Das Bevölkerungsproblem in Oesterreich. 183 man heute unsere Statistiken, so wird man diese Zeiterscheinung nicht nur in der Form antreffen, daß beide Teile eines Ehepaares berufsausübend sind, sondern auch, daß viele, und zwar nicht nur Ehegatten, sondern auch sehr viele Junggesellen, neben ihrem Hauptberuf noch einen anderen Erwerb besitzen, der sehr häufig so besoldet ist, daß er an sich als Haupt beruf genügen würde. Welche Begründung und Entstehung jeder Einzelfall auch haben mag, die meisten sind schlechthin privatwirtschaftlichen Be strebungen entsprungen und deshalb eben gerade heute mit der Lage unserer Volkswirtschaft auf keinen Fall vereinbar. Vor allem aber sind sie dazu angetan, die Lage unserer Gebildeten bedeutend zu erschweren. Vielfach wirken sie auf die Entlohnung drückend, in erster Linie aber unterbinden sie die Unterbringungsmöglichkeit des jungen Nachwuchses. Außerdem greift 1 heute diese schwerwiegende Zeiterscheinung auch bereits auf das Gebiet der manuellen Arbeit über, was zur Besorgnis noch mehr Anlaß gibt. Wenn man bedenkt, daß Oesterreich einer gewissen Zuwachs- quote keinesfalls entraten kann, daß diese Quote überdies ein von den Nachbarstaaten diktiertes, ziemlich hohes Ausmaß haben muß, vor allem aber, daß es einen sicheren Bestand von geistiger Produktionskraft braucht, damit es seiner nationalen Aufgabe auch weiterhin Genüge leisten kann, so wird es keinem Zweifel unterliegen, daß alle Mittel, die derzeit zur Wahrung seiner Leistungsfähigkeit erreichbar sind, auch angewendet werden müssen. Und eines dieser Mittel ist entschieden die größtmöglichste Beschränkung dieses Parasitentums der Doppelversorgung. In der richtigen Erkenntnis dessen, daß hier eine Aenderung erfolgen muß, hat man, wie man sich noch erinnern wird, schon einmal den Versuch gemacht, dem Uebelstande beizukommen, und zwar durch das geplante Pensionsstill legungsgesetz. Doch leider ist es damals aus politischen Motiven nicht zur Ausführung gekommen. So wie die Dinge aber heute liegen, wo die Erscheinungen bereits derart bedenkliche Gestalt anzunehmen drohen, wird man sich ernstlich damit zu beschäftigen haben, dem Weitergreifen durch gesetzliche Bestimmungen zu steuern. Ein weiteres Problem, das ebenfalls schon lange einer gründlichen Behandlung harrt, ist das Einwanderungsproblem. Die Schwierigkeiten, die sich einer Lösung hier entgegenstellen, sind nicht zu verkennen. Oester reich ist ja bekanntlich durch den Vertrag von St. Gennain zu einer Duldsamkeit gezwungen, die ihm zum Verhängnis zu werden droht. Wenn es mit Rücksicht auf die Bindung schon nicht möglich ist, die Fragen durch gesetzliche Bestimmungen zu regeln, und zwar durch eine Art Ein wanderergesetz, so soll doch wenigstens getrachtet werden, Ausländem die Berufsausübung bis zum äußersten, auf jeden Fall viel mehr als heute zu erschweren. Privatwirtschaftliche Rücksichten müssen bei der Frage unbedingt zurückgestellt werden. So unerläßlich solche oder ähnliche erfolg-