1030 ODOOOOC Die Kämpfe südlich NiponL. Unter den kleineren Unternehmungen, die sich Zwischen den ganz großen kriegerischen Ereignissen ab¬ spielen, und die entweder Zwecken der Erkundung dienen oder einer Verbesserung der Stellungen, nehmen dre Kämpfe südlich Ripout in der Champagne von Mitte Februar bis zum April 1917 einen bedeutungsvollen unb ehrenvollen Platz ein. Sie sind ent Musterbeispiel dasür, wie derartige Vorstöße vorbereitet und durch¬ geführt werden müssen. Vier Grabenlinien zogen sich um bie Abhange und aut der Höhe 185 entlang — etwa halbwegs zwischen Reims und Verdun. Dies Grabensystem sollte genommen und damit den Franzosen die beherrschende Stellung ent¬ rissen werden, die sie hier seit Ende September 1915 behaupteten, und von der aus sie uns beträchtlichen Schaden zusügen konnten. Für spätere eigene Unter¬ nehmungen aber mußte die Höhe von unschatzbarem Werte sein. Ihre Wegnahme war um so wichtiger, ats seit einiger Zeit geheimnisvolle Dinge dort vorgingen, die auf ein großes feindliches Unternehmen hindeuteten. Da galt es, zuvorzukommen. m u Wochenlang waren auch diesmal die Vorbereitungen getroffen worden, alles Nötige war bis ins einzelne be¬ stimmt. In der Nacht vom 14. zum 15. Februar be¬ gannen unsre Geschütze ihre Arbeit zu verdoppeln. Die Franzosen merkten wohl, daß etwas vorging, wußten aber nicht was, da unsre Tätigkeit aud, in den anschließen¬ den Abschnitten rege blieb. U.n das Heranbringen von Reserven möglichst zu verhindern, wurden die rück¬ wärtigen Verbindungen des Feindes mit schwerem Feuer belegt. Gleichzeitig trommelten die deutschen Geschütze gewaltig aus die vordersten Gräben. Durch die Tätigkeit der Minenwerfer wurden die französischen Drahthindernisse zersetzt. Die eigenen Stacheldrähte wurden soweit entfernt, daß die Sturmtrupps unge¬ hindert durch sie hindurch konnten. Etwa hundert Meter lagen die ersten Stellungen voneinander entfernt. Durch ‘ diese Zone brachen auf das gegebene Zeichen in der Frühe des 15. unsre stürmenden Krieger vor, mdem sie Granaten- und Minenlöcher zur Deckung benutzten. Der erste Graben wird genommen, kurz darauf auch der ver¬ stärkte zweite Graben erreicht. Jetzt kommt eine Pause. Unsre Geschütze belegen das Hauptwerk auf der Hohe mit ihrem Eisenhagel. Es ist ein richtiges, gegen alle Seiten geschütztes Festungssystem. Mehrere Stunden lang dröhnt tas Feuer gegen diese außergewöhnlich stark ausgebaute Stellung, dann erst, nachmittags gegen vier Uhr ist das feindliche Feuer zum Schweigen gebracht, das Werk „stürmreif". Hervorragendes hatten in diesem Abschnitt der Kämpfe wieder die Flieger geleistet, die der Artillerie während der Feuerpausen Nachricht über die Wirkung des Feuers gaben. Die Versuche der Franzosen, jetzt im letzten Augenblick Reserven heran¬ zuführen, wurden durch unsre Artillerie vereitelt. In drei Gruppen wird der Sturm auf das Haupt¬ werk unternommen. Der erste Stoß erfolgt möglichst lautlos, und bald ist die Zwischenlinie erreicht. Während die Gefangenen aus den ersten genommenen Graben zurückgebracht werden, zu Tode erschöpft, schließen sich deutsche Trainfoldaten und Fußartilleristen freiwillig den Stürmenden an. Der entscheidende Augenblick ist gekommen. Die deutsche Artillerie gibt das Kernwerk frei und verlegt ihr Feuer weiter nach rückwärts in die französischen Linien hinein. Ans zum zweiten Stoß! Mit Hurra und dem Deutschlandliede geht es vor in unwidersteh¬ lichem Anlauf bis auf den Kamm der Höhe. Nur an einer Stelle kommt es zum Nahkampf, so gut hatte die Artillerie vorgearbeitet. Während des ganzen eigent¬ lichen Sturmlaufes soll kein Deutscher gefallen fein. Unsre Leute standen so unerwartet schnell vor den überraschten Feinden, daß sie sich größtenteils willenlos ergaben. Zahlreiche Züge von Unerschrockenheit, von Helden¬ mut werden auch diesmal berichtet und beweisen den ungebrochenen Angriffsgeist unsrer Mannschaften. Doch mit dem gelungenen Sturm war noch lange nicht alles getan. Die neuen Gräben mußten sofort mit der Front nach Süden für den eigenen Gebrauch her¬ gerichtet, Verbindungslinien nach rückwärts hergestellt, gleichzeitig die jetzt einsetzenden Gegenangriffe der Fran¬ zosen — an diesem Abend noch zwei abgewiesen werden. Eine wichtige Entdeckung wurde bei der Unter¬ suchung des eroberten Werkes gemacht. Die geheimnis¬ vollen Vorbereitungen der Franzosen, von denen man wußte, wurden jetzt klar. Eine gewaltige Unternehmung war augenscheinlich geplant gewesen, ein umfassender Gasangriff mit erstaunlichen Mitteln, denn man fand in den Unterständen nicht weniger als 4000 große stählerne Gaszylinder. Dieser Plan war nun vereitelt. In 2600 Meter Breite und 800 Meter Tiefe waren die feindlichen Gräben erobert, etwa 1000 Gefangene und 30 Maschinengewehre eingebracht worden. Welche Be¬ deutung diesem Vorstoß beigemeffen wurde, geht daraus hervor, daß der Kaiser noch am Tage des Sturmes den Kronprinzen als den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe beauftragte, Führern und Truppen Anerkennung und Dank auszufprecheu für die „planvolle Vorbereitungs¬ arbeit und schneidige Durchführung" des Unternehmens. Aber auch mit dem Herrichten der neuen Stellungen und dem Abweisen der Gegenangriffe des ersten Tages war die Arbeit nicht beendet. Nicht weniger als sechs Wochen hindurch versuchten die Franzosen in immer neuem zähen Angriffen den verlorenen Boden wieder¬ zugewinnen. Manche Angriffe kamen im deutschen „Vernichtungsfeuer", wie der deutsche Generalstabs¬ bericht sich ausdrückt, garnicht zur Entfaltung, andere mußten in schweren Nahkämpfen abgewiesen werden. Die Bemühungen des Feindes waren vergeblich, die französischen Militärkritiker mußten zugeben, daß viel mühsam gewonnenes Gelände mit diesem einen Schlage verlorengegangen sei. Ein besonders heftiger Gegen¬ stoß der Franzosen, der am 8. März nachmittags nach heftigem Trommelfeuer vorgetragen wurde, brachte vorübergehend einige Gräben der vordersten Linie am Süd oft- und Südwesthange der Höhe in Besitz des Fein¬ des. Ebenso gelang es ihm, sich in der tiefer gelegenen Champagne Ferme festzusetzen. Rasche und energische Gegenstöße vertrieben die Eingedrungenen wieder von der Höhe. Um die ganz zerschossene Ferme wurde in den folgenden Tagen weitergekämpft. Die Lage blieb im wesentlichen dieselbe; der Feind hielt die Ferme, alles andere blieb fest in deutscher Hand und wurde gegen überlegene Kräfte gehalten. Ende März flammten die Kämpfe noch einmal auf. Am 30. konnten sich Ab¬ teilungen des Feindes für einige Stunden in einigen Gräben der Höhe festfetzen, deutsche Stoßtrupps ver¬ trieben sie wieder, ehe sie sich einnisten konnten. Das Gesamtergebnis war also ein voller Erfolg, mit Umsicht unb Tapferkeit errungen und in zähem Ausharren festgehalten. v. St.