Fachblatt der Nichtberufsmusikerschast Österreichs SchriftleiLung: Ed Munninger, St.LambrechLen, Bez.Nied i.J.; Verwaltung: Alpenländischer Volksverlag, Linz a. d.D. Erscheinen: Einmal monatlich / Preis: Jährlich S. 3-— (NMk. 2 40) / Einzelheft 30 Groschen Zahlungen auf Postsparkassen-Konto Wien 2612 (Allgem. Sparkasse Linz) / Schriftliche Beiträge, Berichte und alle den Inhalt betreffenden Zuschriften, gehen an die Schriftleitung / Bestellungen, Anzeigenaufträge und alle die Verwaltung oder den Versand betreffenden Zuschriften gehen an die Verwaltung. S ch r i ft l e i t u n g s s ch l u ß ist am 20. eines jeden Monats. 1930 Folge 6/7 1. Jahrgang Bon deutscher a-capella-Musll. Einen „rassegeschichtlichen Versuch" nennt in der Zeitschrift „Die Sonne" (Aprilheft) Richard Eichenauer seine Untersuchung über den rein deutschen Charakter der gerade in unseren Tagen wieder auflebenden „alten" u eu^pkilu-Musik. Er hält sich an die von Moser (Gesch. d. Musik, Bd. l, S. 3991k.) angegebenen zeit lichen Grenzen von etwa 1430 bis 1618 und durch forscht auf rassischer Grundlage das seelische Element dieser „Hochblüten deutscher Musik". Ihre Wiedergeburt setzt er sehr richtig mit dem Entstehen der Jugendbe wegungen an, ihre Forderung führt er aus das schwere deutsche Schicksal der letzten anderthalb Jahrzehnte, wie auch auf die „maßlosen Herrschaftsansprüche moderner Musik" zurück. Er meint weiter: Warum wandten sich viele der Besten eines neuen Geschlechtes )— angewidert durch die so oft frevelhaften Auswüchse einer entgleisten „Moderne", dabei im Innersten fühlend, daß eine Auf erstehung als Volk sich nicht rein politisch vollziehen könne, sondern einer Wiedergeburt aus den tiefsten Quellen bedürfe — der alten Volksmusik so leiden schaftlich zu? Zweifellos kam gerade sie der Ausprä gung des Gemeinschaftsgedankens besonders willig ent gegen; auch einen gewissen Einschlag völkischer Romantik braucht man nicht zu leugnen. . . . Diese Blüte schimmert zwar in mannigfachen Farben spielen, da sich naturgemäß im Laufe von anderthalb Jahrhunderten tiefgehende Stilwandlungen ereignen muß ten; die stilistische Grundlage aber blieb trotzdem die vokale Polyphonie; in ihr liegt das ausschlaggebende Nordische der Zeit. . . Aus der Polyphonie nun aber spricht nicht etwa Kälte oder Gefühlstrockenheit, sondern die seelische Keuschheit des nordischen Gemütes. Ihre Kraft und Innigkeit, ihre tiefverborgeue Süße und edle Glut erschließen sich nur dem gleichgesinnten, geduldig lauschenden Ohr. Der Verfasser, erläutert ferner die Begriffe des Linea ren in der Polyphonie, die Verschlingungen von Linien, der Gotik des Stiles — im Gegensatz zur Farbigkeit und gesättigten Klangsinnlichkeit. Wohl wird auch zum Teil als beeinflussendes Land hier Norditalien erwähnt, dessen große Künstler aber, nicht bloß in der Musik, vielfach zweifellos germanischer Abstammung waren. Dazu kommt, daß die italienische Musikentwicklung jener Zeit wiederum stark von den Niederlanden, also auch wieder germanisch, beeinflußt war, so daß der Ring geschlossen ist. Doch ständig sich verjüngend, kaum beeinflußt durch südlich gerichtete Abwandlung des Kunstideales, quoll auf dem deutschen Mutterboden die Musik nordisch ge richteter Geister in ihrer herben Keuschheit, wie R. Eichenauer dies bereits in einem besonderen Aufsatz über Gluck dargetan hat. „Es gibt kaum einen schöneren Beweis für jene seelische Keuschheit, als die sogenannten „Kontrasakturen". Man versteht darunter die Nebertragung ursprünglich weltlicher Melodien aus geistliche Texte und umgekehrt. Berühmte Kontrafakturen sind die Uebertragung des Isaac'schen „Innsbruck, ich muß dich lassen", auf „Nun ruhen alle Wälder" oder des Haßler'schen „Mein Gemüt ist mir verwirret" auf „O Haupt voll Blut und Wun den". Wie rein und tief müßte ein Heimatlied, ein Liebeslied empfunden sein, das sich auf einen so starken religiösen Text übertragen ließ, ohne ihn herabzuziehen! Im Gefühlsausdruck gibt es für diese Zeit eigentlich gar keinen Unterschied zwischen geistlich und weltlich, nicht aus Mangel an Ausdruckskraft, sondern weil ihr alles ,musieu 8ueru' ist." Als Kernpunkt der ganzen Betrachtung, die man verschiedenen heutigen Herrschaften oder solchen, die sich ohne Fug dazu zählen, ins Stammbuch schreiben könnte, erscheint uns Eichenauers Kennzeichen des Meistertums. Sie lautet: „Einer reizsamen Gegenwart könnte auch sonst die u euppelln-Zeit bei oberflächlicher Betrach tung „einförmig" erscheinen. Hriginalitätssucht, dieses Zei chen der Auflösung rassischer Bindungen, ist ihr fremd. Nur „cknders sein als die änderen", galt jenen Zeiten als geringer Ruhm; man sah seinen Ehrgeiz darin, es den Meistern gleich zu tun, und so ergab sich im Wandel der Geschlechter eine fast unmerkliche, wuchs hafte Entwicklung, die von der krampfhaften Neuerungs sucht, zumal der Gegenwart, wunderbar absticht. Daher auch der oft bemerkte handwerksmeisterliche Zug alter Kunst — nicht nur Musik! Der angehende Kunstjün ger fühlt sich durchaus als Lehrling; er 'wollte lernen, was zu lernen war. Fehlte dann der nicht erlernbare Höhenflug der Bildkraft, so blieb man eben ein „ehr samer und kunstreicher" Handwerker der Tonkunst. Einer späteren Zeit blieb es vorbehalten, solches als minderwer tig anzusehen; in Wahrheit war es der Granit, auf dem die Gipfelleistungen der genialen Tat sich türmten. So erscheint die u euppkIIn-Zeit nicht als rMübersichtliches