Erstes Kapitel. Der Verfasser. —W sterreich ist ein eigenartiges Heimatland. Schon seine Lage, O es zum Grenzstaat zwischen Orient und Oktzident macht, bedingt einen Nullpunkt an dieser Stelle, der sich auch tatsäch— lich im Charakter der heillosen Völkermischung dieses Landes ausdrückt: im „Pallawatsch“ von Osterreich. Dieses wienerische, unübersetzbare Wort bedeutet ungefähr: ein Durcheinander, das jeder Ordnung, jeder geistigen Harmonie organisch widerstrebt. Und doch sind ganz Große und Bedeutsame aus diesem Boden erwachsen; aber alle krankten an ihrer Heimat. Sie trugen die weite Welt im Herzen, sie schufen Großes und Göttliches — und blieben doch stets mit der Scholle verwachsen, die gar keine Re— sonanz für Geistiges hat. Im Lande der Phäaken, mit denen Schiller die Wiener verglichen hat, ist für Ernsthaftes kein Raum. Die „Dulliäh“Stimmung, die den Wiener vor dem Untergehen bewahrt, schützt ihn auch vor einer geistigen Auferstehung. Und darum gilt für die Großen dieses Landes mehr als für die irgend— eines andern das: Nemo propheta... Ungenannt, ungeachtet und in Armut starben hier viele, deren Lebenswerk eine reife Frucht am Baume der Menschheit war. Auch Andreas Reischek, dessen bedeutsames Forschungs— —BDDDDD der Allgemeinheit zugänglich machen soll, war einer von jenen Osterreichern, die, trotz der lockenden Angebote des Auslandes, ihr reifes Lebenswerk der Heimat gaben, die ohne Dank und An— erkennung das reiche Geschenk des freiwillig Armen hinnahm. Andreas Reischek wurde am 15. September 1845 als Sohn eines armen Finanzaufsehers in Linz an der Donau geboren. Da die Mutter bald nach seiner Geburt starb, kam er in Pflege zu Frau Puchrucker, der Witwe des gräflich Thürheimschen Ober— gärtners auf Schloß Weinberg bei Käfermarkt im Mühlviertel Oberösterreichs. Die alte Frau, die den Knaben streng erzog,