508 OOOOOOOOOOOQQC D OOOOOQÜÖOÜQOÖÜäÜÜOÖaOODOOä bewußte Sorglosigkeit im Vorgehen der französischen Infanterie wird von allen Seiten als Tatsache festgestellt. Wir haben ja auch keine Ursache, das zu leugnen, denn wir Pflegen bewiesene Tapferkeit und Pflichttreue auch bei unfern Gegnern zu achten, teils aus der in uns wohnenden Liebe zur Gerechtigkeit, teils in der richtigen Erkenntnis, daß wir damit das Verdienst unserer eigenen Truppen erhöhen. Aber es ist uns natürlich wichtig, dabei festzustellen, woher diese beobachtete Sorglosig- keit und Siegessicherheit der Franzosen stammte. Aus Gefangenenausfageu wissen wir, daß sie ernstlich der Meinung waren, nach ihrem furchtbaren Artilleriefeuer könne von einer nennenswerten Verteidigung der deut- fchen Gräben nicht mehr die Rede fein. Soweit nicht diese Graben selbst ^vollständig zerstört seien, müßten sicherlich die Verteidiger gänzlich aufgerieben, mindestens aber derma- ßen erschöpft und entmu- tigt sein, daß sie zu jedem weiteren Wi- d erstand e un- fähig feien. Von dieser Zuversicht ge¬ leitet, gingen die Franzo- sen mit der leichtherzigen Sorglosigkeit und stolzen Langsamkeit vor, die an verschiedenen Stellen be- obachtet wer- den konnte. In einem andern Punk- te hatten die Franzosen die m : * - m Aufklärungsflieger, von Schrapnells beschossen der Verwendung der gewaltigsten Kriegsmittel und nicht zuletzt von der geträumten allgemeinen Überlegenheit des französischen Soldaten über die Deutschen ausgehen .sollten. Darum wirkte auch der Scheinerfolg, der an einzelnen Stellen die Deutschen in die zweite Linie zurückwarf, förmlich berauschend auf fie. Vorläufig hatten freilich die den ersten Angreifern folgenden weiteren Massen den Erfolg, ein Zurückfluten zu verhindern. Zunächst blieb noch der Gesamteindruck , bestehen, man werde vorwärts kommen und die „stählerne Mauer" der Deutschen zerbrechen. Aber bald überwog in den vordersten Linien der Franzosen die bittere Ent- tünschnng darüber, daß ihnen der Gegner mit unge- schwächter Kraft die schwersten Verlnste beibrachte und über die von ihm jetzt festgehaltene Linie hinaus nicht zurückzudrängen war. Das Bewußtsein, nach ungeheurer Verschwen- dung der ei-- genen Muni- tion nicht mehr erreicht zu haben, als daß man jetzt, wo man ben Gegner er¬ schöpftglaub¬ te,den furcht¬ barsten Ver- lnsten aus- gesetzt war, mußte schon recht nieder- drückend wir- ken. Aber nun wurden noch dazudiedeut- scheu Linien weiter ver- stärkt und zum Gegen- angriff ange- • - ' » . -i UDWWW • * ' : ' ' Phot. F. Schmal, Wien. deutsche Führung gleichfalls falsch eingeschätzt. Joffre hatte in .seinem Armeebefehl betont, daß die Gleich- zeitigkeit und die Wucht des französischen Angriffs den Gegner vor allem darüber täuschen sollte, auf welche Punkte der Hauptstoß geplant fei. Dadurch follte die Führung verhindert werden, die Reserven an den ent- scheidenden Punkten zu versammeln und einzusetzen. Die Franzosen hatten es jedoch mit einem Gegner zu tun, dem auch im heftigsten Artilleriefeuer die Nerven nicht versagten und den daher auch die kühle Überlegung und scharfe, sorgfältige Beobachtung der scheinbar unbe-, deuteudsten Vorgänge nicht verließen. Daher glückte es trotz des großen Krafteinsatzes der Franzosen, die Re- serven im entscheidenden Augenblick dorthin heranzu- führen, wo fie notwendig waren-. Damit verloren jedoch die Franzosen die beste Möglichkeit des Sieges, die über- raschende Wucht des ersten Stoßes. Sie hatten, sich zwar ganz in den Gedanken hineingelebt, daß sie unter allen Umständen fiegeu müßten, und das bedeutet für ein tapferes, todesmutiges Heer immer viel. Aber nicht stark genug war in ihnen das Bewußtfein, daß jeder einzelne diesen Siegeswillen im vollen Einsatz seiner Kraft zum Ausdruck bringen müsse; sie glaubten -zu sehr au die Wirkungen, die von den Berechnungen der Führung, setzt. Und so verlor der französische Angriff nicht nur die Wucht, die die vornehmste Bedingung seines Gelingens war, son-' dern er kam, nachdem die Nacht und noch ein halber Tag in verzweifeltem Ringen darüber hingegangen war, überhaupt zum Stehen. Was die deutschen Truppen, von einem einzigen Gedanken beherrscht, wie eine aus- gegebene Losung empfunden und ausgesprochen hatten, das Wort: „Hier kommt niemand durch", — das wurde allmählich auch bei den Angreifern zur Gewißheit. Einen Maßstab dafür, in welchem Umfange der Angriff der Franzosen aufgehalten worden und ins Stocken geraten war, gewinnt man schon aus der Angabe, daß in einem besonders schwer bedrohten Abschnitt unserer Front in der Champagne, nördlich von Mourmelon le Grand und dicht westlich der Argonnen, mehr als 3750 Franzosen, darunter 39 Offiziere, gefangengenommen wurden. Bei einer Vorwärtsbewegung pflegt man nicht so viele Ge- fangene zu verlieren. Selbstverständlich war es allerdings, daß fich die Franzofen bei diesem ersten, für sie recht unerfreulichen Ergebnis nicht beruhigten. Sie hatten noch Kräfte genug zur Verfügung, um den Angriff zu wiederholen; es war ja alles vorbereitet, um alle erdenklichen Mittel für die Erreichung des Ziels anzuweuden. Vielleicht erlahmte