Schwerin, Hannover, Berlin usw. aufbewahrt werden, sind uns aber nicht nur Beweise einer nicht wieder erreichten Kunst des Metallgusses erhalten worden, sondern ist uns die Möglichkeit gegeben, auch die glei— chen Töne wie damals wieder hervorzubringen. Die Luren wurden meist paarweise gefunden und beide Hörner sind genau auf den gleichen Ton gestimmt. Ein skandinavisches Felsbild stellt sogar, zwei Luren— hläser dar, deren Luren die eine nach rechts, die andere nach links gebogen sind; sie wurden also gleich— zeitig zusammen geblasen! Wir können uns nunmehr oorstellen, daß man bei dieser Sachlage ganz von selbst auf die Mehrstimmigkeit kommen mußte; es brauchte nur einmal ein Bläser „daneben“ zu blasen, so war der harmonische Zusammenklang schon gegeben. Ja, je we— niger man Uebung haͤtte, desto sicherer stellte sich ein olcher ãheraus. Der harmonische Zusammenklang ist mithin nicht ein sekundäres Ergebnis einer längeren Uebung und Ueberlegung, sondern primär naturgegeben, ursprünglich. Wo zweistimmig musiziert wuürde, da stellte sich auch die Harmonie ein, unmittelbar und ungesucht. Man hat auch drei und mehr Luren zu— sammen gefunden, die alle auf einen Ton abgestimmt sind. Es ist also anzunehmen, daß auch mehrstimmige Akkorde zustande kamen! Mit der Bronzezeit schwanden die Luren ebenfalls dahin. Wahrscheinlich hat man später die kunstvollen Instrumente zu gießen verlernt. Aber wie in der Natur nichts verloren bleibt, sondern seine Spuren hinterläßt, o auch im geistigen Leben. Die Vorliebe der Germanen ür Blasinstrumente und damit für ditonale, akkor— dische oder Dreiklangmusik verblieb ihnen auch durch die dunklen Zeiten des ersten vorchristlichen Jahrtausend dis zur Einführung des Christentums. Und bis auf heute! Wir haben schon aus Cäsars Zeit Darstellungen germanischer Hörner, und solche kehren immer wieder. Sogar Hörner aus massivem Golde, mit Runen ver— ehen, sind uns erhalten geblieben! Freilich, das Christentum mochte von der alten heidnischen“ Musik so wenig wissen als von der altgermänischen Religion, und so spielt sich zunächst ein Kampf ab zwischen christ⸗ licher und germanischer Musik. Bis vor wenigen Jahren var es nicht bekannt, wie die altchristliche Musik ge— klungen hat, obgleich sie uns in eigener Tonschrift, den sog. „Neumen“, in vielen Niederschriften erhälten st; man konnte sie trotz jah rhundertelangen Mühen nicht entziffern. Durch meine Forschungen gelanges endlich, die alten Zeichen zum Sprechen zu zwingen, und wir können nunmehr mit aller Bestimmtheit sagen, daß die altchristliche Musik nicht aus dem jüdi— schen Tempel, sondern von den Griechen stammt und )aß sie die germanische, akkordische Harmonie grund⸗ ätzlich vermeidet. Auch der gregoriamis che Gesang der atholischen Kirche tut das als Nachfolger jenes alt— christlichen durchaus noch heute. So stand die christliche Musik in einem ausge—⸗ sprochenen Gegensatz zur germanischen Volksmusik. Je nehr sich aber der Schwerpunkt des Christentums von Süden her in das nordische Deutschland verschob und ie mehr das Christentum sich germanisierte, defto mehr drang auch die Urharmonie in die gottesdienstliche Musik ein, in der bis ins 10. Jahrhundert von Be— gleitung und Mehrstimmigkeit noch keine Spur zu fin— den ist. Nach der langläufigen Musikgeschichte wird die „Erfindung“ des Dreiklanges dem Mönche Hugbald letwa 840 bis 930 zugeschrieben; der Name aͤllein sagt uns schon, daß Hugbald ein Germane und kein Römer war. Von da an dringt das Germanische in der Musik immer stärker vor und gestaltet auch den Kirchengesang in harmonischer Richtung um. Daun hat die gesamte Musik die Entwicklung genommen, die vir heute bewundern. Die germanische Volksmusik hat immer den Dreiklang als Grundläge behalten. So „Alpenländische Musiker-Zeitung“ ind die ermanen die Schöpfer nicht nur der deutschen Musit, sondern aller heutigen, überhaupt als solcher ingesehenen und geschätzten Musik geworden, und Papst deo X., der es ja wohl am besten wissen mußte, hat recht mit seinem bekannten Worte, daß es zu erst ger— nanische Musik gewesen ist, die die Keformatton serbeigeführt habe. Würden wir keinen Drei— lang kennen, so gäbe es keine neuzeitliche Musik; dann Jjäbe es keinen Bach, Händel, Haydn, Mozart, Beet— soven, Wagner: unsere ganze Musik waäre eben nicht »orhanden. Sie ist die NBusir aller Kulturvölker ge— vorden und somit scheinbar international. Die deutsche Musik ist aber nicht nur harmonisch— »olyphon mehrstimmig, sondern als wesentliche Eigen— chaft muß auch festgestellt werden, daß sie eine Dur— nusik ist. Vie Molltonart ist unserem Wesen im Grunde remd. Wenn uns so recht wehmütig zumute ist, singen vir in Dur: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, »aß ich so traurig bin ...“ Niemals aber ist es einem deutschen so jämmerlich zumute, daß er dies Lied-ersbä n einer Molltonart singen möchte. Weun wir es in sieser Tonart spielen, so fällt uns söfort — trotz der zleichen Melodie — die Tatsäche auf, daß diese Weise twa denjenigen der südrussischen Steppenbewohner zleicht, wie wir sie nach dem Kriege in guten Choren »on sogenannten „Donkosaken“ und dergleichen auch säufiger in Deutschland haben hören können. Moll ist ilso eine nichtgermanische, weichliche Tonart, die un— erem geraden, traftvollen, aufrechten Wesen nicht ent— pricht. Wenn wir unsere Volkslieder durchsehen: sie nd fast ausnahmslos auf Dur gestimmt und — das t wieder das Bezeichnende — werden überaus häufig aden ersten Takten ihrer Melodie durch ein fast oldatisches, mit den Luren blasbares Signal bestimmt. Lie in der Musik, so ist auch die ganze abendländische dultur wesentlich durch die germanische mitbe— timmt; wir sollten also stolz unser Haupt erheben, veil wir allen anderen Völkern viel mehr gaben, als dir von ihnen empfingen. Daß wir aber trotzdem noch mmer als „Hunnen“ und „Barbaren“ gelten, ist das ßerdienst einer langen Reihe von Vertretern der vissenschaft, die vor allen Tatsachen die Augen schlie— en, um unentwegt behaupten zu können, daß die zermanen bar aller Kultur gewesen wären. Bisher alt ja und gilt leider auch heute noch in weitesten dreisen, daß uns alles Heil aus dem Süden und ten gekommen wäre. So wurde kurz vor dem Kriege n Eberswalde ein großer Fund an kostbaren goldenen befäßen und Schmucksachen gemacht: Täßchen mit Unter— äßchen, Schalen und Ringe — so wunderschön, daß auch seute jede Hausfrau, jede prachtliebende Fürstin sie gern in ihren Schmuckschrank stellen würde, um sich in der wundervollen Arbeit und dem erlesenen Ge— chmack der Formen und Zierate zu erfreuen. Flugs var schon die Behauptung auf dem Plane: „Ddiese veräte sind so schön, daß sie nur auf dem Handelswege zus dem Osten, etwa von den Phöoͤniziern, hereinge— racht sein können; die dummen' Deutschen können o etwas gar nicht gemacht haben!“ So hieß es. Die Ultertumsforscher wiesen demgegenüber aber bestimmt ach, daß die Geräte schon zu einer Zeit hergestellt in mußten, als es geschichtlichU — wie wir es eben hon von den Luren hörten — weder Griechen noch zhönizier gab. Diese köstlichen Goldgeschirre sind — as steht einwandfrei fest — germanisches Kunst— rzeugnis. Mit Recht können wir stolz sein auf das, vas unsere Vorväter geschaffen haben. Wie jeder Erfinder seine Schöpfung für sich bean— prucht, so sollten auch wir das Anrecht auf die zchöpfung der Musik durch die Germanen für uns urückfordern. Wir müssen endlich einmal mit der vissenschaftlich ganz unhaltbaren Meinung aufräumen, ils ob die Germanen durch die Römer mit der Kultur deglückt worden wären.