Zur Psychologie des Krieges und der Erfindungen 49 Die Zeitläufte begünstigten ebenso wie die Gegenwart die Ausbildung von solchen Zifferschriften und anderen Geheimsprachen. Dadurch bekommt die astrologische Zeichendeutekunst eine rationalistisch-praktische Wendung. Hierin liegt geschichtlich der entscheidende Fortschritt.“ Dieses unmittelbar aus den Anforderungen des damaligen Krieges erwachsene Buch hat für die Entwicklung einer wissenschaftlichen Zeichenlehre, wie sie besonders Leibniz einige Jahrzehnte darauf gestaltet hat, entschiedene Bedeutung, und man kann die Wurzel der bahnbrechenden Arbeiten von Leibniz über die Zeichenlehre, besonders im mathematischen Gebiet, im Grunde zum Teil in der intellektualistischen Einwirkung des damaligen großen Krieges finden. Auch im übrigen läßt sich vielfach nach weisen, daß hochgradige intellektuelle Leistungen aus den Anforderungen des Krieges hervorgehen. Dabei ist vielfach zu erkennen, daß intellektuelle Fähigkeiten schon vorher vorhanden waren, jedoch durch den Krieg in bestimmte Richtungen gelenkt und gefördert werden. Diese Betrachtung darf jedoch nicht so auf gef aßt werden, als ob dadurch eine psychologische und moralische Rechtfertigung von Völkerkriegen gegeben wäre. Man kann vielmehr im Hinblick auf die furchtbaren Wirkungen großer Kriege nur bedauern, daß zur Steigerung der intellektuellen Leistungen überhaupt Kriege notwendig sind. Würde die Entwicklung der menschlichen Leistungen und der Berufsfächer schon im Frieden immer von den Intellektuellen und Tüchtigen geleitet, so wäre sehr wahrscheinlich eine solche Anspornung durch die Anforderungen großer Kriege überhaupt nicht notwendig, und der menschliche Verstand würde auch ohne solche rascher in der Naturerkenntnis und der An wendung der Naturgesetze auf die technischen Leistungen vorwärts kommen. Es stemmen sich jedoch in der menschlichen Gemeinschaft der Entwicklung des wissenschaftlichen Geistes im Frieden vielfach Trägheitsmomente und sonstige Hemmungen entgegen, und es ist kein Zweifel, daß durch die Ereignisse des jetzigen Krieges in vieler Beziehung die intellektuellen Fähigkeiten und die Erfinder tätigkeit, in der sich der menschliche Verstand zu Neuschöpfungen steigert, zu außerordentlichen Leistungen angespornt worden sind. IX. Erfindertätigkeit. Erfindungen beruhen trotz ihrer außerordentlich mannigfaltigen Art im Grunde auf einer im wesentlichen übereinstimmenden Art der geistigen Tätigkeit. Dabei muß man die eigentliche Erfinderidee von ihrer besonderen technischen Durchführung und Lösung unterscheiden. Als drittes kommt dann die Ver breitung und Verwertung der Erfindung hinzu, mit der sich bei dem jetzigen Zu stand des Erfinderwesens in der Regel der Erfinder allein abmühen muß, während seine eigentliche geistige Anlage in der Richtung des Erfindens selbst eingestellt ist. Wenn man eine Reihe von einzelnen Erfindungen auf ihre Entstehung unter sucht, so erkennt man, daß die eigentliche Erfinderidee in der Regel zwei Grund elemente enthält, nämlich 1. die Wahrnehmung eines Naturvorganges oder eines in den menschlichen Einrichtungen gegebenen Zustandes, 2. das Bedürfnis, über das Gegebene hinauszugehen und etwas zu schaffen, was den Menschen in der Verwen dung von natürlichen Bedingungen oder in den menschlichen Einrichtungen über Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege. 4