Nachmittags treffen wir uns wieder und fahren zusammen nach Danzig. Nur „Albatroß" sehen wir auf Strand an der schwedischen Küste. Brief des Heizers P. Schneider des Torpedoboots „8 139". . . . ., den 29. August 1915. Nun will ich Dir einen kleinen Bericht erstatten von unserem Leben und Treiben hier. Wie Du weißt, waren wir (Torpedoboot „8 128") bis Mitte März in Warnemünde stationiert, fuhren von da nach dem Sund zur Überwachung desselben und führten nebenher Handelskrieg. Diese Zeit war die schönste, die ich bisher hatte. Mitte März kamen wir nach Kiel in die Werft, um größere Reparaturen zu machen; bei der Gelegenheit bekamen wir jeder zwölf Tage Arlanb. Am 30. April fuhren wir nun von Kiel fort weiter nach Osten, nach Danzig, um von hier aus gemein- schaftlich mit der Armee gegen die Russen zu operieren. Das erste war die Beschießung von Libau und dessen Einnahme. Wir fuhren am 6. Mai von Danzig fort, waren am 7. Mai früh vor Libau, gingen mit den begleitenden Kreuzern ganz nahe heran, denn die Russen feuerten nach See nicht mehr, da sie ihre Kanonen schon von den Forts weggebracht hatten. Nur Maschinengewehrfeuer erhielten wir, jedoch ohne jede Wirkung. Am 8 Ahr wurde auf das Signal der Landtruppen von beiden Seiten das Feuer eröffnet, gleich¬ zeitig erhielten die Torpedoboote den Befehl, in den Äafen einzudringen. Wir fuhren nun mit aller Kraft auf die Süd- einfahrt zu. Ungefähr 200 bis 300 Meter davor stoppten wir, denn bis dahin waren nur die Fahrstraßen von Minen gesäu¬ bert; außerdem hatten die Russen die Einfahrten durch Dampfer, welche sie versenkt hatten, gesperrt. Wir lagen nun mit gestoppter Maschine da. Die See war spiegelglatt. Gerade rief der Komman- dant: „Alles aufpassen, alles ist mit Minen verseucht!", da geschah aber auch schon eine furchtbare Explosion, und unser Achterschiff war in die Luft geflogen. Trotzdem gelang es uns, mit Äilfe ande¬ rer Boote unser Boot schwimmend zu erhalten, und mit Schlepperhilfe kamen wir nach Danzig. Wir hatten sechs Tote und fünf Schwerverwundete. Dann kam ich auf „8 126". Anfangs Juli fuhren wir nun mit einigen Kreuzern und S. M. Minenschiff „Albatroß" zur Erledigung einer Minenaufgabe nach dem Finnischen Meerbusen. Die Sache war gut gegangen. Wir waren aus dem Rückwege, trennten uns auf demselben: wir, die 19. Äalbflottille mit S. M. S. „Roon" und „Lübeck" südlich an der russischen Küste längs, während die anderen um Gotland herumfuhren. Die wurden nun am 2. Juli von russischen Kreuzern überrascht, wobei S. M. S. „Albatroß" vernichtet wurde. Gleichzeitig wurden wir von russischen Panzerkreuzern angegriffen, vielmehr wir griffen sie an. Während wir keine Beschädigungen erlitten, wurde der russische Panzerkreuzer „Rjurik" ziemlich stark beschädigt. Nachdem tauschten wir „8 126" mit „8 144". Jetzt machen wir dauernd Patrouillenfahrten, dc zwischen mal Minensuchen, das Gefährlichste, was es für uns gibt. Sonst ist nichts mehr los bei der Marine, in keiner Hinsicht, das einzige, was früher hier noch gut war, das Essen, ist jetzt, so wie man sagt, zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben. Es ist eben alles verkehrt; die Leben und Gesundheit riskieren, bekommen nichts, und die, welche unserem Herrgott die Zeit stehlen, bekommen dicke Zulagen.