Regent zu Steyregg
beurkundet. Er vermählte sich am 25. Mai 1662 zu Linz mit
Susanna (Hoheneck hat irrig Sybilla), Tochter des Wolf Sydler
zu Rosenegg, Salzfertigers, Ratsbürgers und Marktrichters
zu Ischl, und dessen Frau Maria Magdalena, geborne Khagerer.
Als Georg Wilhelm die Pflegschaft in Steyregg mit der
Regentschaft vertauschte, folgte ihm in ersterer sein jüngster
Bruder Bernhard Schmidtpaner, getauft Zu Neumarkt-Kal-
ham 20. August 1651, der in den Jahren 1663 bis 1668 das
Gymnasium in Linz besuchte und bereits frühzeitig die edle
Jungfrau Maria Christina von Summatting zu Linz am
25. November 1677 als feine Gattin heimführte. 1678 bis 1680
fungierte er als gräflich Weißenwolfscher Pfleger zu Steyregg.
Ebendaselbst vermählte sich auch eine Schwester der genannten
Schmidtpaurs, Katharina, getauft zu Neumarkt-Kalham
3. April 1642, am 10. Juni 1664 mit dem herrschaftlichen Kästner
Siegmund Piringer. Doch zurück zu unserem Georg Wilhelm.
32
Er trat aus gräflich Weißenwolfschem Dienst in den Dienst
der Stände des Landes ob der Enns, wurde 1691, 30. August,
Einnehmeramts-Gegenhandler und Buchhalter derselben in
Linz, wo er als solcher plötzlich (imxrovisuch im Jahre 1702
starb und am 6. August in der Pfarrkirche begraben wurde.
Seine Witwe erreichte das respektable Alter von 88 Jahren,
starb zu Linz im Jahre 1729, begraben am 5. Dezember an
der Seite ihres Gatten. Sie hatte ihrem Gemahl fünfzehn
Kinder geboren, neun zu Steyregg, die übrigen bereits zu Linz.
Auf einen Sohn, Georg Josef Schmidtpaur von Mannstorf,
den späteren Freiherrn von Mannstorf, geboren zu Steyregg
25. April 1676, werden wir noch speziell zurückkommen.
Ein weiterer Sohn des obgenannten Marktschreibers und
Schulmeisters Georg Schmidtpaur war Bartholomäus.
Geboren zu Neumarkt-Kalham, getauft 13. August 1647, er-
hielt er am 1. Mai 1672 von Hans Ferdinand Reichsgraf von
Salburg seine Bestallung und Instruktion als Pfleger der
Herrschaft Prandegg und Zellhof (Archiv Greinburg) und
heiratete noch in demselben Jahre am 19. Juli zu Steyregg
die Katharina, Tochter des verstorbenen Siegmund Zinu-
gietzer, Bürgers und Gastwirts in Steyregg, und der Elisabeth
seiner Witwe, welche eben erst vor fünf Tagen den Tod ihres
zweiundzwanzigjährigen Sohnes „Tobias" zu betrauern hatte.
Mit Ende des Jahres 1675 verließ Bartholomäus den Pfleg-
dienst in Zellhof und siedelte sich in der Stadt Enns an, wo
er bis 1684 als Bürger und Wirt beurkundet erscheint und
wo ihm am 4. September 1682 unser Johann Tobias geboren
wurde, der den Namen Tobias, offenbar nach seinen mütter-
lichen und väterlichen Oheimen dieses Namens, in der Taufe
erhielt.
Man sieht, unser Johann Tobias Schmidtpaur von Mann-
storf war somit ein direkter Vetter des Freiherrn Georg Josef
von Mannstorf.
Nach gefälliger Mitteilung des Adelsarchivs im k. k.
Ministerium des Innern in Wien erhielten die Brüder Georg
Wilhelm, Augustin (getauft zu Neumarkt-Kalham am 30. Juli
1645), Bartholomäus, Franz und Bernhard Schmidtpaur vom
Kaiser Leopold I. mit Diplom vom 15. Jänner 1674 in An-
erkennung der Dienste, welche sie den kaiserlichen Ministern,
nämlich David Ungnad Grafen von Weißenwols, Heinrich
Wilhelm von Starhemberg und den Kämmerern Siegmund
Helfried von Dietrichstein, Maximilian von Trautmannstorf
und Franz Ferdinand von Salburg erwiesen, sowie in An-
erkennung der Verdienste ihres Vaters Georg Schmidtpaur,
Marktschreibers zu Neumarkt, den rittermäßigen Adelstand
mit dem Prädikat von Mannstorf und mit nachstehendem
Wappen: Schild, geviert, erstes und viertes: in schwarz ein
goldener, einwärts gekehrter Löwe, im ersten einen Hammer,
im vierten einen Pslugsteg, mit der Spitze über sich und der
Schneide einwärts gekehrt, in beiden Vorderpranken, zweites
und drittes: in Rot eine durch und durch reichende linksschräge
Wasserstraße, in jedem Quartier mit je einer Weißen Lilie
33
beiderseits begleitet. Herzschild in Rot und Weiß dreimal ge-
teilt. Freier, offener, adeliger Turnierhelm mit königlicher
Krone und Kleinod am Hals geziert, mit schwarz-gelben und
rot-weißen Helmdecken. Auf dem Helm zwischen zwei schwarz-
gelb und rot-weiß geteilten Büffelhörnern der Oberleib eines
geharnischten Mannes mit aufhabendem Kaskett mit einem
Pflugsteg (wie im Schild) in der linken Hand vor sich uber-
zwerch und einen Eisenhammer beim hölzernen Stil über sich
in der rechten Hand haltend. In jedem Mundloch der Büffel-
hörner fünf blaue Vergißmeinnicht an grünem Stengel.
Im Diplom ist nicht gesagt, daß dieses Wappen ein von
früher anererbtes sei; dennoch ist es wahrscheinlich, daß den
Brüdern oder schon ihrem Vater bereits früher dasselbe Wappen,
mit Ausnahme des Herzschildes, verliehen worden ist, und zwar
sehr wahrscheinlich von David Ungnad Graf von Weißenwolff,
der seit 3. November 1646 das große Palatinat, somit auch
das Wappen-Verleihungsrecht besaß und dem damals die
Herrschaft Erlach nebst Neumarkt-Kalham gehörte, denn beide
Brüder Georg Wilhelm und Bartholomäus siegeln noch vor
1674 mit ganz demselben Wappen ohne den Herzschild in den
dienstlichen Stücken, ersterer 23. April 1669 und 14. März 1671,
letzterer 30. Juli 1673 (Original im Linzer Musealarchiv,
Schloßarchiv Greinburg), jedoch nur mit Stechhelm und Pansch.
Wieso die Brüder zu dem Prädikat von Mannstorf kamen,
bleibt unaufgeklärt. Es ist zu vermuten, daß der Herzschild
O das aufgenommene Wappen „Mannstorf" ist, aber von welcher
Familie Mannstorf? Das Wappen und die Güter der mit
Hans Manstorfer zu Oberaich 1535 ausgestorbenen Kärntener
Familie von Mannstorf erbten die Brüder Christoph und
Bernhard Khevenhiller von Aichelburg, welche des obgenannten
Hansen Töchter Elisabeth und Wandula zu Gemahlinnen hatten.
Dieses Wappen Mannstorf war übrigens ganz anders als der
Herzschild der Schmidtpaur. Daß es noch andere Mannstorf ge-
geben haben muß, beweist ein Eintrag in den Bescheidbüchern des
Landesarchivs von Oberösterreich: „1631 5. September. Carl
von Mannstorf und Hilliprandt von Wetterfeldt bitten um
eine Ritterzöhrung." Bescheid an das Einnehmeramt: „Diesen
beiden Supplicanten einen Gulden zu geben bewilligt." Es
waren offenbar verkrachte Adelige aus dem Reich; solche
Existenzen zeitigte der Dreißigjährige Krieg in Hülle und Fülle.
Die Bescheidbücher der oberösterreichischen Stände und das
oberösterreichische Einnehmeramt wissen davon ein Lied zu
singen. Vielleicht ist hier der Hebel anzusetzen, um den Herz-
schild und das Prädikat der Schmidtpaur zu erklären.
Von unseren zwei Vettern Georg Josef und Johann
Tobias Schmidtpaur von Mannftorf war ersterer vom
Glück ganz besonders begünstigt.
GeorgIosef frequentierte in den Jahren 1684 bis 1689 alle
sechs Klassen des Linzer Gymnasiums (Gymnasial-Protokolle
im Linzer Musealarchiv), wie uns Hoheneck meldet: 8ummo
eum lau äs, wurde dann Registrator der Landschaft ob der
Enns und erhielt deren geheimes Archiv anvertraut. In An-
3
34
sehung seines sonderbar hervorleuchtenden Verstandes, seiner
guten Kondnite, Dexterität, Experienz und großen Wissenschaft
wurde er zur Syndikatur- und Sekretariatsstelle promoviert,
welche Stelle er bis 1708 bekleidete. In diesem Jahre erhielt
er die Einnehmerstelle, sodann den Kanzleidirektors-Titel.
Er vermählte sich zu Linz am 26. Jänner 1700 mit Maria
Katharina Margareta, Tochterdes bekannten oberösterreichischen
Rechtsgelehrten I. II. Doktors, Sekretärs des oberösterreichischen
Prälatenstandes, Hofrichters und Lehenpropsts des Stiftes
Kremsmünster, Benedikt Finsterwalder.
Im Jahre 1702 erwirkte Georg Joses für sich und seine
zwei Brüder Josef Rudolf (getauft zu Steyregg 18. April
1672), und Josef Anton (getauft zu Linz 12. Juli 1677), mit
kaiserlichem Diplom de dato Wien 15. Juli die Bewilligung
zur Vereinigung des Sydlerschen (ihrer Mutter) Wappens
mit dem Schmidtpanrschen, sowie zur Annahme des alleinigen
Namens „Edle von Mannstorf" mit Auslassung des alten
Namens Schmidtpaur. Auch erhielten sie die Erlaubnis, sich
von ihren jetzig habenden und künftig überkommenden Gütern
nennen und schreiben zu dürfen. In diesem Diplom heißt es:
daß ihr bereits vor mehr denn einem halben Säkulo erblich
und Wohl hergebrachter rittermäßiger, adeliger Stand, Prädikat
und Wappen neben anderen erblich auf sie gediehenen Prä-
rogativen, Privilegien, Gnaden und Freiheiten konfirmiert
wurde. Die Vereinigung der beiden Wappen geschah in der
Weise, daß vor allem der Herzschild (Mannstorf s?j) des Diploms
de dmo 1674 ausgelassen und statt dessen folgender Herzschild
verliehen wurde: in Gold ein gekrönter doppelter kaiserlicher
Reichsadler mit offenem Schnabel, ausgeschlagener Zunge,
ausgebreiteten Flügeln und ausspreizenden Waffen (aus dem
ersten und vierten Quartier des Sydlerschen Wappens, welche
aber den Adler nur halb — aus dem linken, respektive rechten
Quartiersrand — führten). Ans den bewilligten zweiten Helm
wanderten der Herzschild der Sydler, sowie Quartier zwei und
drei der Schmidtpaur, aus zwei mit den Sachsen vorwärts,
also abgeteilten Adlersflügeln, und zwar ans dem vorderen die
Figur vom Quartier zwei und drei, in Rot eine linksschräge
geflammte fließende Wasserstraße, beseitet mit je einer Weißen
Lilie, auf dem Hinteren Flügel der Sydlersche Herzschild: an
den Sachsen gold, sonst schwarz, durch einen weihen Spickl
(eingezogene Spitze) geteilt, in welchem aus grünem Dreiberg
an grünem Stengel mit zwei grünen Blättern eine rote Rose
mit weißem inneren Tüpfel erscheint (Abschrift im oberöster-
reichischen Landesarchiv).
In demselben Jahre 1702 de dato Wien 13. Juli erhielt
Georg Josef von Kaiser Leopold I. den kaiserlichen Ratstitel
und mit Diplom de dato Wien 8. Juli 1706 von Kaiser Josef
die Konfirmation hierüber (Abschrift im oberösterreichischen
Landesarchiv). In letzterem Diplom wird der ihm zu seinem
von fast unfürdenklichen Jahren beiderseits (von Vater und
Mutter) wohlhergebrachten konfirmierten, reichsrittermäßigen
Adelsstand verliehenen Spezialgnaden und Privilegien — alio
35
>060 „seines dotierten Reichsrittermäßigen und adeligen Her-
komens" erwähnt.
Am 22. April 1709 (Hoheneck hat 22. September) wurde
er zu einem Landmann ob der Enns aufgenommen und er-
hielt noch in diesem Jahre von Kaiser Josef I. mit Diplom
vom 23. Dezember das Prädikat für sich und Nachkommen
edler Herr, Herrin, Fräulein von Mannstors (Hoheneck hat irrig
23. Juli). Am 23. Dezember 1712 erkaufte er von Benedikt
Theodosius Freiherrn von Schifer die Landgüter Taxberg
und Gallham und erhielt im darauffolgenden Jahre 1713
mit Diplom vom 18. März des heiligen römischen Reiches
Frei her ruft and mit dem Prädikat „Wohlgeboren" für seine
eheliche Deszendenz beiderlei Geschlechts verliehen, „zu ihrer
freien Wahl, ob sie sich dieser Unser Begnadigung jetzo alsobald
oder wann es ihnen über kurz oder lang gefällig gebrauchen
mögen".
Wahrscheinlich stieß dessen sofortige Aufnahme in den ob-
derennsischen Herrenstand auf Widerstand, so daß ihm Wohl
nach Besiegung desselben und nachdem er am 15. Juni (Hohen-
eck hat 15. Mai) 1716, mit Diplom zu Laxenburg ausgefertigt,
das Jnkolat des Königreiches Böhmen und dessen inkorporierter
Länder von Kaiser Karl IV. verliehen erhalten hatte, cke ckato
Wien 1. August 1716 ein weiteres Freiherrn-Diplom aus-
gefertigt wurde mit dem reichs- und erbländischen Freiherrn-
stande. — Im Diplom vom 18. März 1713 wurde ihm abermals
sein Wappen verbessert, und zwar höchst unheraldisch durch
eine zwischen den zwei offenen gekrönten Turniershelmen, die
ihre Helmzierde von früher beibehalten, aufrechtstehende, mit
einem Kranz gezierte Säule, auf welcher eine kaiserliche Krone
zu sehen ist.
Der Diplomsabschrift im oberösterreichischen Landesarchiv
liegen einige Blätter bei, die obiges verliehenes Wappen in
Farben darstellen, jedoch mit übergroß gehaltener Säule und
unter dem Wappen stehen auf zweien dieser Blätter, von der
Hand des Herrn Sekretarii Müderer — wie der Genealoge
Hoheneck daselbst bemerkt — geschrieben, folgende Spottverse:
„Non 68t ÜL66 bnmi1i8 66lsa eolumnn N0ta6."
„Der unlängst durchs Pfluegs Schwerd vom Paurn zum
Ritter geschlagen
Den thuet der Hammer schan vom Schmid zum Freyherrn
prägen
Die Säule von Neumarkt kan noch ein Grafen tragen
Doch wird mans in dem Dorf schlechthin Graf Schmidtpaur
sagen."
Da haben wir es nun; also das war's, was den ständischen
Landschaftssekretär Johann Jakob Müderer — denn dieser war
es, der jene spöttischen Zeilen geschrieben — so erboste, als
unser Johann Tobias Schmidtpaur beim Wiener Tor sich
nicht nur als einen Landschaftssekretär, sondern auch als einen
Herrn von Mannstorf meldete; unter diesem Titel und Namen
stand wenigstens Johann Tobias am nächsten Tage im Wiener
3*
36
Diario vorgetragen. Müderer, der selbst einer alten Pfleger-
familie entstammte, aber erst de dato Wien 9. Juli 1709 mit
seinen jüngeren Brüdern den reichs- und erbländischen Ritter-
stand erhalten hatte, kannte die Herkunft der Schmidtpaur aus
dem schlichten Flecken Neumarkt und mag sich nicht wenig
geärgert haben, als der jung baronisierte Georg Josef den
Ständen behufs Aufnahme in den jungen Herrenstand eine
pompöse Ahnentafel seiner Kinder auf zwölf adelige Ahnen
mit ebensovielen adeligen Wappen präsentierte, in welcher die
obere Reihe der acht väterlichen Ahnen komplett war, bei jener
der mütterlichen Ahnen allerdings die Quartiere der vier Ur-
urgroßmütter unausgefüllt blieben. Aus dieser Ahnenprobe
lernen wir als Großeltern des Georg Wilhelm Schmidtpaur
von Mannstorf (des Vaters unseres Georg Josef) kennen:
„Georg Schmidtpaur von Mannstors, in gemainen rueff der
Reiche (genannt)" und dessen Frau „Sabina von Schi erling".
Deren Sohn wird aufgeführt als „Georg Schmidtpaur von
Mannstorf Kaiserlicher Ausschläger und Reformations-Com-
missaer in Ob der Enns". Dessen Frau „Barbara Grueberin"
war die Tochter des „kaiserl. Oberamts Vöcklabruck Aufschlägers
Johann Grueber" und der „Catharina Eiczingerin". Dem
Grueber wurde flugs das Wappen der alten Grueber zu Grueb
und Peterskirchen zugeteilt. Bei unseren Forschungen fanden
wir tatsächlich in Schwanen st adt einen Bürger Adam Grueber,
der am 10. Juni 1636 als „gewester Aufschläger zu Schwanen-
stadt" beurkundet erscheint (oberösterreichische Landesarchiv-
Bescheidbücher). Aber auch in Neumarkt gab es eine Bäcker-
familie Grueber, aus welcher einer namens Abraham im Brau-
haus der Familie Enthärt in Neumarkt bedienstet war und
diese Familie Enthärt leistete Patenschaft bei allen Kindern
des Marktschreibers und Schulmeisters Georg Schmidtpaur. Da
sein ältestes Kind Georg Wilhelm am 17. August 1638 geboren,
respektive getauft wurde, so mag die Kopulation Georgs mit
der Grueberin in das Jahr 1637 fallen. Sie konnte nicht
konstatiert werden, da Tom. I der Neumarkt-Kalhamer Kopu-
lationsbücher mit 1636 schließt und Tom. II erst mit dem Jahre
1643 einsetzt. Es fehlen die Jahre 1637 bis 1642 inklusive.
Doch zurück zu unserem Georg Josef. 1717 wurde er von
Seiner Majestät zum wirklichen Landrat ob der Enns ernannt
Nachdem ihm seine Frau zu Linz am 22. Jänner 1749 durch
Schlagfluß in ihrem siebzigsten Jahre entrissen worden war,
erreichte er noch das hohe Alter von achtundachtzig Jahren, in
welchem er zu Linz am 14. August 1763 das Zeitliche segnete.
Von seinen zahlreichen Kindern erreichten nur vier Töchter
und ein Sohn das reifere Alter. Von ersteren heiratete Maria
TheresiadenJohannBaptistFreiherrn Pilati von Tassulund
starb als Witwe zu Linz mit sechsundsechzig Jahren am 18. Juli
1781. Die übrigen Töchter, sowie der Sohn — nachdem er
römisch kaiserlicher Majestät Rat und Landrat ob der Enns ge-
worden — traten in den geistlichen Stand. Da auch des Georg
Josefs Brüder, wie es scheint, keine männlichen Erben hinter-
ließen (von Josef Rudolf ist dies gewiß, er starb zu Linz am
37
1. Oktober 1753 im Alter von zweiundachtzig Jahren. Sein
Testament vom 13. September 1747 — im oberösterreichischen
Landesarchiv — erwähnt nur weibliche Seitenverwandte; und
von Josef Anton, der in den Jahren 1686 bis 1692 das Linzer
Gymnasium absolvierte, ist nur bekannt, daß er 1729 „ausser
Land" lebte — Testament seiner Mutter im oberösterreichischen
Landesarchiv), so starb dieser Ast der Schmidtpaur von Manns-
torf, Freiherrn von Mannstorf, noch im achtzehnten Jahr-
hundert aus.
Wir kommen nun schließlich zu unserem Johann Tobias
Schmidtpaur von Mannstors. Geboren zu Enns am 4. September
1682. Sein Taufpate war der edelgestrenge Johannes von
Mietting des inneren Rates daselbst. Johann Tobias besuchte
das Linzer Gymnasium in den Jahren 1697 bis 1702, in welch
letzterem Jahre er in der Rhetorik bereits als „Officialis"
(ständischer Beamte) vorgetragen erscheint. Er trat somit früh-
zeitig in den Dienst der Landschaft, deren Bestallung und
Instruktion als Registrator er schon am 13. Mai 1709 erhielt.
Am 16. September 1715 wurde er ordinari Ausschußrats-
Sekretär und erhielt zur Registratorsbesoldung (jährlich 300 fl,
150 fl adjuta, freie Wohnung und notdürftige Beheizung) noch
weitere jährlich 300 fl ordinari Besoldung und 150 fl adjuta.
Am 26. Oktober des Jahres 1711 vermählte er sich zu Linz mit
Maria Franziska Ursula Heibergerin von Heib erg, Tochter
des Johann Friedrich Heiberger von Heiberg und dessen Ehe-
frau Johanna Maria, gebornen Cannavallin. Tochter und
Mutter starben rasch nacheinander, erstere erst 32 Jahre alt
Anno 1723 am 12. Februar, nachdem sie ihrem Gatten sieben
Kinder geboren hatte, von denen aber damals nur mehr ein
Sohn Johann Nepomuk und zwei Töchter Maria Josefa und
Anna Susanna lebten. Vierzehn Tage nach dem Tode ihrer
Tochter verfaßte am 26. Februar 1723 zu Linz die Mutter
ihr Testament (Original im oberösterreichischen Landesarchiv)
als Witwe, worin sie ihrer „leider erst jüngst verstorbenen
einzigen eheleiblichen Tochter M. Fr. Urs. Schmidtpäurin von
Mannstorf und deren drei lebenden Kinder" erwähnt. Sie
starb am 19. Juni des darauffolgenden Jahres zu Linz in der
Wohnung ihres Schwiegersohnes zunächst des Landhauses.
Am 21. Februar 1729 heiratete Johann Tobias zum
zweitenmal und wurde zu Linz in der Kapelle des Wilheringer
Hauses vom Wilheringer Proseß Jocund Rämis mit Maria
Susanna Elisabeth, Tochter des Med.-Doktors Franz Karl von
Fölß und dessen Frau Anna Maria, gebornen Kurzin, ver-
mählt. Seine zweite Frau, geboren zu Linz am 16. April 1698,
war durch ihre Großmutter, eine geborne Schreiner, mit der
bekannten und reichen Linzer Großhandlungsfamilie Peisser
von Wertenau, welcher auch das Schloß Mühldorf (Pfarre
Feldkirchen an der Donau) gehörte, verwandt.
Am 21. März 1751 errichtete Johann Tobias sein Testament
(oberösterreichisches Landesarchiv), worin er sich seine Sepultur
in der Ignaz Heibergerschen Gruft bestimmte und nebst der
Witwe seiner aus erster und zweiter Ehe erzeugten, noch
38
lebenden Kinder erwähnt. Acht Jahre darauf starb er zu Linz
im siebenundsiebzigsten Jahre und wurde am 29. Jänner 1759
bei St. Barbara bestattet. Die Publikation seines obzitierten
Testaments fand am 30. Juni (soll Wohl Jänner heißen) 1759
in Gegenwart feiner Witwe, des Sohnes Kajetan und der
Tochter Anna statt. Die Tochter Maria Josefa war in das
Nonnenkloster in Steyr eingetreten.
Welch ausgebreitete Klientel im Hochadel und an sonstigen
Familien Johann Tobias besaß, geht aus den zahlreichen
Gerhabschafts-, Verlassenschafts- und sonstigen Akten hervor,
welche bei der in seiner Wohnung aufgenommenen Inventur
vorgefunden wurden. Ob sein Sohn Kajetan diesen Stamm
fortsetzte, entgeht uns. Unseres Wissens existiert in Ober-
österreich keine Familie Schmidtpanr, die das Prädikat von
Mannstorf führt, Wohl aber noch zahlreiche Familien dieses
Namens, ohne das Prädikat, in den verschiedensten Lebens-
stellungen. Manche derselben dürften von einem der 1674
geadelten Brüder abstammen, indem sie, vom Glück wenig
begünstigt, sich des Prädikates und Adels nicht bedienten.
Haben doch auch die Sydler von Rosenegg sich adeliger
Verhältnisse entschlagen, wiewohl sie Adel und Prädikat noch
immer führen. Inwieweit unser Schmidtpanr mit Johann
Jakob Müderer, den er seinen Vetter nennt, verwandt war,
entgeht uns. Tatsächlich vertraten beide und des ersteren
Gattin zu Linz in den Jahren 1712 bis 1717 bei den Kindern
eines nicht näher aufgehellten „Gregorii Schmidtpanrs" und
dessen Gattin Anna Maria Patenstelle. (Ein weiterer Beleg
für unsere oben ausgesprochene Ansicht.)
Zum Schluß unserer Studie erwähnen wir, daß ein
Schmidtpaurn-Hof zu Lindham bei Ottensheim, unter-
tänig nach Pürnstein gewesen, existiert.
Zu Johann Tobias Rechtfertigung gegenüber dem Grafen
Sprinzenstein möchten wir hervorkehren, daß, wenn er sich auch
beim Wiener Tor als einfach Schmidtpanr von Mannstorf und
als Sekretär des Landes oh der Enns aus Linz meldete, er
leicht aus Versehen im Diario als „Herr von Mannstorf" und
als „Landschafts Secretaer" aufgenommen werden konnte, da
beides in Wien landläufige bekannte Namen und Titel ge-
wesen sein dürften. Erscheint doch auch unser Johann Tobias
bei der Geburt seiner ersten Tochter, 1712 16. August, in den
Linzer Pfarrmatrikeln als „Landschafts Secretaer" vorgetragen.
In seinen ämtlichen Briefen an Graf Sprinzenstein unterschreibt
er sich konsequent „Schmidtpanr v. M." und siegelt mit seinem
adeligen Wappenpetschaft.
Wie wir aus den Schreiben Hohenfelds und Schmidt-
paurs vom 22. Jänner an Grafen Sprinzenstein erfuhren,
fand die feierliche Überreichung des Landmannschafts-
Offertes an Prinz Eugen und seinen Vetter Prinz
Emanuel am Sonntag den 23. Jänner 1718 durch
den geheimen Konferenz-Minister Gundaker Thomas
Grafen und Herrn von Starhemberg, sowie durch
39
den General-Kriegskommissär und Marschall Sebastian
Grafen und Herrn von Thürheim (nach des ersteren
Schreiben um 9 Uhr, nach des letzteren Schreiben um
10 Uhr vormittags) in Gegenwart Schmidtpaurs
(worüber sich SprinZenstein nicht wenig geärgert
haben mag) statt.
Es mögen hier per exteasum folgen: 1. das Land-
mannschafts-Offert der zwei politischen Stände, 2. das
Insert über diese Aktion, welches dem Wiener Diario
einverleibt wurde, und 3. das Dankschreiben des Prinzen
Eugen an die Landschaft ob der Enns mit dessen eigen-
händiger Unterschrift.
Durchleuchtigister Herzog Gnedigister Fürst
Euer Hochfürstl. Durchleucht Seynd Vnsere gehor-
samste Dienste anüor.
Wür thuen nicht Souill durch Vnserer Herrn Nachbohren
deren löbl. N. Oe. Ständen Beyspill aufgemuntert, als von
Euer Hochfürstl. Durchleucht, nach Dero Welt berühmten Leuth-
seeligkheit: gegen Sie N. Oe. Stände bezeugt: gnedigsten Ge-
föhligkeit erkhünnet, vnd in die erfreulichste Hoffmmg dero
gnedigsten'.) genembhaltung gesezet, gegenwerthig Vnter-
nemben, ein gleichmessiges Khennzeichen Vnseres gegen Dero
Durchleuchtigisten Haus vnd vmb das gemeine Weesen höchst
verdienten Person högenden tieffen respects vnd erkhantnnß
Deroselben vor die beschüz- vnd erhaltnng der gesambtwerthen
Christenheit, Sonderlich aber deren Khay. Erblanden vnd hier-
unter auch Vnsers Erzherzogthumbs Oesterreich ob der Ennß
vnermüedet anwendenden Sorgfalt, vnd von dem allerhöchsten
nach Wunsch Seegnenden So Khlueg: als Standhafftisten
Khriegs Veranstaltung, wouon vnsern Nachkhombendie vnschäz-
bahren Früchte der Mittls Euer Durchleucht vnuergleichlicher
Heldenthaten denn Khay. Erblanden herstellenden Ruehe vnd
Sicherheit zu genüessen haben, dahero Dero Heroischen gemüeths
vnüberwündliche Standhafftigkheit von aller Nachwelt geprisen,
vnd dero sich vber den ganzen Erden Creis ansbreithend: die
Freunde mit Trost, die Feunde hingegen mit Schrockhen, alle
andere aber mit erstaunen überschwemmender^.) Ruhm vn-
sterblich seyn würdet, in gezimender Ehrerbiethigkheit abzulegen.
Mithin Euer Hochfürstlichen Durchleucht, wie auch dero
durchleuchtigisten Herrn Vettern Prinzen Emannel von Savoyen
sambt beederseiths Hochfürstlicher Descendenz die alhiesig Ober
Oesterreichische Landmannschafft mit allen deroselben an-
hängigen praerogativen ganz frey ohne ainzigen Vorbehalt
Crafft beyligend-vereinigten^.) Schlusses dergestalt gehorsamst
anzutragen, daß Euere Durchleuchtigkheiten beederseiths die
würckhliche Possession vnd Siz vnter dennen alten Geschlechtern
nach allmahlig gnedigsten belieben zu nemben fähig vnd befnegt
Sey, indessen aber vnd von nun an sich aller vnd ieder besagt
dasiger Landmannschafft zuekhombender Freyheiten vnd gerecht-
samben gleich andern würckhlichen Landsmitgliedern durch-
gehend ohne allen ansnamb zu praevaUren haben, allermassen
Solches alles Euer Hochfürstlichen Durchleucht durch die von Vns
hierzue besonders requirierte zway vornembe Landes Mitglieder
Herrn Gundackar Thomam Grafen vnd Herren von St ahrem-
berg, Rittern des goldenen Vlieses, der Röm.Khay.vnd Khönigl.
Catholischen Majestet würckhlich geheimben- vnd Conferenz Rath,
vnd Herrn Franz Sebastian Grafen vnd Herrn von Türhaimb,
allerhöchst gedacht Seinr Khay. vnd Königl. Majestet würckhlich
geheimben Rath vnd General Khriegs Comissarium, Mündlich
angekhündet, vnd hiermit gehorsambst bestätiget wirdet.
Euer Hochfürstlich Durchleucht geruetn nun dises Dero-
selben von Vns gewidmet gehorsambstes'st) Verpundnuss vnd
Danckhbahrkheits-Khennzeichen dero angewöhnten Generosttet
nach, in gnaden anzusehen in dessen gnedigister genembhaltung
Vnser derselben mit aller Devotion ergebenes Consortium
mit Beytrettung dero hochfürstl. familiae, vnd deroselbe vmb
das Römische Reich, Sonderlich aber vmb das allerdurch-
leuchtigiste Erzhaus von Oesterreich höchst meritierten Person
zu bewürdigen, vnd mit etwelchen antheill dero unzähligen
Sieg: vnd Triumph Zeichen zu becränzen, mithin zu gestatten,
daß beederseiths durchleuchtigiste Namben der alhiesigen Land-
mannschaffts Matricul inseriert werden.
Dero wür vnter allgemeiner Frohlockt)- vnd freudenvoller
Zuerueffung des gesambten Landes Volckhs Zu denen bishero
erstritten: Villfeltig Vngemeinen Victorien vnd so höchst vor-
sichtig als Heldenmüethigist ausgeführt Seltensten Vnternem-
bungen, auch^ndurch erworben Vnuerwelckhlichen glori mit ver-
einigten Stimen grundherzigist gratulirn, vnd von dem aller-
höchsten den verrer Seegen vber dero zu siegen schon gewöhnte
Höresführung inbrünstigist erbitten, anbey zu beederseiths Durch-
leuchtigkheiten hochfürstl. Gnaden Vns gehorsambist empfehlen.
Linz den listen Jenner 1718.
Euer Hochfürstl. Durchleucht Gehorsambste
N. zway Obere Politische Stände von Herrn vnd Ritter-
schasft des Erzherzogthumbs Oesterreich ob der Ennß.
An Jhro Durchleucht Prinzen Eugenium von Savoyen
Antragung der O. Oe. Landmannschafft betr.
Nota: Abschrift im Musealarchiv Linz. Die im Landes-
archiv für Oberösterreich erliegende Abschrift hat als ursprüng-
liches Datum 17. Jänner, jedoch dann „datiert 11. Jenner 1718"
und „Expediert den 11. Jenner 1718;" offenbar durchaus Rück-
datierungen mit Berücksichtigung des Sessionstages, an dem der
„Schluß" gefaßt wurde. Die Abschrift im Landesarchiv läßt
aussallenderweise alle Superlativa aus, also statt Durchlauch-
tigstster — Durchleuchtiger, statt gnedigister — gnediger, statt
gehorsambist —gehorsamst (ausgenommen des letzten bei der
Unterschrift), läßt bei 1. gnedigsten, 3. gehorsambstes und vor
der Anrede „Durchleucht" stets das „Hochfürstlich" aus und
hat nebst geringfügigen anderweitigen Varianten bei 2. statt
41
„überschwemmender" -- „ausbreitender", bei 4. statt „vereinig-
ten" — „einhelligen".
Dem Wiennerischen Diaro zu inseriern:
Die Jhro Durchtaucht Prinz Eugenio angetragene O. Oe.
Landmannschafft betreffend,
dat. 23. Jenner 1728.
Nachdeme die Lobt. Zway Obere Politische Stände von
Herren vnd Ritterschafft des Erzherzogthumbs Oesterreich Ob
der Enns Jhro Durchleucht Herrn Eugenio Franz Prinzen
von Savoyen vnd Piemont, Margrafen von Saluzzo, Rittern
des goldenen Vlieses, der Rom. Khay. vnd Khönig. katholischen
Majestet würckhlich geheimben vnd Conferenz Rath Hof Khriegs
Raths Praestdenten, General Lieutenant, dero vnd des Reichs
Feld Marschallen, Obristen über ein Regiment Dragoner, auch
Capitain vnd Gouveneur General deren Khay. Oesterreichischen
Nider-Landen, wie auch Jhro Durchlaucht Herrn Emanuel
Prinzen von Savoyen vnd Piemont, Rittern des goldenen
Vlieses, der Rom. Khay. vnd Khönig. Catholischen Majestet
General Feld Wachtmeister vnd Obristen vber ein Regiment
Eurasier Sambt Beederseiths durchleuchtigen Descendenten
in gezimmender Verehrung Hochfürstlichen Durchleuchtigkheiten
Höchen Herstammens, dan des Herrn General Leutenants vmb
das gemeine Weesen höchst verdienten Person, vnd zu Be-
zeugender erkhantnuss der vou Seiner Durchleucht in Ver-
thättigung deren Khay. Erblandeil anwendend ohnermüdeten
Sorgfalt, vnd von dem Allerhöchsten nach Wunsch Seegnend
So khlueg-als Heldenmüethigisten Khriegs Veranstaltungen,
auch andurch erworben-Vnuerwelckhlichen Ruhms die Land-
mannschafftsfreyheit besagten Erzherzogthumbs Oesterreich ob
der Enns aus eigener Bewegnuh dergestalt zu deferiern be-
schlossen, das dieselbe vnd dero abstammende hoche Nachkhomben
hieuon nach allmahligen Belieben würckhliche Possession vnd
Sitz zu nemben, indessen aber alle vnd jede Besagter Land-
mannschafft zuekhomende praerogativen vnd gerechtsamben von
nun an realiter zu genüessen fähig vnd befuegt Seyn Sollen.
Als ist Solche antragung Jhro Durchleucht dem Herrn
Generalleutnant anheunt in Ihr deren Löbl. Stände Namben
durch dero zway vornembe Landes Mitglieder Herrn Gundackar
Thomam Grafen vnd Herrn von Starhemberg, Rittern des
goldnen Vlieses, der Röm. Khay. vnd Catholischen Majestet
würckhlich geheimben vnd Conferenz Rath/.) dan Herrn Franz
Sebastian des heyl. Röm. Reichsgrasen vnd Herrn von Tür-
heimb allerhöchst gedacht Seiner Khay. vnd Khönig. Majestet
würckhlichen Geheimen Rath, Generalfeld Marschallen vnd
General Khriegs Commißarium feyerlich insinuiert, benebens
mit einem an Seine Durchleucht von Ihnen Ständen ab-
gelassenen respectuosen Zueschreiben bestätiget, von Deroselben
auch mit besonderer Geföhligkeits Bezeugung an vnd auf-
genomben worden.
Abschrift (ohne Datumsvermerk) im Musealarchiv Linz,
mit Datumsvermerk im Landesarchiv von Oberösterreich;
letztere Abschrift fügt bei: 1.) noch ein „Oberst Erbmarschall
beeder Erzherzogthümber Oesterreich Unter- und Ob der Enns."
Hochlöbl O. Oe. Landtschafft 2c.
Ich kan nicht anderst, alß es für ein Khenzaichen Einer
Hochlöbl. Landtschafft mir zuetragenden sonderbahren Naigung
nehmen, daß es deroselben beliebig gewesen ack smitationem
der Hochlöbl. Landtständten in N. Oe. mir, vnd meines Herrn
Vetters Liebden sambt Descendenz daß ms Ineolatus oder
Landtmanschafft in dem dasigen Erczherzogthumb Oesterreich
ob der Ennß wohlmaynend anzuerbiethen, ich will die mir
hierunter widerfahrende Ehre mit verbündlichen Danckh an-
vnd aufgenohmen haben, nichts mehrers winschend, alß daß
Vermögen vnd. ville Gelegenheiten zu Behueff, vnd ferehrn
aufnahmb Einer Hochlöbl. Landtschafft sambt, vnd sonders
vill Dienst: ersprießliches würkhen zu khönnen, mit der Ver-
sicherung, daß mir Jedesmahls eine grosße Freud zuegehen
solte, in allem waß von mir dependiert werckhthättig Zu be-
zeugen, mit waß Dienst-begüerde ich allstätts seyn
Einer Hochlöbl. O. Oe. Landtschafft
Schuldigist Dienstwilligste
vnd dienstwilliger Diener
Wienn den 25ten Jann. 1718.
rückwärts: Praes. den 28ten Jan. 1718.
(Original mit eigenhändiger Unterschrift im Musealarchiv
Linz; einfache Abschrift im Landesarchiv Oberösterreich.)
Drei Tage nach dieser Solennität, das ist am
26. Jänner, berichteten hierüber die beiden Deputierten
Graf Starhemberg und Graf Thürheim, ebenso Schmidt-
paur an Grafen Sprinzenstein nach Linz (drei Originale
im Musealarchiv Linz). Ersterer spricht zuerst über den
ihm gewordenen Auftrag und setzt dann fort: „Dieselben
(Sprinzenstein) werden sowohl aus dem Antwortschreiben
(Prinz Eugens), alß von dem abgeschickten Secretario
mit mehrerem vernehmen, wie Derselbe das Schreiben
empfangen, den Vortrag angehört und mit was vor
43
Sincerationes Selber geantwortet habe, also daß mir
nichts übrig bleibt, als zu versichern, daß mich noch viel
mehrer freuete, denen löbl. Ständen in mehrer in Ihren
Vortrag und nüczlichen Begebenheiten dienen zu können."
Aus diesem Schreiben, sowie aus jenem Schmidtpaurs
geht deutlich hervor, daß Graf Starhemberg den Schmidt-
paur bei der Audienz als Referenten anwesend haben
wollte, um auch alle weitläufigen Beschreibungen dieser
Solennität zu ersparen.
Thürheim drückt sich schon in der ganzen Einleitung
seines Briefes über diese Mission umständlicher aus
und fährt fort: „welche (SLr Drchlt.) dann darüber ein
sonders gnädiges Kennzeichen ihres darob habenden
Wohlgefahlens verspühren lassen, wie dieselbe ihre be-
zeugende Danckhnemmigkheit in Dero erlassenden Anih-
worthschreiben von selbsten mehrers zu exprimiren ge-
ruhen werden."
Wie Schmidtpauer, der offenbar seinen Herrn sehr
gut zu kennen schien, sich über seine Anwesenheit bei
der Audienz vor dem Grafen Sprinzenstein zu recht-
fertigen suchte, möge uns der Wortlaut seines Briefes
belehren.
Wien, 26. Jänner 1718.
Schrnidtpaur an Sprinzenstein.
Zu Volge meiner Jnngstnorigen gehörst erinderung würdet
nun die öffentliche Zeithung bestätigen, daß alles nach Euer
Hochgräfl. Gnaden Höchen Befelch vollzogen worden sehe, wie
ich dan morgen die von Jhro Hochfürstl. Dhl. an die hochlöbl.
HH. Stende von Herrn vnd Ritterschafft erlassende antworth
schrifftlich überkhomen- vnd volgends ohne Verzug nachmittag
meine nacher Haußraiß antretten, sodan aber erst vnterth.
referirn werde: mit was angst ich vnuersehens noch in gegen-
warth beeder hierzue sich angewendter Hocher HH. Ministrorum
von Jhro Dhtl. selbsten gnedigist zum persönlichen Vorschein
gerueffen- vnd zu widerhollnng eines Compliments ad im-
proviso obligiert worden sehe; ich kan dises accidens niemand
alß S^ Hochgräfl. Exiae von Starhemberg zueschreiben, welche
in disem absehen mich vnfählbar so beständig verlanget mit-
zukhomen: damit ich auch die persöhnnliche Bezaigung dises
Durchleuchtigsten Prinzens mit äugen selber sehen vnd dar-
über die relation erstatten können solle, die ich mit allen Vmb-
ständen auf meine Vnderth. dahinkonfft vnd alßdan böiser
mögliche Anßfüehrung gehors. verschiebe. Ich Hütte auch meine
Raiß zu bescheinigen keiner antworth erwarthet, Wan nicht
von hochgedachter Sr. Hochgräfl. Exsa von Starhemberg ander
dero aignen nahmen durch den H. Agent Koch vnd nachmahls
gar durch Sr. Hochgräfl: Exi"m von Thierheimb General
Kriegs Commißarium dieselb zu solicitirnbefelcht worden wäre;
44
Vertröste mich demnach mit Keinem vngnedigen aug angesehen
zu werden, weilt ich vmb nichts mehrers besorgt lebe, alß in
Euer Hochgr. Gnaden beständiger hocher Gnadens protection
Erhalten zu sein, darein mich auch vnderth. Empfehle vnd
Ergibe alß
Euer Hochgräfl. Gnaden
Vnderth. Gehorsambster
Joh. Tob. Schmidtpaur v.m. mp.
Wien den 26. Jenner 718.
(Original im Musealarchiv Linz.)
An demselben Tag schrieb Schmidtpaur auch an
Müderer, seinen hochgeehrtesten Herrn Vetter und hoch-
wertesten Herrn Patron: „Nun ist alles vollbracht, waß
mir in dieser Abschickhung, worvor Deroselben haupt-
sächlich obligiert zu sein habe, anverthrauet worden, werde
also, wills Gott, morgen nachmittag mit der von Jhro
Durchleucht zurückh bringenden Antworth meinen weg
nacher Hauß zu nehmen trachten, vnd alles, was paßiert
vmbständig referieren, besonders wie ich ohne alle Präpa-
ration von Jhro Durchlt. dem Prinzen selber noch in
Gegenwart beeder hohen Herrn Ministern zu der Audienz
beruffen vnd zu einem vnversehenen Compliment obligiert
worden sehe. Unterdessen kann ich zu Dero Consolation
und gleichmässigen Conto erindern, das Herr Landschaffts
Shndicus alhier mit einer Truhen voll silberner Nacht-
zeugs costbahrkeiten von Jhro Durchlt. reguliert worden,
dergleichen auch dahin nicht ausbleiben wierdet."
Nun war allerdings das Werk vollbracht. Ob aber
Graf Sprinzenstein hievon vollauf befriedigt war? Wir
bezweifeln, denn gewiß war es auch sein sehnlichster
Wunsch, ein an seine Person adressiertes eigenhändiges
Dankschreiben des Prinzen zu erhalten, und dies traf
nicht ein, denn sonst würde es bestimmt diesem Faszikel
von Sprinzenstein einverleibt worden sein.
Prinz Eugen begnügte sich aber in korrekter Weise,
an die Landschaft ob der Enns, von denen zwei oberen
politischen Ständen das Landmannschafts-Offert aus-
gegangen war, zu adressieren und dieses Dankschreiben
mit seiner charakteristischen eigenhändigen Unterschrift,
welche hier in einem Faksimile ersichtlich, zu versehen.
Die löblichen Stände beschlossen in öffentlicher Session
vom 14. Februar 1718 zu verordnen: „diese auf sich
beruhende Antwort zu Jhro Durchleucht Prinz Eugeny
von Savoyen Landmannschafts Fascicul Zu legen und im
Archivs verwahrlich aufzubehalten". Letzteres geschah nur
insofern, als Sprinzenstein meist Abschriften anfertigen
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ließ, auch von Prinz Eugens Dankschreiben, und diese
wurden im ständischen Archiv hinterlegt. Der Original-
Faszikel kam nach Tollet, der Besitzung Sprinzensteins,
ins dortige Archiv.
Eine weitere Verdrießlichkeit erlebte nachträglich Graf
Sprinzenstein, indem Campmiller, wie wir oben voraus-
sahen, ihm einen leisen Vorwurf machte, warum er den
Schmidtpaur nicht auch an ihn, Campmiller, adressiert
habe. Er schreibt dem Grafen de dato Wien 4. Februar
1718: „Dero eigenhändiges gnädiges Schreiben vom
20. passato ist mir erst diser Tage züekhomben, —, wie
Ich dan auch von dem H. Schmidtpaurn vnd seinen
hiesigen Verrichtungen nicht ehender etwas gewußt, alß
biß Er verschinnener Tage von hinnen abgerafft ist, nicht
zweiffelnd, er werde von sothannen seinen Verrichtungen,
und von denen, an welche Er addressiert worden, seine
gehorsambe Relation abgestattet haben; Wan mir etwas
daruon bekhant gewesen wäre, hätte Ihme vielleicht
auch am: vnd andere- zur suche dienliche anlaittung
geben khönnen, welches Ich mit gegenwärttigem er-
indere."
In geradezu komisch-köstlicher, unfreiwilliger Selbst-
kritik suchte Sprinzenstein diesen nun doch geschossenen
„Pockh" zu rechtfertigen und die Hauptschuld wieder auf
Schmidtpaur zu überwälzen. Wir lassen daher sein
Schreiben vom 9. Februar 1718 de dato Linz im Wort-
laut folgen (coäve Abschrift mit eigenhändiger Unter-
schrift und eigenhändigem Postskriptum des Grafen wegen
der Martignischen und Steinvillischen Kommandierten,
im Musealarchiv Linz):
Linz, 9. Februar 1718.
Sprinzenstein an Camp Miller.
Waß aber den H. Schmidtpaurn vnd dessen vermeinte
Verrichtungen belanget, so bitte soüill persuadirt zu seyn: daß,
wofern solch seine Verrichtungen (in soüill ich Ihme von hier-
auf mitgegeben habe) von einiger Wichtigkheit gewest wären,
Ich Ihne gewiß nicht weniger an meinen Hochgeehrten Herrn
zu addressirn mich vnterfangen haben wnrdte, alß mich ohne
dem vorhin schon in disem Sr. Drhtl. Prinzen Eugenium be-
treffenten Landtmanschafftswerkh der Ehre der mir gegebenen
Erlanbnus gancz Erfreulich praevaliert hatte; Dahero nur
zu der Sachen Erleutherung folgend meine Warhaffte, aber
in besondern: Verthrauen thuende Eröffnung zu vernehmen
vnd derselben gänzlichen Glauben beyzumessen beliebe; Da
nemblich die löbl. Zway Obere Politischen Stände den schon
bewusten Schluß würckhlich gemacht hatten, vnd nur allein
ratione ^alffeetorum, welche das schrifftliche offertum Sr.
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Dhrtl. zu praesentiren hätten, in Ihre Gedanckhen nicht woll
gesichert waren: ob auch des Herrn: Grafens von Starhem-
berg Excell. in ansehung dero Höchen Würde eines Khay. Con-
ferenz Rathes, respectn deren Ständen sich für gewiß in einige
Commißion einlassen, oder villeicht villmehr deren Stände
Vnterfangen Hierinfahls für vngezirnbent ansehen würde;
Alß haben Sye Stände solcher Vrsach halber, mir die völlige
Disposition gancz generaliter vberlassen, wie nemblich diß-
fahls besagt: Sr. Excell. Intention vnd gedanckhen zu capis-
eirn seyn mechte, also daß von einiges Menschen Hinabschickhung
daß geringste nicht gemeldet-sondern vermuthlich genueg zu
seyn geglaubt worden, wann nur nach beschehen-sothanner Er-
forschung sodan das mehrberiehrte schrifstliche Ofsertum von
mir Sr. Excell. nebst einem Ersuech-Schreiben wegen Vber-
sichnembung diser Bemüehung, immediate vberschickht vnd bey-
geschlossen würdte; Worüber ich nun zu solch vorbesagten Er-
forschung-Ennde gancz resoluiert Ware, mich an den H.
Grafen Gundomar von Starhemberg zu adressieren, vnd
hierzue schon würckhlich die Feder angesezt hatte, allein da
ich schon den Brief zur Helffte geschrieben hatte, so hat der
darunter eingefallene Gedanckhen-wie nehmlich in schriftlicher
Eorrespondenz nicht alle vorfallende Vmbstände genugsamb
vorgesehen, noch weniger so füeglich vnd in tempore auß
dem Weeg geraumbet werden können, mich die Resolution
auf einmall ändern, vnd selbige dahin außschlag gemacht,
daß ich den anfangs benennten H. Schmidtpaurn seiner dar-
üor gehaltenen Dexterität halber, in vorerwehnter Intention
Eylferthig abgeschickht- vnd Ihne an meinen Oncle Herrn Grafen
Ott Hainrich von Hochenfeldt addreßirt- vnd die Warheit
zu bekhennen, Ihme H. Schmidtpaurn (vmb biß zum Autz-
schlag diser seiner Commißion entweders deren Löbl. Ständen,
oder im Gegensacz Jhro Excell. des H. Grafen von Starhem-
berg besorgt-etwelche Confusion desto gesicherter zuuerhiethen)
expresse anbefohlen, sich in Wienn ansonsten, soüill immer
müglig, ineoKnito zu halten, vnd nach mehrbesagt-beschechener
Erforschung sich also gleich vngesaumbt widerumb anhero auf
den Weeg zu machen vnd mir Mündliche Relation von dem
Verlauf solch seiner geringen Commißion abzustatten, dessen
er mich auch gänzlich versichert hatte; Nachdem ich aber nach-
gehents gleich wollen nicht allein auß dem Diario ersehen,
daß er sich gleich bey seinem Eintritt in die Statt Wienn fin-
den H. von Manstorfs vnd O. Oe. Landschasfts Secretarium
angegeben habe, sondern Er auch hernach in seinen Briefen
seine Weithere Gegenwarth in Wienn sehr nothwendig gemacht,
auch zu gewisserer Reussierung Sr. Excell. des H. Grasen von
Starhemberg vorgegebenen Befelch darein gemischt hat, vnd
ich nun so woll meinen gegebenen Befelch in etwaß durch dise
seine Finda verunehret erkhennet, vnd lecztlich auch durch dise
seine Herüorkhürung des H- Landschasfts Secretary Mäderer
entspringende vast nit vnbilliche Jalousie vorgesehen, wo nicht
schon merckhlich verspühret hatte, so bin ich darauf erst ver-
anlasset worden, Ihme noch weithers soüill in einem Brief
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Zu bedeuthen: daß Er sich weder bey Sr. Dhrtl. den Prinzen
Eugenia weder bey meinem Hochgeehrten Herrn praesentiren
oder herüorthuen-mithin denen Jenigen, so in disem Landt-
manschafftsact die Bemüehung gehabt haben, die Ehre vnd
Meritum nicht benehmen solle; so aber gleich wollen (wegen
vorgegebenen Graf Starhembergischen Befelchs) seinen esfect
nicht recht erraichet hat; welchemnach Er H. Äußschuß sekre-
tarius vnd Registrator Schmidtpaur nothwendig, alß ver-
nünfftig hat begreiffen müessen, daß das Verboth bey dero-
selben sich Zu praesentiren von selbsten dardurch ausgehoben
Ware; Ist also bey diser gancz aufrichtig Erzöhlter Beschaffen-
heit meine Vnschnldt mithin sonill abzunemben, daß alles das-
jenige, waß erst nach beschechener Abschätzung (wie Er mich
berichtet) auf des H. Grafen von Starhemberg befelch sich
eraignet hat, ohne meinem geringsten Zuethuen vnd xrnster
m6nm Intentionem geschechen, vnd dißfahls meine Vnschuld
clar an den Tag gelegt sehe; wesßentwegen dann alle etwo
von mir geschöpffte vngleiche Meinung fallen Zn lassen, vnd
Zu glauben bitte, daß ich dero Hochschäczbahre affection nicht
gerne im geringsten negligirn wolte, sondern villmehr in all-
weeg nach geringsähigkheit meiner Cräfften zu bezeugen ver-
lange, mit aller Aufrichtigkheit zu seyn,
Meines Hochgeehrten Herrn
Schuldiger Diener
Franz Ferdinand Grn. zu Sprinczenstein.
Linz den 9ten Februar 1718.
Wohltuend und den weltmännischen, feinen Hofmann
Campmiller kennzeichnend, sticht dessen einfacher Stil
von der schwülstigen und supergeschnörkelten Schreibart
Sprinzensteins ab. Er schreibt an den Grafen aus Wien
am 12. Februar 1718: „Dieselbe seyn gar zu gnädig, das
Sie sich souill mühe geben, und wegen des abgeschickten
Herrn Schmidtpaurens eine so weithläuffige Description
thuen mögen, welche wahrhafftig gegen mir gar nicht
Vonnöthen gewesen were, gehorsamblich bittend, nicht
ungnädig außzudeuthen, was ich Hierinfahls gemeldet
habe. Es wirdet sich vielleicht die Gelegenheit geben.
Meinem gnädigen Herrn Grafen in Künftigen Frühe-
jahr zu Linz meine Aufwarthung, und en oeonsiono von
der fache eine mehrere eröffnung zu thuen" (Original
im Musealarchiv Linz).
Zum Schluffe wollen wir noch die Geldfrage dieser
ganzen Aktion beleuchten, denn da die Landmannschaft
den beiden Prinzen ohne jedes Entgelt angetragen wurde,
so mußten die Regalgebühren, und zwar doppelt, von
der Landschaft, respektive deren Einnehmeramt, an die
Bezugsberechtigten ausgezahlt werden. Es bringt daher
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das Bescheidprotokoll vom 6. März 1718 (Landesarchiv
Oberösterreichs) nach einer kurzen Darstellung des ganzen
Aktes:
„Alß seindt hierauf von dem Einnember Ambt volgend
doppelte Regalsgebühr, Nernblich
dem in Landmannssachen Präsidenten und
damahligen Herrnstandsältesten (Graf
Sprinzenstein)......................... 800 fl.
Denen vier H. Verordneten dero zway obern
politischen Ständen iedem 400 fl., thuet
(siehe unten) ........................... 1600 fl.
Dem Landschafts Secretario (Müderer) . . 600 fl.
Registratori (Schmidtpaur)..............100 fl.
Expeditori.............................. 72 fl.
Fünf Canzelisten, Secretary Schreiber und
Thüerhütter, iedem 18 fl., thuet .... 126 fl.
Neun Trompetern und ainem Pauckher, iedem
8 fl., thuet........................ 80 fl.
Acht Thorstehern und vier Pothen, iedem
6 fl., thuet........................ 72 fl.
Alßo zusamben Dreytausend vierhundert
fünffczig Gulden................... 3450 fl.
zu bezahlen und in Rechnung per Außgab zu bringen.
Franz Ferdinand Graf und Herr zu Sprinzenstein
Abbt z^Kr^smünster; Johann Georg Adam von Hocheneckh;
Johann Leopold von Clam Freiherr;
Wbt^Lambach; Ferdinand Carl von Eyselsperg."
Die wohltätigen Folgen dieser ganzen Aktion für die
oberosterreichische Landschaft Zeigten sich bereits in der
Bereitwilligkeit des Hofkriegsrates, dessen Präsident Prinz
Eugen und dessen ältester Geheimreferendar Campmiller
waren, die Kommandierten der Martignischen und Stein-
villischen Regimenter sofort nach Komplettierung an
Mannschaft und Pferden aus dem Lande ob der Enns
abmarschieren zu lassen. (Postskripta der Korrespondenz
Campmiller-Sprinzenstein, Wien, 4. Februar; Linz,
9. Februar; und Wien, 12. Februar 1718.)
Oders
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