12 tern spenden und ihnen die heilige Pflicht auflegen , bisweilen einen dankbaren Rükblik auf jene zu werfen, welche in christ¬ licher Gesinnung sie grossmütig gestiftet. Um dieser Pflicht zu genügen, wollen wir in einem flüchtigen Umrisse die Geschichte und Wandlung jener Waisen - Anstalten anführen, die im Ver¬ laufe des vorigen Jarhunderts in der Hauptstadt unseres Lan¬ des gestiftet, noch jezt in veränderter Gestalt fortleben. //. Kellerisches Waisenhaus. 1. Hauptstiftung. Johann Heinrich Keller im Kanton Zürich, wo noch heute dieser Familien-Name blühet, unfern der Haupt¬ stadt von armen Eltern geboren, musste durch der Hände Ar¬ beit und in der Fremde sein Fortkommen suchen. Die Vor¬ sehung , welche die Gemüter und Geschike der Menschen gleich Wasserbächen leitet, führte ihn — den in der Lehre Calvins erzogenen — in die Hauptstadt des Christentums, nach Rom. Wie so viele Gott wahrhaft suchende Gemüter fand auch er in den trokenen starren Formen des calvinischen Cultus keine innere Befriedigung. Anderes erfuhr er in Rom. Die Feierlichkeit des katholischen Gottesdienstes hob seine Stimmung, die wunder¬ lieblichen Töne des Gesangs drangen tief zum Herzen, beflü¬ gelten seine Andacht und erfüllten Sinn und Gemüt mit einer innern Seligkeit und Heiterkeit, die er früher niemals gefühlt, niemals empfunden. Dieser Kundgebung der göttlichen Gnade folgend , trat er in den Schoos der katholischen Kirche zurük. Still und arbeitsam bei seinem Gewerbe — er war Klei¬ dermacher — redlich und treu in seinem Thun und Lassen wurde er der Königin von Schweden, Christine, die bald nach ihrer Thronentsagung gleichfalls zur katholischen Kirche übergetreten und zu dauerndem Aufenthalte nach Rom