f d2 Heimweh. Die Nächte sind eine Erholung. Da schläft man nicht, hockt stundenlang auf dem Bettrande, starrt über -die Schläfer hinweg große Löcher ins Leere. Dann schleicht man ins Eßzimmer, schaut über den Platz, auf dem im Mond- , schein das Karussell schläft — nach Westen. Die Gedanken wandern über die stillen Wälder, irren durch Deutschland/ bis sie in einem Zimmer an einem Bett sind. Dann ist die Sehnsucht da, die zerrt und sangt. Wenn der Polizist im Morgengrauen über den Platz geht, schleiche ich ins Bett und schlafe. So gehen die ersten Nächte, die ersten Wochen, bis das Heimwehfieber in mir alles aus gelöscht, verwischt hat. Unter der Erinnerung ist wieder ein dicker Strich. Einige Tage quäle ich mich noch nach Ge sichtern, Augen, Stimmern — es sind immer die falschen. -- Dann gebe ich es auf, schlaft wieder in den Nächten, verdöse " die Tage. Stundenlang fahre ich jetzt täglich mit dem Finger über eine Wandkarte von Rußland und suche Wege nach Häuft. Es muß gehen, wird gehen; wo ein Wille ist, ist auch ein L Weg. Die Herren lachen, wenn sie das hören. „Unmöglich," heißt es, „auf den zwei einzigen Wegen zur Bahn werden Sie sofort gehoppt, wenn Sie nicht von den Wolfen gefressen werden oder erfrieren." Ich rede nicht mehr davon und lerne Russisch, Petroff, eine schlechte Grammatik, aber es ist keine andere da. Wenn ich sechs Stunden gebüffelt habe, - daß mir ganz schwindlig ist, habe ich. eine halbe Stunde wirft * sich gelernt. So matsch bin ich, so auseinander. Ich lerne auch Vokabeln, zwanzig täglich, und behalte zwei. Langsam rückt Weihnachten heran; die Herren sind ganz still geworden, noch stiller als sonst, auch die Lauten. Sie laufen alle herum, als suchten sie etwas, das sie nicht finden können.