74 Verraten U rsprünglich sollte mich auf den Rat deutscher Freunde eine Deutsch-Polin Lily H. bis Moskau und möglichst noch weiter begleiten. Frauen sind ein guter Schutz auf Reisen in Rußland. Man ist in den russischen Eisenbahnwagen vielerlei Fragen und Anfragen ausgesetzt. Der Russe ist gegen den Mit reisenden meist ohne jede Zurückhaltung: gewöhnlich oder recht oft leitet sich das Reisegespräch mit den Fragen ein: Woher, wohin, bist du verheiratet, wie lebst du mit deiner Frau? Das hätte mir bei meinen mangelhaften Sprachkenntnissen verhängnisvoll wer den können. Ist aber eine Frau dabei, so hat der Russe nur für sie Augen und Ohren. Deshalb sollte Lily H. mitkommen, gegen eine Vergütung von fünfhundert Rubeln. Aber später überlegte ich es mir anders. Lily H., deutsche Untertanin, eine sehr gerissene Frau, war mir gar zu durchtrieben und verkommen. Sie war die Freundin aller Gendarmerieoffiziere in Orenburg, trieb sich überall herum, und je öfter ich sie sprach, desto unangenehmer wurde sie mir. So sagte ich ihr an dem Tage, an dem ich nachts abreisen wollte, bei einer Begegnung vormittags,