Inhaltsverzeichnis
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Bor wort von Frau Fanny Starhemberg . ^ .............' .
I. Borbenrerkung........................................................
,1. Gründung der Landeskommission für Kinderschuh und Jugendfür-
sorge . ’...................' - - - -......................
2. Beginn der systematischen Ausgestaltung der Säuglings- und Klein-
kinderfürsorge. ................................................ . .
II. Mütterberatungsstellen...............................................
1.. Tabelle der bestehenden Beratungsstellen.......................
2. Kostentragung...........'...................................... .
3. Die Hauptaufgabe und der Schwerpunkt der Tätigkeit der Mütter-
beratungsstellen ..................................................
4. Mitarbeit der Hebammen ........................................
5. Lebensmittelbelieferung . ........................, ... .
6. Schwangerenfürsorge............................................ .
7. Ausgabe von Stillbeihilfen ....................................
8. Die Besucherzahl der Mütterberatungsstellen.................. . .
9. Buchführung und Monatsausweis '..................................
10. Hausbesuche....................................................
11. Der nachweisbare Erfolg der Mütterberatungsstellen Tabelle
München, Prof. Heker)'^ . . ü*. . . . . . . . . . ... . 13,.
III. Mutterschulung .......................................................
1. Wanderkurse über Pflege und Ernährung des Säuglings und Klein-
kindes . ..........................................................
2. Der Unterricht in Säuglingspflege an den Mädchenschulen . . .
3. Vorträge und Lichtbildervorführungen....................... . . .
IV. Propaganda............................................................
1. Borträge................ . ... . . ................... . . . . .
2. Die Tagung über die Fragen der Säuglings- und .Kleinkinder-
fürsorge in Linz am 26. und 27. Juni 1919 . . . ...................
V. Entsendung von Oberösterreicherinnen zur Fürsorgeausbildung .
VI. Die geschlossene Fürsorge für Mutter und Kind.........................
VII. Auflösung der Landeskommission für Kinderschutz und Säuglingsfür-
sorge ......................... . ..................................
Anhang.
I.-Auszug aus dem Reichsgesehblatt (Deutschland) vom 26.. September 1919
(Reichsgesetzblatt S. 1767) über Wochenhilfe und Wochenfürsorge. . .
II. Verzeichnis des Unterrichtsmaterials für einen Wanderkurs in Pflege.und
Ernährung der Säuglinge und Kleinkinder . . ........ . . . . ...
III. Informationen für die Vorarbeiten zur Abhaltung des Wanderkurs.es . .
IV. Merkblatt zur Errichtung von Mütterberatungsstellen
. Monatsausweis............... . ... . . . .
V. Literatur und Zeitschriften ......................
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Vorwort.
Das Bändchen über Säugtingsfürsvrge in Oberösterreich, das hier
vorliegt, möge bei allen, die es in die Hand bekommen, freundliche Auf-
nahme finden.
Niemand war besser dazu berufen, diesen Bericht zu schreiben, als
die Verfasserin, die nicht nur den reichen Schatz ihrer Erfahrungen und sel-
tener Fachkenntnis, sondern auch ein Herz, voll Liebe und Verständnis
für die sozialen Zeitfragen in ihren Wirkungskreis mitgebracht hatte.
Was sie hier bahnbrechend für Mutterschutz Und Säuglingsfürsorge
geleistet hat, wird in Oberösterreich unvergessen bleiben.
Das schlichte Büchlein, so klein und unscheinbar es ist, gibt Zeugnis
von ehrlicher Arbeit, die in treuer Pflichterfüllung, warmer Liebe und ehr-
licher Begeisterung geschaffen wurd^, in harmonischem Zusammenwirken
aller jener Faktoren, die von Natur aus in erster Linie dazu berufen er-
scheinen, Jugendfürsorge zu betreiben und sich der Schutzbedürftigen an-
zunehmen.
-Was gibt es Hilfsbedürftigeres als das kleine Kind, das für alle seine
Lebensbedürfnisse, für jeden Handgriff auf die Hilfe anderer angewiesen
ist? Diesen -Kleinsten und Hilfsbedürftigsten unserer Heimatgenossen, ihrem
Wohls, ihrem Interesse lvar die Tätigkeit der ersten Sektion der Landes-
kommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Oberösterreich geweiht.
Wir hatten dabei nur das eine Ziel vor Augen, aus dem Elend unserer
Zeit der geliebten Heimat ein gesundes Geschlecht zu erretten, in der Er-
kenntnis, daß körperliche Gesundheit auch die beste Gewähr für eine nor-
male geistige und seelische Entwicklung des Menschen bietet.
Durch die Gründung des oberösterreichischen Jugendamtes ist unserer
Tätigkeit ein jähes Ende gesetzt worden. Unsere heißesten Wünsche be-
gleiten die Entwicklung der Säuglingsfürsorge und des Mutterschutzes
in Oberösterreich.
Möge das Samenkorn, das wir gelegt haben, aufgehen und tausend-
fache Früchte tragen, zum Wohls und Segen Oberösterreichs.
Linz, 14. April 1920.
Fanny Starhemberg.
I. Memertuno.
Tie Landeskommiffion für Kinderschuh und Jugendfürsorge wurde
in Oberösterreich im Dezember 1916 gegründet. W
Nach den Statuten der Landeskommission war als Tätigkeitsgebiet
die planmäßige Erhebung der Ursachen und Erscheinungsformen der Ver-
wahrlosung der Jugend und die Evidenzhaltung aller bestehenden Vereine
und Festsetzungen allgemeiner Grundsätze siir die Jugendfürsorge geplant.
Der durch den Krieg bedingte rapide Geburtenrückgang, die Stei-
gerung der Säuglingssterblichkeit, der völlige Mangel an Einrichtungen
zu ihrer Bekämpfung veranlaßte den Hauptausschuß, dieser Frage erhöhte
Aufmerksamkeit gu schenken.
Mit 1. Oktober 1917 wurde die systematische Ausgestaltung der
offenen Säuglings- und Kleinkinderfürsorge im ganzen Land vorn Arbeits-
ausschuß der Landeskommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge be-
schlossen und die Durchführung der Sektion I für Säuglings- mrd Klein-
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kinderfürjorge unter der Leitung der Frau Fürstin Fanny Starhem-
berg übertragen.
Um eine sichere Grundlage zu schaffen, wurden statistische Vor-
arbeiten durch die statistische Zentralkommission und das Landessanitöts-
referat geleistet. Oberösterreich hatte vor dem Kriege eine Sterblichkeits-
ziffer von 22% irrt Durchschnitt. Einzelne Bezirke aber weisen eine Sterb-
lichkeit der Kinder im 1. Lebensjahre von 27 und 28% auf. Auch die Sterb-
lichkeit der Kinder im 1. Lebensmonate ist.groß. Während für Oesterreich
der Durchschnitt 7% ist, ist er für Oberösterreich 9°7%. Doch gibt es in
Oberösterreich Bezirke, wo von 100 geborenen Kindern 12 vor Ablauf
der ersten vier Wochen sterben.
Die unbedingte Notwendigkeit der Einführung von Maßnahnien
zutn Schutze der jüngsten Kinder war somit bestätigt.
In der Folge wurde die Einführung der Berufsvormundschaft im
ganzen Lande angestrebt und durchgeführt. Zugleich bemühte sich die Landes-
kommissivn, Fürsorgerinnen zu gewinnen, wobei sie bedacht war, nur aus-
reichend geschulte Kräfte anzustellen, und zwar Fürsorgerinnen mit dem
Staatsdiplom in der Krankenpflege und dem staatlichen Fürsorgediplom, oder
dem Diplom der Reichsanstalt für Mutter- und Säuglingsfürsorge in Wien.
Auf Anregung der Leiterin der Sektion I, Fürstin Fanny Star-
hemberg, wurde ich iw Oktober 1918 von der Landeskommission für die
Organisation der Säuglings- und Kleinkinderfürsorge int Lande Ober-
österreich bestellt.
In der Denkschrift von Deutschlands Spende für Säuglings- und
Kleinkinderfürsorge steht zu lesen: „Bei der Säuglingsfürsorge ist nicht
das Schwergewicht darauf zu legen, das etwas gemacht wird, sondern
daß das, was gemacht wird, richtig und planmäßig vor sich geht. Es gibt
heute schon zahlreiche Gemeinden, die gerne die Säuglingsfürsorge ein-
führen möchten, sie wissen bloß nicht, wie sie es beginnen sollen und was
zu tun ist. Hier zu raten und zu organisieren ist eben Aufgabe der Zentral-
stelle."
Es mehrten sich auch in Oberösterreich die Anfragen an der Zentral-
stelle in Linz von Frauenvereinen, Kinderschutzvereinen um Einführung der
Säuglingsfürsorge in ihrem Orte oder Bezirke und es wurde eine be-
sondere Aufgabe der Landeskommission, die Gründung von Zweigstellen
und Fürsorgeausschüssen in solchen Fällen mit Rat tmd Tat zu förberu.
Für alle Zweige der Fürsorge erscheint mir von größter Wichtigkeit,
daß die Landesstelle im regen persönlichen Verkehr mit den Zweigstellen
und örtlichen Fürsorgeausschüssen steht.
Besonders aber gilt dies von einem Zweig der Fürsorge, der Säug-
lingsfürsorge, da die Ideen der tnodernen Säuglingsschutzbewegung am
Lande, je weiter die Orte von der Stadt abliegen, teils ganz fremd
oder oft mit.irriger Auffassung und Deutung verbreitet sind.
Ich sah es daher für meine Hauptaufgabe an/durch mündlichen Verkehr
erst eine rege Werbetätigkeit für die neuen Fürsorgeeinrichtungen und
persönlichen Einfluß, bei den maßgebenden Faktoren an Ort und Stelle
zu üben.
Auch späterhin erwies es sich als Praktisch, durch mündlichen Ver-
kehr zwischen Landesstelle und Zweigstelle zu vermitteln. Der mündliche
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Verkehr ermöglicht nicht nur eine raschere Durchführung mancher An-
gelegenheit, ja es-gibt Angelegenheiten, die sich nur bei mündlicher Be-
sprechung lösen lassen.
Eine systeniatische, wohlorganisierte SäuglingsfürsorgeFür das ganze
Land ist nur zu erreichen, wenn an allen Zweigstellen eine einheitliche
Arbeit geleistet wird.
Es werden sich in Bezug auf die Durchführung der Arbeiten in den
einzelnen Bezirken Verschiedenheiten ergeben, die Art der Arbeit über
wird die gleiche sein.
Als ganz außerordentlich notwendig erweist sich die lebhafte Fühlung-
nahme zwischen der Landesstelle und den einzelnen Fürsorgerinnen.
Eine Fürsorgerin, die einen Bezirk zur Bearbeitung neu übernimmt,
ist wie ein Pionier.
Den Halt gegenüber dem Fürsorgepnblikum sollen ihr neben ihrem
eigensten Bestreben, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, der
leitende Arzt der Fürsorgestelle, die Gemeindevorstehung, die Gerichts-
und Schulbehörde, die geistlichen Behörden geben. 'Wie viele Schwierig-
keiten großer und kleiner Natur tauchen jedoch auf, für die sie nur bei der
Landesstelle Gehör und Verständnis finden kann!
Die -Fürsorgerinnen in der Zeit der Mutlosigkeit zu stützen, durch
Ueberbringung guter Nachrichten und Schilderung des Vorwärtsschreiten^
von anderen Fürsorgestellen im Lande zu neuem Kampf zu stärken, An-
erkennung zu zollen mit dem Verständnis des Fachkundigen, der nur zu
gut unterrichtet ist, wie mühsam es ist, Steinchen für Steinchen zusammen-
zutragen zu dein Gebäude, das wir Fürsorge für Mutter und Kind nennen,
halte ich für ein freudiges Zusammenarbeiten aller als unumgänglich
nonoendig. ,
In diesem Sinne übte ich auch meine Aufgabe als Aufsichtsorgan
der Fürsorgerinnen aus. Leider machten es die ungünstigen Bahnver-
bindungen und die hohen Bahntarife unmöglich, eine Einrichtung, deren
Nutzen ich während, meiner Dienstzeit an der Zentralstelle in Hessen kennen
lernen konnte, auch hier durchzuführen: das sind regelmäßig alle 14 Tage
wiederkehrende Versammlungen der Fürsorgerinnen.
In diesen ist einerseits den Fürsorgerinnen Gelegenheit gegeben,
über ihre Arbeit zu referieren, besonders schwierige Fälle können ein-
gehend besprochen und beraten werden, anderseits erhalten die Fürsor-
gerinnen durch die Geschäftsstelle Kenntnis von deren Arbeiten, wodurch
das Zugehörigkeitsgefühl der Fürsorgeorgane zum ganzen Werk eine
mächtige Förderung erfährt.
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II. lutterMungsfMen.
Im Mittelpunkt der Bekänrpfungsrnaßnahmen gegen die Sänglings-
sterbchchkeit stehen die Mütterberatungsstellen. So wendete die Landes-
kom Mission der Errichtung solcher Stellen ihr Hauptaugenmerk zu.
Von: leitenden Arzt und der Fürsorgerin hängt es ab, ob die Mütter-
beratung das wird, was sie sein soll, ein Sammelpunkt, wo alle Fragen,
die Mutter und Kind betreffen, zur sachgemäßen Beantwortung und
Erledigung gelangen. Wenn auch die Beratungsstellen bemüht sind, den
stillenden Müttern Lebensmittelzubußen für Kinder, Nährmittel und
Wäsche zu verschaffen, die ärztliche Beratung muß im Vordergrund stehen.
Dort, wo dre Mütter noch fragen: „Wann wird wieder etwas ausgeteilt?"
statt: „Wann ist wieder ärztliche Beratung?" ist der Sinn dieser Einrich-
tung noch nicht erfaßt.
Der Errichtung der Fürsorgestellen stellten sich während der Kriegs-
und späteren Zeit nicht unerhebliche Schwierigkeiten entgegen:
1. Wegen Ermangelung an Aerzten als Leiter der Stellen,
2. „ „ geeigneter Räume zur Abhaltung der Be-
ratungsstunde,
3. „ „ der notwendigen Fürsorgerinnen.
Mit Geduld und Ansdauer sind diese Schwierigkeiten behoben worden.
Nachstehende Tabelle führt die im Lande bestehenden Mütterberatungs-
stellen an:
Ort Leitender Arzt Fürsorgerinnen Datum d. Errichtung
1. Mutter- Wurde von der Kommission errichtet. Juni 1917
beratnngs- Da die Genwinde Linz ein eigenes
stelle Linz Jugendamt errichtete, diesen: über-
geben
2. Wels Wurde über Anregung der Kommst-. Nov. 1918
sion vom Kinderschuhverein-Wels er-
richtet. Um die Aktion zu untersttitzen,
- stellt die Konunission die Fürsorgerin
Olga Juntes zur Ber Fügung
3. Steyr Dr. Anton Mayer K. Hirschvogel 1,/2. 1918 ^
4. Kleinmünch. Dr. Jos. Meschede K. Jung 18../5. „
5. Ried Priin. Dr. Ortner M. Sperl 29./ü. „
seit 1919 seit 1919
' Dr. M. Gerhartinger Th. Rogner
6. Gmunden Dr. Narbeshuber ! H. Bannert 1/6. „
7. Garsten Dr. Holub ■ K. Hirschvogel 29. /8. „
8. Schärding Prim. Dr. Fuchsig i E. Weixel- 29./10.
Dr. Holzinger barnner » ' '' ' 'Ff ' |
9
Ort Leitender Arzt Fürsorgerinnen Datum -.Errichtung
9. Urfahr Dr. Deißinger H. Schmidt l./ll. 1918
10. Ebensee Dr. Nobel F. Seitz M. Liebegg 7./II. » |
11. Steyrermühl Dr.. Schweitzer H. Bannert 7./1. 1919
12. Sierninghof. Dr. Büchl K. Hirschvogel 8./1. „
13. Sierning Dr. Peßl K. Hirschvogel 18./I. „
14. Braunau Dr. Kriechbaum V. Hurtig April „
15. Grünburg Dr. Girzikovsky Chr. Reischen- böck Juni
16. Eferding Dr. Reinhardt, Bezirksarzt V. Mak Juli
17. W.-Garsten Dr. Janzus M. Hagedorn I. Heiß 24./8. „
- 18. Kirchdorf Dr. v. Samern, Oberbezirksarzt 22./9. „
19. Ternberg K. Hirschvogel > F. Saitz R. Kißling Oktob. „
20. Weyer Dr. Karl Luxer 22./10. „
21. Ischl Dr. Herrmann Feber 1920
22. Traun Dr. Fürbaß Anna.Grosam In Vorder.
23. Mottn Dr. Bauer Ch.Reischenböck I. Heiß rr
24. Pettenbach Dr. Man. Pogner n
25. Grieskirchen Dr. Engel H. Skach Jänn. 1920
26. Urfahr-Land L. Kitzler April 1920
Als Fürsorgerin ist weiter noch angestellt: Fräulein Marianne Schrack.
Wenn sich auch der Neugründung jeder Fürsorgestelle große Schwierig-
keiten entgegenstellten, der Weg erst gebahnt, das Verständnis gesucht wer-
den mußte, so kann man sagen, daß wir bald überall freundliches Entgegen-
kommen, nach einiger Zeit auch Förderung und Unterstützung fanden.
Die Kostentragung stellte sich bisher folgendermaßen dar: Die Für-
sorgerin, das ärztliche Honorar, Neuanschaffung der Instrumente, Pflege-
behelfe, Drucksorten, ■ Kontrollbögen, Kinderwage stellte die Landeskom-
mission zur Verfügung. Für das Lokal zur Abhaltung der Beratungs-
stunden, dessen Heizung, Beleuchtung und Reinigung sorgten mit wenigen
Ausnahmen die Genreinden, in einzelnen Fällen auch Vereine und
Stiftungen.
Die ergänzende Fürsorge, das heißt die Beschaffung von Wäsche,
von Wanderkörben, Hautpflegen, übernahmen die Frauenvereine, dort,
wo keine solchen vorhanden waren, bildeten sich im Anschlüsse an die Be-
ratung Frauensektionen.
Es eröffnet sich hier den Frauen-Organisationen ein reiches Feld der
Tätigkeit und es wäre dringend notwendig, daß an allen Orten ein edler
Wettstreit auf diesem Gebiete der Hilfstätigkeit sich entwickelte.
Zwei Organisationen soll an dieser Stelle der- wärmste Dank aus-
gesprochen werden; der Katholischen Frauen-Organisation in Linz, welche
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allen unseren Wünschen bezüglich Anfertigung von Säuglingswäsche ein
freundliches Ohr geliehen, und dem Verein Fraueninteressen in Linz,
der es der Beratungsstelle Urfahr ermöglichte, in der schwersten Zeit an
Kinder unentgeltlich Milch abzugeben und vielen Wöchnerinnen Haus-
pflegen zu verschaffen.
Dre Beratungsstellen sehen ihre Hauptaufgaben in der Vorbeugung.
Das erst ist wirksame Fürsorge, nicht, daß wir warten, bis uns die kranken
Kinder gebracht werden, sondern daß wir hingehen und zu verhindern"
suchen, daß die gesund und kräftig geborenen Kinder krank und schwäch-
lich werden.
Der Schwerpunkt in der Tätigkeit der Beratungsstellen wird auf die
Förderung der natürlichen Ernährung gelegt.
Es ist notwendig, so frühzeitig als nur möglich von allen in den Für -
sorgebezirken erfolgten Geburten Kenntnis zu erlangen.
Die Meldung der unehelichen Kinder durch die Hebammen an die
Berufsvormundschaft auf eigens dieser zur Verfügung gestellten Druck-
sorten erfolgt ziemlich klaglos. Eine lückenlose, frühzeitige Meldung der
ehelichen Kinder konnte bis jetzt nicht überall erreicht werden.
Die Mitarbeit der Hebammen in der Säuglingsfürsorge ist für diese
Bewegung eine Lebensfrage; denn besonders auf dem Lande, wo bisher
die Hebamme die einzige und anerkannteste "Beraterin der Mutter war,
ist ihr Einfluß unbeschränkt.
Mit Beschluß der Arbeitsausschußsitzung vom 23. Juni 1919 hat die
Ländeskommission die Mitarbeit der Hebammen an den Beratungsstunden
selbst gesichert, was in Hinkunft von. großem Werte sein wird, da durch die
Teilnahme an den Beratungsstunden den Hebammen Gelegenheit geboten
wird, diese Neueinrichtung aus eigener Anschauung kennen zu lernen, wo-
durch sie den Besuch der Beratungsstelle den Müttern wieder leichter an-
empfehlen können. Für den Zeitverlust erhalten die Hebammen eine Geld-
entschädigung.
Auf Vorschlag der Bezirksärzte erhalten auch Hebammen, die sich
besonders um die Verbreitung der natürlichen Ernährung verdient gemacht
haben, eine Anerkennung. Es wurden dafür im Jahre 1918 X 1200 aus-
gegeben und im Voranschlag diese Summe für das Jahr 1919 auf K 3000;—
erhöht.
Im Wege des Laudeswirtschaftsamtes wurden die Mütterberatungs-
stellen mit Kindernährmitteln, Reis, Grieß, Hafermehl in ausreichender
Menge beliefert. In Zeiten, wo alle Zuckerzufuhr stockte, konnte weißer
Zucker für die Säuglinge, wenn auch in sparsamster Weise und nur auf
ärztliche Verordnung, abgegeben werden.
Die stets schwieriger werdenden Ernährungsverhältnisse machten
die Inangriffnahme der Schwangerenfürsorge immer dringlicher. Nach
Vereinbarung mit der Bezirkshauptmannschaft wurden an einzelnen Be-
ratungsstellen, wie z. B. Gmunden, die den Schwangeren zustehenden
Lebensmittelzubußen dort ausgegeben. Dadurch werden die Beratungs-
stellen in den Stand gesetzt, einen, wenn auch nicht ganz lückenlosen Schwan-
gerenkataster zu führen. Die Fürsorgerin kann schon die Schwangere
über den Wert der natürlichen Ernährung aufklären. Die Frau, welche im
schwangeren Zustande die Fürsorgestelle aufsucht, wird sich dann auch für
ihr Kind dort Rat holen.
Es wird eine der nächsten Aufgaben der Sänglingsfürsorge in Ober-
österreich sein, die Führung eines Schwangerenkatasters gleichmäßig für
alle Beratungsstellen zu organisieren. ,
Die Ausgabe von Stillbeihilfen konnte nicht gleichermaßen an allen
Beratungsstellen durchgeführt werden. An jenen Beratungsstellen, wo
solche zur Ausgabe gelangten, erhielten die Blätter, die ihr Kind selbst
nähren, nach Ablauf von drei Monaten K 20—, nach weiteren zwei Monaten
K 20'— und nach nochmals zwei Monaten, wenn sie ihr Kind stillen, K10'—,
im ganzen K 50'—.
Konnex die in so beschränktem Maße gewährten Stillbeihilfen Nutzen
bringen?
In dem einzelnen Falle gewiß, die Säuglingssterblichkeit üu all-
gemeinen wird man mit solchen Mittelchen nicht bekämpfen.
Das bestgepflegte Kind, ist es falsch ernährt, zeigt kein Gedeihen;
nur die natürliche Ernährung ist. richtige Ernährung und alle Fürsorge-
bestrebungen müssen dieser Tatsache Rechnung tragen. Die Stfllfrage, ist
keine Privatangelegenheit der einzelnen Mütter, sie müßte Angelegenheit
des stanzen Volkes sein, weil ihr eine eminent völkische, innerpolitische
Bedeutung innewohnt. Wird diese Tatsache aber unerkannt, so'ist Voraus-
setzung^ daß der Frau die Möglichkeit gegeben wird, dem Stillgeschäft,
ihrer; Stillpflicht nachzukommen. Und dies wird nur durch eine groß-
zügige, alle Frauen umfassende Mutterschaftsversicherung erreicht
werden.
Die hessische Zentrale hat es immer und überall betont:
„Die Leistungen der Krankenversicherung bilden das ' Fun-
dament aller Bestrebungen, die die Lage von Mutter und
Kind bessern können."
Die Novelle vom Krankenversicherungsgesetz vom 4. April '1917
bringt Bestimmungen, die vom Standpunkte des Mutterschutzes wichtig
sind und einem kleinen.Kreis von Frauen Wochengeld für sechs Wochen
und Stillgeld für zwölf Wochen gewähren.
Ein großer Teil der Frauen, ländliche Arbeiterinnen, Dienstboten,
sind in diese Versicherung nicht einbezvgen, darunter viel uneheliche Mütter.
Wir können es an unseren ländlichen Beratungsstellen, trotzdem ein Ueber-
Znkommen mit den Krankenkassen besteht, beobachten, wie wenig Mütter
es sind, die auf Grund der Krankenversicherung zur Stillkontrolle den Be-
ratungen zugewiesen werden können. In Deutschland war es möglich,
die im Kriege entstandene Reichswochenhilfe, deren Wirkungen sich als
ganz außerordentlich erwiesen, als eine Friedenseinrichtung weiter zu
führen. In einem Anhang dieser Schrift sind die Bestimmungen des
deutschen Reichsgesetzes vom 26. September 1919'über Wochenhilfe und
Wochenfürsorge wiedergegeben.
Man hört oft von der Abnahme der Mutterliebe reden, von der
Säumigkeit der Frau gegenüber ihren natürlichsten Mutterpflichten. Lassen
wir den Frauen erst wieder mehr Zeit, Mutter zu sein, beheben wir erst
einmal, die durch die außerhäusliche Arbeit der Frau so gesteigerte Not
der Mutterschaft durch ausreichende, zweckmäßige, soziale Einrichtungen,
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dann, werden auch jene grauenvollen Schatten, die infolge Trennung von
Mutter und Kind auf den kaum begonnenen Lebensweg so vieler neuer
Erdenbürger fallen, verschwinden.
Mutterschaft wird nicht mehr bloß Last bedeuten, sondern Lebens-
freude in sich schließen.
Wird es nicht möglich sein, daß unsere jetzt wahlberechtigte Frauen-
welt die Forderung nach ausreichender Sicherstellung der Lebenshaltung
jeder Frau für die erste Zeit der Mutterschaft laut genug erhebt, um gehört
zu werden, gehört, damit endlich eine alte Schuld gegenüber dein Volke
abgetragen werde, eine Schuld, deren Folgen gleichermaßen beide Ge-
schlechter treffen?
Die Besucherzahl der Beratungsstellen ist überall ini Wachsen be-
griffen und beträgt an den Stellen mit größerer Einwohnerzahl 36 bis
70 Mütter mit ihren Kindern, mit kleinerer Einwohnerzahl 20 bis 40 Mütter
pro Beratungsstunde. Außer der ärztlichen Beratungsstunde werden von
der Fürsorgerin zweimal wöchentlich Kanzleistunden abgehalten, in denen
die Parteien Rat und Auskunft über Ernährung, Bekleidung, Milchzu-
wejsung, Vormundschaftsangelegenheiten, Stillprämien, Kostplatzvermitt-
lung, Hauspflegen finden. Die Fürsorgerin wählt dazu gerne den Sonntag-
Vormittag, weil jene Frauen, welche aus der Umgebung zum Gottesdienste
kommen, die Gelegenheit benützen, sich den Rat der Fürsorgerin zu gleicher
Zeit einzuholen.
Die Führung der Mütterberatungsstelle ist leider mit viel Schreib-
arbeit für die Fürsorgerin verbunden. Die durch die Zeitumstände immer
im Steigen begriffene Ausgabe, respektive Verrechnung von Lebensmitteln
mehrt diese Arbeit sehr. Die Buchführung ist für alle Beratungsstellen
gleichmäßig durchgeführt und werden hiezu folgende Hilfsbücher ver-
wendet:
1. Das. Hausbesuchsbuch,
2. Geburtenanzeigen,
3. Totenregister,.
4. Frequenzliste,
5. Aufnahmebuck»,
6. Monatsausweis,
7. Lebensmittelbuch,
8. Kassebuch.
Ueber den Umfang ihrer Tätigkeit erstattet die Fürsorgerin durch
einen Monatsausweis, welcher in Form eines Fragebogens gehalten ist,
der Landeskommission Bericht. Die Beratungsstellen arbeiten in enger
Fühlung mit dem Berufsvormunde.
Als die wichtigste, aber auch schwierigste Aufgabe im Fürsorgedienst
müssen wir die Hausbesuche bezeichnen. Es werden alle zur Meldung ge-
langenden Kinder baldmöglichst nach der Geburt aufgesucht und in regel-
mäßigen Zeitabschnitten wieder besucht, dabei auf die sozial oder pflegerisch
am meisten gefährdetsten besonderes Augenmerk gelegt.
Die Aufnahme, die die Fürsorgerin findet, ist recht verschieden. Dort,
wo die Hebamme die Mutter schon auf den kommenden Besuch der Für-
sorgerin aufmerksam gemacht hat, geht es verhältnismäßig leicht. •
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Schwieriger ist es schon, wenn sie unvorbereitet kommt. Am schwierig-
sten, wenn, wie eine Schutzmauer gegen fremden Einfluß, Basen und Tanten
die Mutter umgeben und beraten. Und es kann wohl vorkommen, daß der
Fürsorgerin aus einem großmütterlichen Munde die höfliche Abfuhr wird:
„Mir brauchen dös net, für so neumodisch Zeugs haben wir ka Zeit net."
Doch es soll vorgekommen sein, daß gerade jene, die so abweisend
waren, wenn das Kind erst tüchtig durch die „alte Mode" verdorben war,
ausgiebig die Hilfe der Fürsorgestelle in Anspruch nahmen.
Es ist selbstverständlich, daß bei den Hausbesuchen die Ausmerksam-
keit der Fürsorgerin nicht der Mutter und dem Säugling allein gilt, sondern
Stillfreauenz
in und außer Fürsorge.
Jm Jahre 7975 wurdenJn München gest/7/b
von je WO ehelichen Säuglingen V/Z7//M
' ' WO unehelichen Säuglingen
' ' WO SäunUnoen iihprhn//nf
die Fürsorge,im wahrsten Sinne des Wortes als Familienfürsorge ge-
handhabt werden muß, ob die notwendige Hilfe nun in das Gebiet der
Jugendfürsorge, Schulfürsorge, Trinkerfürsorge oder Tuberkulosenfürsorge
fällt. Eine Trennung dieser Fürsorgen auf den: sLande wäre ganz
ausgeschlossen. Von dem taktvollen und technisch gut durchgedachten
Vorgehen bei den Hausbesuchen hängt nach der ärztlichen Beratung wohl
der Hauptteil des Erfolges der Fürsorgeaktion ab.
Die Zahl der Hausbesuche einer Fürsorgerin am Lande be-
trägt jährlich durchschnittlich 1200. Der Kundige, welcher die Beschwer-
lichkeiten und Entfernungen der Weges insbesondere in gebirgigen Gegenden
kennt, wird zugeben, daß dies eine ansehnliche Leistung darstellt, ob-
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Wohl sie weit hinter der Zahl 2500 bis 3000 jährlicher Hausbesuche zurück-
bleibt, wie sie von einer städtischen Fürsorgerin geleistet werden können.
Die Erfolge einer gut organisierten und betriebenen Säuglingsfürsorgestelle
sind nachweisbar und lassen sich zahlenmäßig erfassen: 1. In Bezug auf
den Rückgang der Säuglingssterblichkeit der in Fürsorge stehenden Kinder
und 2. in Bezug auf die Erhebung der Stillziffer unter den Beratungs-
müttern.
Die' Fürsorgestellen in Oberösterreich bestehen noch zu kurze Zeit,
als daß ausreichendes Material für einen statistischen Nachweis nach dieser
Säuglingssterblichkeit dßd_ Fürsorge.
München 1915.
Von je WO Lebendgeborenen starben im 1. Lebensjahre-
eheliche V7777/77A
uneheliche t
überhaupt HH
AHe Münchener
Kinder
Jn Fürsorge Außer Fürsorge
-
|
f|
Richtung hin schon vorhanden wiche. Als bloße Beobachtung werden uns
diese Erfolge von allen Aerzten der Beratungsstellen gemeldet.
Diesem Anzeichen im eigenen Lande Glauben zu schenken und auf
dem eingeschlagenen Wege weiter zu schreiten,' ermutigen uns besonders
beigegebene Tabellen.
Sie sind einem Aufsatz von Professor Dr. Hecker-München, welchen der-
selbe in derZeitschrift für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge, Jahrgang X I.
Heft 12, veröffentlicht, entnommen.
III. MlIltMlIlW.
Die Aufklärungs-^und Belehrungsarbeiten, wie sie durch die Aerzte
in den Beratnngsstunden und bei den Hausbesuchen durch die Fürsorgerin
geleistet werden, finden eine wertvolle Ergänzung und Unterstützung;
1. durch Wanderkurse über Pflege und Ernährung des Kindes;
*2. durch den Unterricht in Säuglingspflege in der Schule;
3. durch Einzelvorträge und Lichtbildvorführungen über Säug-
lingspflege und Läuglingsfürsorge.
1. Wanderkurse.
In den Beratnngsstnnden und während der Hausbesuche haben wir
Gelegenheit, immer von neuem die große Unkenntnis der Mütter aller
Schichten auf den: Gebiet der Kinderpflege und Ernährung festzustellen.
Die Unkenntnis der Mütter ist es nur,Zu oft, welche die Kinder zu Tode '
füttert und zu Tode pflegt.
Man kann es nur schwer verstehen, daß bisher kaum etwas geschehen
ist, die Frauen für den Beruf als Frau und Mutter vorzubereiten.
Unsere Zeit verlangt immer mehr auf allen Gebieten Qualitätsarbeit
und trachtet nach Verbesserung der Vorbildung in allen geistigen und ma-
* Mellen Berufen aus der Erkenntnis heraus, je besser die Vorbildung,
desto besser die geleistete Arbeit. Nur die Mutter darf Kinder groß ziehen,
ganz unvorbereitet auf ihre Arbeit und diese ist ungleich verantwortungs-
voller und vorn Standpunkt der Volkswirtschaft bedeutungsvoller als
jede andere Berufsarbeit, denn die Mutter soll mit ihrer Arbeitsleistung
den Grundstein zur körperlichen rrnd geistigen Gesundheit eines neuen
Menschen legen.
Wie viele Briefe erhalte ich von Großmüttern, in welchen diese mich»
um Vermittlung voll Pflegerinnen für ein zu erwartendes Kind ihrer
rochier ersuchen. Und immer heißt es: „Die Pflegerin wird ganz sreieHand
haben, meine Tochter versteht gar nichts von der Kinderpflege." Liegt
darin nicht ein Armutszeugnis für zwei Generationen?
Die so aufrichtig, ihre Unfähigkeit gestehenden Frauen, die nach
fremder Hilfe als Vertretung für ihre schönsten heiligsten Pflichten suchen,
sie waren sich wenigstens der Verantwortung bewußt.
Es gibt aber Frauen, welche, meinen, mit dein Amt kommt der Ver-
stand, und ohne Belehrung zu suchen, fest darauf losprobieren, bis der feine
Mechanismus unter ihren Händen den ersten Schaden erlitten hat, oft ein
Schaden, der dann dem Kinde treu bleibt bis ins Schulalter hinein und
weiter. '
Die Förderung nach gründlicher Schulung der Frauen für ihren
Mutterheruf kann nicht laut genug erhoben werden, ich wage es auszu-
sprechen, daß die durch Unkenntnis der Mütter den Kindern
zugefügte Körperbeschädigung gleichbedeutend ist der Fahr-
lässigkeit gegen das Leben anderer, welch letztere Handlung
als strafbar angesehen wird.
16
Durch den Unterricht in ben Wanderkursen können nur Lücken in
der bisherigen Frauenerziehung ausgefüllt werden. Der Unterricht ist
schwere Arbeit, er bedeutet für die Frauen ein Umlernen von Mutter und
Großmutter übernommener Gewohnheiten und Sitten, für die Lehrerin
in jedem Kurs den gleichen Kampf gegen Bestehendes, bisher Geübtes.
Und trotzdem, welche Freude, welcher Eifer, entwickelte sich in den
Kursen schon in den paar ersten Unterrichtsstunden auf beiden Seiten!
Sowohl Lehrerin als Schülerinnen sind gefangen genommen vom Unter-
richtsstoff und jeder Wanderkurs schloß mit dem aufrichtigen Bedauern
der Frauen und Mädchen, wenn die letzte Unterrichtsstunde herannahte,
einer so großen Beliebtheit erfreuten sich die Kurse allerorts.
Bisher wurden Kurse für Frauen Und Mädchen abgehalten in:
Sierning, Steyrermühl, Wels, Grieskirchen, Schärding, Braunau, Ried,
Gmunden, Ebensee, ferner in Linz für die Schülerinnen der sozialen Frauen-
schule und für die Schülerinnen der Haushaltungsschule der Katholischen
Frauen-Organisation. Der Unterricht wird erteilt durch eine eigens
zu diesem Zweck von der Landeskommission angestellte Wander-
lehrerin. Diese ist Lehrerin und besitzt das Diplom der allgemeinen
Krankenpflege und Fürsorge. Der Unterricht erfolgt theoretisch und prak-
tisch. Es steht ein reichhaltiges Kursmaterial zur Verfügung, das von der
Wanderlehrerin von Kurs zu Kurs ergänzt.und verbessert wird. In zwölf
Doppelstunden werden nicht iin lehrhaften Ton, sondern mehr in Frage
und Antwort alle wichtigen Themen dex Kinderpflege und Ernährung
durchgenommen. Das Wickeln, das Baden, das Kochen der Kindernahrung °
wird geübt, Schnitte für Kinderwäsche und Kleidung gezeichnet. Die Teil-
nehmerinnen, welche den Kurs regelmäßig ohne Versäumnis besuchen,
erhalten an: Schlüsse über die Teilnahme* am. Kurse eine Bescheinigung
ausgestellt. Die Anmeldungen zu den Kursen waren bisher an allen Orten
so zahlreich, daß Nachmittags- und Abendkurse gehalten werden mußten.
Die Abhaltung der Wanderkurse erfordert eine ganze Reihe von
Vorarbeiten, welche von der Zentralstelle geleistet wurden. Es handelt
sich hier vornehmlich um die Festsetzung der Zeitpunkte für den
Beginn der Kurse, Bereitstellung eines geeigneten Lokales, um die Siche-
rung. der teilweisen Kostentragung durch. Vereine und Körperschaften des
Ortes, in welchem der Kurs stattfindet.
Erst nach Erledigung dieser Vorfragen nahn: ich persönlich Rück-
sprache mit dem Veranstalter und leitete die mündliche Propaganda durch
Besuche bei Lehrerschaft, Geistlichkeit, Gemeindevorstehung, Aerzten und
Hebammen ein. Diese Propaganda wurde im Falle, als eine Fürsorgerin
vorhanden war, von dieser lebhaft weiter betrieben.
Die Propaganda hat am besten schon einige Wochen vor dem Kurs-,
beginn einzusetzen. In der Praxis erwies sich das Bedürfnis nach Richt-
linien für diese Vorbereitungsarbeiten als notwendig und so stellte ich die
auch im Anhang beigegebene „Information" zusammen, auf welche ich
an dieser Stelle hinweisen möchte.
17
2. Säuglingspflege-Unterricht an den Mädchenschulen.
In letzterer Zeit wurde das Thema „Säuglingspflege-Unterricht"
an den Mädchenschulen in Fachkreisen vielfach erörtert. (Wir weisen hin
auf die Namen Längstem, Rosenhaupt, Rietschet.) Gerne werden zum
Vergleich die guten Erfahrungen, die man in England und Amerika mit
diesem Unterricht genracht hat, herangezogen.
Die Fragestellung lautet:
1. Kann die allgemeine Einführung des Unterrichtes an den Mädchen-
schulen für die Schulung der Frau zum Mutterberuf von Bedeutung sein?
2. Wer ist die geeignete Persönlichkeit, diesen Unterricht zu erteilen?
Ich beabsichtige nicht, im Rahmen dieser kleinen Schrift auf diese
Fragen näher einzugehen.
Nur kurz sei mein Standpunkt fixiert. Jede Fürsorgerin muß er-
fahren, wie namentlich am Lande zur Zeit des Anbaues und der Ernte-
arbeit die Wartung der eigenen Geschwister, sa fremder Kistder, zehn- bis
zwölfjährigen Mädchen völlig anvertraut wird. Kleine praktische Ver-
suche haben'mir gezeigt, wie die Mädchen für die Belehrung auf dein Ge-
biet der Kinderpflege zugänglich und trotz jugendlichen Alters verständig
und ernst sich zeigten.
So finde ich die Unterweisung der Mädchen schon in der Schule
als notwendig, weil sie sonst die Pflege von kleinen Kindern ohne jede
Anleitung zu übernehmen genötigt sind und finde den Unterricht zweck-
mäßig, wenn man von ihm nicht mehr erwartet, als daß er die Grund-
lage für die Uebermittlung der elementarsten Begriffe auf dem Gebiet
der Kinderpflege darstellt, der eine Fortsetzung finden muß in den Fach-
schulen, Hanshaltungsschulen usw. in einer Zeit, da das reifere Alter, denr
Mädchen ein tieferes Eindringen in den Unterrichtsstoff gestattet.
Wer ist für den Unterricht geeigneter, Lehrerin oder Pflegerin? (Ich
bin mir bewußt, daß die Verfügbarkeit der beiden Arten von Lehrkräften
letzten Endes ausschlaggebend für die Uebertragung dieses Lehramtes
sein wird. » Die bessere Eignung könnte der Lehrerin nur dann zugesprochen
werden, wenn sie eine vollständige theoretische und praktische Ausbildung
als Säuglingspflegerin erhalten hat. Ein kurzer Kurs genügt nicht, die
Lehrerin für einen erfolgreichen Unterricht zu befähigen. Denn selbst bei
einer einjährigen Ausbildung fehlt ihr die praktische Erfahrung, die Mög-
lichkeit aus Selbsterlebtem und Erprobten: zu schöpfen, was für den Unter-
richt gerade für jugendliche Personen so wichtig ist. Wäre es da nicht besser,
der erfahrenen Säuglingspflegerin Gelegenheit zu geben, vielleicht durch
Hospitieren an der Schule sich ein gewisses Maß von Lehrgeschick anzu-
eignen.
Das, was ihr an pädagogischen Vorzügen für den Unterricht
trotzdem noch mangeln würde, fände sicher den Ausgleich durch die lebendige
Darstellung des Stoffes. In dieser Richtung aber wird gerade mit der Be-
lehrung auf dem Gebiet „Kinderaufzucht" jener das beste leisten, der von
der Bedeutung der Kinderpflege für die Volksgesnndheit vollständig durch-
drungen und den: die Verbreitung dieser Lehren Lebensarbeit geworden ist.
Einem Ansuchen der Landeskommission zufolge hat der Landesschulrat
in einem.Erlasse vom 3. Februar 1919 den Unterricht in der Säuglings-
pflege an der Mädchen-Bürgerschule im Rahmen des Lehrplanes gestattet.
— 18
Nach Ausarbeitung verschiedener Lehrpläne und ihrer Vorlage bei der
Schulbehörde wurde der erste Versuch mit dem Unterricht im April 1919
in der dritten Klasse der Neustädter Mädchen-Bürgerschule und in der
Kaiser-Franz-Josef-Schule gemacht. Dank des großen Entgegenkommens
bei den Schulleitungen, insbesondere der Frau Direktor Hinghofer, welche
sämtlichen Unterrichtsstunden beiwohnte, war der Erfolg ein außerordent-
licher zu nennen. Der Unterricht wurde ebenfalls theoretisch und praktisch
erteilt. Mit Ernst und Eifer folgten die Mädchen den Ausführungen der
Lehrerin und gaben bei den jedesmaligen Wiederholungen sehr gute Ant-
worten. Der Unterricht erstreckte sich über drei Wochen mit je vier Wochen-
stunden und endete mit einer Schlußprüfung. Erwähnenswert ist, daß
die Eltern der Kinder.sich der Direktion gegenüber äußerten, daß sie es
sehr bedauerten, daß der Unterricht nicht länger währte. In der Folge wurde
der Unterricht an Mädchen-Bürgerschulen, wenn solche vorhanden waren,
in jenen Orten- erteilt, wo der Wanderkurs abgehalten wurde. Erwähnen
möchte ich, daß ein Unterricht in Säuglingspflege an der Mädchenschule
in Wels und an der Mädchenschule in Ischl von dortigen Lehrkräften schon
erteilt wurde. Die Landeskommission hat die Anfangsschritte für den Schul-
unterricht der Mädchen auf diesem für sie so imgemein wichtigen Wissens-
gebiete getan. Könnte doch in allernächster Zukunft der gangbare Weg
gefunden werden, damit alle Bcädchen in Oberösterreich in der letzten
Schulklasse dieses Unterrichtes teilhaftig würden !
3. Borträge und Lichtbildervorführungen.
Um die Aufklärung und Belehrung über die Notwendigkeit der Be-
kämpfung der' Säuglingssterblichkeit in Oberösterreich in weitere Kreise
der Bevölkerung zu tragen, wurden Vorträge mit Lichtbildern abgehalten.
Dieselben waren stets außerordentlich gut besucht und die Anfragen nach
ihrer Abhaltung mehrten sich stetig.
Ich konnte an einem Abend 52 Lichtbilder vorfuhren, beschränkte
mich aber mit dem Wort nur auf die Erklärung und genaue Auslegung der
Bilder, weil ich feststellen konnte, daß diese Art Anschauungsunterricht mich
ant ehesten dem Ziele nähe brachte, in einem Inständigen Vortrage
alle wichtigsten Pflege- und, Ernährungsregeln zu berühren, daß jedoch
der Wert der Lichtbildervorführungen bei nicht ganz gründlicher Deutung
jedes einzelnen Bildes für den größten Teil der Besucher sehr in Frage ge-
stellt ist. Lichtbildervorträge von anschaulichster Wirkung werden vom Ober-
bezirksarzt Dr. Reinhard-Linz veranstaltet, welche besonders die Schäden
her Rhachitis int Kindersalter und die Wirkungen der Rhachitis auf die Ent-
wicklung des weiblichen Beckens zum Gegenstand haben.
In den Bezirken Ried, Braunau, Gmunden, Eferding werden von
den leitenden Aerzten der Mütterberatungsstellen belehrende Vorträge
für Mütter gehalten.
19
IV. WUM».
Meine Aufgabe war es, bei Einführung der Fürsorge in einem Be-
zirk in jenen Ort, der als Sitz der, Mütterberatungsstelle vorgesehen war,
vor geladenem Publikum, bestehend aus der Bezirksbehörde, Gemeinde-,
vorstehung, Geistlichkeit, der Schulbehörde, Vertreter von Vereinen und
jeneu Privatpersonen, die auf dein Gebiet der Jugendfürsorge sich be-
tätigten, über „Aufgaben der Mütterberatungsstelle und den Wirkungs-
kreis der Fürsorgerin" , zu sprechen.
Auf Anregung der Landeskommjssion veranstaltete das Staatsamt
für.Volksgesundheit am 26. und 27. Juni 1919 eine Tagung in Linz über
die Fragen der Säuglings- und Kleinkinderfürsorge. Referate hielten:
S e k ti o nsche f Jgnüz. K aup - Wie n: Bevölkerungspolitik und Säug-
lingssterblichkeit. — Primarius Dr. Leopold Moll-Wien: Praktische
Fragen der Säuglingsfürsorge. — Frau Fürstin Fanny Stark)em-
berg-Linz: Säuglingsfürsorge in Oberösterreich. Dr. Narbeshuber-
Gmunden: Die Erfahrungen an den ländlichen Mütterberatungsstellen,
insbesondere in Gmunden. — Frau Oberin Anny Tausche-.Linz:
Die Tätigkeit der Fürsorgerin. — Primarius Dr. Reis-Linz: Still-
schwierigkeiten. — Dr. Kngler-Gmunden: Säuglingsfürsorge und
Tuberkulosenfürsorge.
Am Nachmittag fanden Führungen statt: durch-die Säuglingskrippen
der Firma Frauck und der Tabakfabrik in Linz, das städtische Jugendamt in
Linz, die Beratungsstelle Urfahr und die Kinderbewahranstalt Schubertstraße.
Nach jedem Referate entwickelte sich eine lebhafte Aussprache, im beson-
deren nach dem Referate des Herrn Sektionschefs Ignaz Kaup, welcher
in klaren Linien die gangbaren Wege zu einer Volkserneuerung für unser
armes,- durch den Krieg so schwer betroffenes Deutschösterreich zeigte.
Desgleichen nach dem Referate des Herrn Primarius Dr. Leopold Moll,
welcher aus seinen reichen, praktischen Erfahrungen allen Fragenden mit
aufopfernder Geduld gerecht wurde.
Man kann sagen, die Tagung stand unter den: Zeichen eines freien,
frohen Meinungsaustausches, einer Stimmung- die bei großen derartigen
Veranstaltungen oft sehr vermißt wird. Insbesondere den in der Fürsorge
umnittelbar beschäftigten Personen, Fürsorgerinnen und Helferinnen,
brachte die Tagung viel Anregung, vor allem neuen Mut, auf dem einmal
gewählten Weg trotz der schweren Zeitumstände vorwärts zu schreiten.
Das Staatsamt selbst äußerte sich in befriedigendster Weise über den
Verlauf der Tagung.
v. gntfenbon# non Mteutierinnen m Mme-
ausbUDuno.
Durch die verhältnismäßig rasche Ausbreitung der offenen Fürsorge
im Lande Oberösterreich stieg auch die Nachfrage nach Fürsorgerinnen.
Erkennend, welche Vorteile für die Fürsorgeorgane ihre Boden-
ständigkeit, die Kenntnis von Land, Leuten und Sitten bietet, sandte die
— 20
Landeskommission, wieder von dem Entgegenkommen des Staatsamtes
für Volksgesundheit unterstützt, Oberösterreicherinnen' zur Aus-
bildung in die Reichsanstalt für Mütter- und Säuglingsfürsorge nach Wien.
Es konnten im Schuljahre 1918/19 vier , in den diesjährigen Kurs
,1919/20 ebensoviele Kandidatinnen aufgenommen werden.
Der Dienst der Fürsorgerinnen auf dem Lande leidet weniger
darunter, daß sich ihrer Arbeit Hemmungen entgegenstellen; denn ihr
Wirken erweist sich als notwendig und ist deshalb erwünscht und findet
das Vertrauen der Bevölkerung, aber die Lebensumstände, unter denen
die Fürsorgerinnen den Dienst versehen müssen, gestalten sich ungemein
schwierig. Wir sind noch nicht in der Lage, die für die Fürsorgeorgane
notwendige Unterbringung und Verpflegung klaglos durchzuführen. Diesem
Punkte wird man in nächster Zukunft ganz besondere Auftnerksamkeit
zuwenden müssen. Erst dann können wir ohne Schaden für die Gesund-
heit der Fürsorgerinnen vollwertige Arbeit für die Dauer erwarten. Die
Fürsorge braucht mehr als jeder andere Berufszweig ständige Arbeiter,
die unter völliger Hingabe ihre ganze Person in den Dienst der Sache
stellen. Jeder Wechsel eines Fürsorgeorganes bedeutet für den Moment
wenigstens einen kleinen Rückschlag.
, Es ist nur zu wünschen, daß den infolge der schwierigen Lebens-
umstände berechtigten Bestrebungen der in Oberösterreich angestellten
Fürsorgerinnen nach Aenderung ihres Wirkungskreises rechtzeitig Ver-
ständnis entgegengebracht wird.
VI. M MW« Mm W Müller uni) M.
Die offene Säuglings- und Kleinkinderfürsorge hat in Oberösterreich
einen guten Anfang genommen und es sprechen alle Zeichen für ein weiteres
Wachstum und Gedeihen.
Eines aber wird noch die Anspannung aller Kräfte fordern, das ist,
für die aufblühende, offene Fürsorge die nötigen Stützpunkte in der ge-
schlossenen Fürsorge zu schaffen.
Leider mangelt es in Oberösterreich, abgesehen von einer kleinen
Säuglingsstation des Jsabellen-Kinderspitales, völlig an Anstalten, wo
wir kranke, schwächliche Säuglinge unterbringen könnten. Es fehlt an
Nebergangsheimen, wo Säuglinge in der Zwischenzeit verbleiben, wenn
ein Pflegeplatzwechsel rasch stattfinden muß.
Dieser Umstand wird bei Handhabung der Pflegekinderaufsicht,
wie sie das Gesetz vom 4. Februar 1919 über den Schutz von
Ziehkindern und unehelichen Kindern verlangt, noch mehr in die Er-
scheinung treten. Ein Säugling, der inr Erkrankungsfall der Mutter nur
für einige Tage sachgemäß verpflegt zu werden brauchte, findet nirgend '
Aufnahme, wodurch sehr oft ernstliche Gefährdung für sein ganzes Leben
zu erwarten ist. Säuglings-Tageskrippen, wo die Kinder außerhäuslich
arbeitender Mütter tagsüber untergebracht werden könnten, fehlen ganz.
Ein Heim für Wöchnerinnen, ein Heim für stillende Mütter mit ihren
Kindern, welche keine Zufluchtsstätte haben, wäre eine dringende Rot-
Wendigkeit. Es müßte die Möglichkeit geschaffen werden, jedem Bezirks-
krankenhause wenigstens eine kleine Säuglingsstation anzugliedern, wo die
von der Fürsorge aufgefundenen schwierigsten Fälle erkrankter Säuglinge
Heilung fänden.
Nicht versäumen möchte ich, an dieser Stelle das Säuglings- und
Kinderheim in Stadl-Paura zu nennen. Es ist von der Lambacher Flachs-
spinnerei für die Arbeiterschaft errichtet. AIs Arzt ist Dr. Neuhauser bestellt.
Das Heim wird von der Oberschwester Elisabeth Hüffner in mustergül-
tiger Weise geführt. Die Leitung der Anstalt war so entgegenkommend,
einzelne Fürsorgekinder der Landeskommission in Pflege aufzunehmen.
Die Kinder wurden jedesmal in fast hoffnungslosem Zustand eingeliefert
und verließen die Anstalt als blühende lebensfrische, kleine Menschen.
Leider mußte mit Herbst 1919 die Aufnahme in diese Anstalt auf die
Kinder der Arbeiterschaft der Fabriken in Stadl-Paura beschränkt bleiben,
womit uns bei Erkrankung unserer kleinsten Fürsorgezöglinge auch dieser
letzte Rettungsanker genommen ist.
Erst mit dem Ausbau der geschlossenen Fürsorge wird die Basis für
eine erfolgreiche Tätigkeit der offenen Säuglings- und Kleinkinderfürsorge
in Oberösterreich gegeben sein.
VII. MUmg der SanOestommiffion für MersW
unh Suoentifttcfarge.
In der am 11. November 1919 stattgefundenen Generalversammlung
der Landeskommission für Kinderschrch und Jugendfürsorge in Linz wurde
von dieser einstimmig ihre Auflösung und die Uebergabe ihrer Agenden
an das neugegründete Landesjugendamt in Linz beschlossen.
Friedrich Naumann sagt: Die Männer erfinden Werkzeuge,
die Frauen aber bringen Menschen zur Welt. Die Männer regieren, die
Frauen aber tun zur Größe der Nation das Größte. Denn nur Völker mit
leistungsfähigen Müttern setzen sich durch. Die Mütter sind das erobernde
Eleürent. Wird in einem Volke die Mutterschaft schwach, so nützt alle übrige
Kultur nichts mehr. Das Sinken der Mutter ist • der Niedergang an sich,
„der Sturz ins Greiseualter der Völker".
Der Krieg mit.seiner vermehrten Frauenarbeit und die nachfolgende
Friedenszeit mit den kaum mehr erträglichen Schwierigkeiten der Be-'
schaffung von Nahrungsmitteln und ihrer Teuerung.haben Raubbau mit
der. Frauenkraft getrieben.
Nie war die Btutternot so groß, die Hilfe so nötig, wie im Augenblick.
Droge es gelingen, durch einiges Zusammenarbeiten aller, der Männer
>md Frauen, die Zeit vorzubereiten, dse für das schöne Land Oberöster-
reich eine neue Morgenröte gewollter, glücklicher Mutterschaft bringt!
Anhang.
I. Auszug aus dem Reichsgesetzblatt (Deutschland
vom 26. September 1919 (R.-G.-Bl. S. 1757) über Wochenhjlfe und
Wochenfürsorge.
Reichsgesetz vom 26. September 1919 (R.-G.-Bl. S. 1757) über
Wochenhilfe und Wochenfürforge:
Die verfassunggebende Deutsche Nationalversammlung hat das fol-
gende Gesetz beschlossen, das nach Zustimmung des Reichsrais hjemit ver-
kündet wird:
I. Wochenhilfe.
Der § 179, Abs. 1, der Reichsversicherungsordnung erhält folgenden
Wortlaut:
„Gegenstand der Versicherung sind die in diesem Buche vorgeschriebe-
nen Leistungen der Krankenkassen (§ 225) an Krankenhilfe, Wochenhilfe,
Sterbegeld und an Familienhilfe."
§ 2. An Stelle des §'195 der Reichsversicherungsordnung treten
folgende Vorschriften-:
§ 195a. Wöchnerinnen, die im letzten Jahre vor der Niederkunft
mindestens sechs Monate hindurch auf Grund der Reichsversicherung oder
bei einer knappschaftlichen Krankenfasse gegen Krankheit versichert ge-
wesen sind, erhalten als Wochenhilfe:
.1. einen einmaligen Beitrag zu den Kosten der Entbindung in Höhe von
50 Mark,
2. ein Wochengeld in Höhe des Krankengeldes, jedoch mindestens 1% Mark
täglich, einschließlich der"Sonn- und Feiertage für zehn Wochen,
von denen mindestens sechs in die Zeit nach der Niederkunft fallen
müssen, . *
3. eine Beihilfe bis zum Betrage von 25 Mark für Hebammendienste
und ärztliche Behandlung, falls solche bei Schwangerschaftsbeschwerden
erforderlich werden,
4. solange sie ihre Neugeborenen stillen, ein Stillgeld in der Höhe des
halben Krankengeldes, jedoch mindestens 75 Pfennig täglich ein-
schließlich der Sonn- und Feiertage, bis zum Ablauf'der zwölften
Woche nach der Niederkunft.
Neben Wochengeld wird Krankengeld nicht gewährt; die Wochen
nach der Niederkunft müssen zusammenhängen.
§ 1955. Die Satzung kann die Dauer des Wochengeldbezugs bis aus
13 Wochen, des Stillgeldbezugs bis auf 26 Wochen erweitern.
II. Familienhilfe.
§ 10. An Stelle des § 205 der Reichsversicherungsordnung treten
folgende Vorschriften:
's'-
's',»
— 23 —
§ 205a. Versicherungsfreie Ehefrauen, Töchter, Stief- uitd Pflege-
töchter der Versicherten, die mit diesen in häuslicher Gemeinschaftsleben,
erhalten als Wochenhilfe die int § 195a bezeichneten Leistungen, Dabei
beträgt das Wochengeld l s4 Mark täglich, das Stillgeld 75 Pfennig täglich.
Die Satzung kann den Betrag des Wochengeldes und des Stillgeldes je
dis auf die Hälfte des Krankengeldes des Versicherten erhöhen.
"IV. Wochenfürsorge.
§ 17. Minderbemittelte Wöchnerinnen, für die nach den vorstehenden
Vorschriften kein Anspruch auf Wochenhilfe besteht, erhalten aus Mitteln
des Reichs eine Wochenfürsorge.
Als minderbemittelt gilt:
1. eine verheiratete Wöchnerin, wenn ihres Ehemannes und ihr Ge-
samteinkommen in dem Jahre oder Steuerjahre vor der Entbindung den
Betrag von 2500 Mark nicht übberstiegen hat. Dieser Betrag erhöht sich
für jedes vorhandene Kind unter 15 Jahren um 250 Mark,
2. eine unverheiratete Wöchnerin, wenn ihr Gesamteinkommen in
den^jahre oderSteuerjahre vor der Entbindung den Betrag von 2000 Mark
nichr überstiegen hat. Die Vorschrift in Nr. 1, Satz 2, gilt entsprechend.
§ 18. Die Wochenfürsorge wird durch die Allgemeine Örtskranken-
kasse, in deren Bezirk der gewöhnliche Aufenthaltsort der Wöchnerin liegt,
und wo eine solche Kasse nicht besteht, durch die Landkrankenkasse geleistet.
8 19. Als Wochenfürsorge werden die im § 195a der Reichsversiche-
rungsordnung in der Fassung des § 2 dieses.Gesetzes bezeichneten Leistungen
gewährt. Dabei beträgt das Wochengeld Mark, das Stillgeld 76 Pfennig
täglich. § 195o der Reichsversicherungsordnnng in der Fassung des § 2 dieses
Gesetzes gilt entsprechend.
§ 20. Die Leistungen der Kasse werden ihr durch das Reich erstattet.
§ 197, Abs. 1, Satz 2 der Reichsversicherungsordnung in der Fassung des
§ 2 dieses Gesetzes gilt entsprechend.
Die Kasse hat die verauslagten Beträge dem Versicherungsamte
nachzuweisen, dieses hüt das Recht der Beanstandung, das OberversicherungS-
amt entscheidet darüber endgültig.
Das Nähere über die Nachweisung, Verrechnung und Zahlung be-
stimmt das Reichsarbeitsministerium.'
8 21. Soweit eine unverheiratete Wöchnerin von dem Vater des
Kindes Ersatz von Entbindungs- und sonstigen Kosten verlangen kann,
geht der Anspruch auf das Reich in Höhe der von ihm zu erstattenden Be-
träge über. -
Das gleiche gilt für den Unterhaltsanspruch der Wöchnerin gegen
unterhaltspflichtige Verwandte. .
Neben den Verwandten haftet dem Reiche der Vater des Kindes
als Gesamtschuldner.
II. Verzeichnis des Unterrichtsmaterials für einen
Wanderkurs in Pflege und Ernährung der Säuglinge
und Kleinkinder.
1 großer Korb als Packung, 1 Nagelschere,
1 Puppe aus Zelluloid, 1 Nagelfeile,
1 Kinderwage, l Dose Vasenol-Puder,
1 Atlas der Hygiene von Professor 1 „ Zinkpasta,
Dr. Längstem und Dr. Rott. 2 Salbenspateln,
] Fläschchen Borwasser,
Bett und Kleidung.
1 Kinderkorb,
2 Matratzen,
2 Kopfpolster,
2 Decken,
4 Polsterüberzüge,
4 Deckenüberzüge,
1 Gummiunterlage,
1 Billrothunterlage,
2 Leintücher,
4 dünne Windeln,
4 stärkere Windeln,
2 Moltontücher,
3 Hemdchen,
3 Jäckchen,
2 Leibchen,
1 Strickhose,
2 Windelhosen,
2 Hemdchen für größere Kinder
1 Paar, Strümpfe,
verschiedene 'Schuhe,
„ Lätzchen,
„ Nabelbinden,
„ Häubchen,
1 Tragkleidchen,
1 Jahreskleidchen,
1 Mädchen- und Knabenschürze,
l Sicherheitsgürtel,
l Wickelband.
2. Bad und Pflege.
1 Zinkschaff als Badewanne,
1 Porzellanschale fürs Gesicht,
1 Seifenschale,
1 Badethermometer,
6 Waschlappen,
4 Badetücher,'
1 Seife,
2 Handbürsten,
1 „ Oel,
Verbandmull, Watte,
1 Verbandschere,
9 Mullbinden,
3 Jdealbinden,
2 Cambricbinder,
Leuckoplast, % '•.
1 Fieberthermometer
1 Zahnbürste,
1 Haarbürste,
2. Staubkämme,
1 Zahnhalsband,
1 Irrigator,
3 Wärmeflaschen aus Ton,.
2 Reibbürsten,
4 Wischtücher,
3 Bodentücher,
6 Handtücher.
3. Ernährung.
1 Milchpumpe,
1 Brusthütchen (Infantibus),
verschiedene Saughütchen,
„ Gummisauger,
„ . Schnuller,
1 Sauger mit Glasrohr,
1 Patentflasche,
verschiedene Saugflaschen,
6 Flaschenbürsten,
1 Grammflasche,
1 Strichflasche,
1 vollständiger Soxhlettapparat,
1 Milchkochtopf,
1 Trichter,
1 Meßglas,
3 Kochtöpfe mit Deckel verschiedener
Größe,
3 Kasserollen mit Deckel verschiedener
Größe,
6 Quirl,
4 Küchenmesser,
2 Passiersiebe,
2' Passierhölzer,
1 Holzbreti,
2 Schöpflöffel,
2 Abfalleimer,
1 Hammerzange.
III. Informationen
fiir die Vorbereitungsarbeiten zu einem Kurs in Pflege und Ernährung
des Säuglings in ländlichen Bezirken.
Wanderkurs. Allgemeines.
Der Kurs wird abgehalten durch eine Wanderlehrerin des Landes-
jngeiidamtes Linz. Er dauert zirka 10 bis 14 Tage mit täglich zwei Unter-
richtsstunden. Der Unterricht ist ein theoretischer und praktischer. Er werden
alle Fragen der Pflege und Ernährung des Kindes ausführlich in Form:
von Frage und Antwort besprochen. Es steht ein reichliches Anschauungs-
material zur Verfügung. Das Wickeln, das Betten, das Baden des Säug-
lings wird geübt. Das richtige Tragen, das Sitzen- und Gehenlernen des
Kindes gezeigt. Der Wert von Luft, Licht und Sonne für das Wachstmn
des Kindes wird an drastischen Beispielen dargetan.
Es werden Milchmischungen, Breie, Gemüse hergestellt, praktische
Schnitte für Wäsche und Kleidung des Kindes gelehrt Der Kurs ist unent-.
gelblich.
1. Interessenten. Für den Kurs zu interessieren sind: 1. Bezirks-
hauptmannschaft, Arzt, 2. Gemeinde, 3. Schule, 4. Geistlichkeit, 5. Bezirks-
kommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge, 6. Witwen- und Waisen-
verein, 7. Frauenorganisationen, 8. Hebammen, !). Krankenkasse, 10. alle
auf dem Gebiet der Fürsorge tätigen Vereine und Einzelpersonen.
2. Propaganda in Wort und Schrift. Um einen guten Besuch des
Kurses zu erzielen, wird eine rege Propaganda zu entwickeln sein, haupt-
sächlich von Seite der Fürsorgestelle durch die Fürsorgerin bei ihren Haus-
besuchen, durch die Lehrerinnen, durch alle Mitglieder der Frauenvereine
und die Hebammen. Es handelt sich besonders darum, die Frauen des
Volkes zu gewinnen. Aus den Jntelligenzkreisen kommen die Frauen von
selbst, doch sind auch diese aufmerksam zu machen. Insbesondere die Hebam-
men können in ihrem Bekanntenkreis erfolgreiche Werbetätigkeit ent-
falten.
Als gedruckte Propaganda sollen Flugzettel nach beigegebenem
Muster teils verteilt (in der Schule den Kindern gegeben), teils bei gut fre-
quentierten Kaufleuten, bei Brotabgabestellen angebracht oder dort ver-
teilt werden. Einige große Plakate wären kurz vor Beginn des.Kurses au
der Schule, Gemeindetasel, Eingang von Fabriken usw. anzubringen. Ver-
teilung der Flugzettel im ärztlichen Wartezimmer ist sehr zu empfehlen.
1 Stielpfanne,
0 kleine graue Emailschüsselu,
6 kleine braune Emailschüsselu,
6 kleine Emailteller,
2 große Emailschüsselu,
2 mittlere Emailschüsselu,
6 Eßlöffel,
18 Kaffeelöffel,
6 Holzlöffel,
26
3. Kurslokal, a) Zur Abhaltung des Kurses empfiehlt sich sehr ein
SchuWmmer, besonders wenn gleichlaufend mit dem Kurs der Unterricht
in der Mädchenschule erteilt wird, so erspart dies das Uebertragen des
Kursmaterials von einen: Lokal in das andere, b) Heizung und Beleuchtung
muß gesichert sein. Breimmaterial stellte bisher die Gemeinde, e) Für
die Bedienung ist Sorge zu tragen. Meistens überninnnt diese der Schul-
diener, welcher hiefür eine entsprechende Entschädigung erhält, ä) Zur
Aufbewahrung des Kursmaterials soll ein versperrbarer Kasten zur Ver-
fügung stehen, e) Zu den praktischen Uebungen ist an einigen Tangen die
Besorgung heißen Wassers nötig.
4. Wohnung der Wanderlehrerin. Die Wohnung mit Beheizung
und Verpflegung für die Wanderlehrerin ist sicherzustellen. Die Kosten
hiefür werden von dieser selbst getragen. Privatzimmer, Verpflegung in
einer Pension wären dem Gasthause vorzuziehen, weil auch preiswerter.
5. Anmeldung der Kursteilnehmerinnen. Die Kursteilnehmerinnen
sollen sich anmelden, respektive sich in eine Liste (Vor- und Zuname, Beruf)
eintragen und womöglich gleich angeben, ob sie sich für den Nachmittags-
kurs oder Abendkurs entschließen. — Anmeldungen nimmt am besten die
Mütterberatungsstelle an hiefür bestimmten Stunden entgegen. Eventuell
können Anmeldungen auch in der Schule (wenn sich die Lehrkräfte hiezu
bereit erklären) oder bei Kaufleuten entgegengenommen werden. An-
meldungen können auch noch in der ersten Kürsstunde stattfinden.
6. Teilnehmerzahl. Die Teilnehmerzähl sollte in einem Kurs die
Zahl 30 bis 40 nicht überschreiten. Je,nach der Zahl der Teilnehmerinnen
wird ein Abendkurs und ein Nachmittagskurs abgehalten. Der Nachmittags-
kurs ist in der Zeit von %4 bis x/>6 Uhr, der Abendkurs von 7 bis 9 Uhr.
Dies kann nach den örtlichen Verhältnissen abgeändert werden.
7. Bescheinigungen. Bei regelmäßigem Besuch stellt das Landes-
jugendamt der Teilnehmerin eine Bescheinigung über die Absolvierung des
Kurses aus.
8. Inhalt des Flugblattes:
Kurs über Pflege und Ernährung des Säuglings und Kleinkindes.
Die Landeskommissicn veranstaltet einen vierzehntägigen Kurs-
über Pflege und Ernährung des Säuglings.
Der Kurs ist unentgeltlich.
Alle Frauen und Mädchen sind dazu freundlichst eingeladen. — Der Kurs -
findet in den Abendstunden zwischen 7 bis 9 Uhr statt, bei regem Besuch
wird ein Nachmittagskurs eingeschoben. — Die Teilnehmerinnen werden
gebeten, sich in der Mütterberatungsstelle von .......... in dem Kauf-
geschäft ................................................. anzumelden und gleichzeitig bekannt-
zugeben, welchen der beiden Kurse sie besuchen wollen. — Der Beginn
des Kurses wird noch bekannt gegeben.
Tie Landeskommission.
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Plakatentwurf.
In ....................... findet ein Lehrkurs über Pflege lind
Ernährung des Säuglings statt.
Es werden alle Frauen und Mädchen dringend zum Besuche einge-
laden. — Beginn am ................. Dauer des Unterrichtes 14 Tage
täglich, von 7 bis 9 Uhr abends.
Bei guter Teilnehmerzahl findet auch ein Nachmittagskurs statt.
Der Besuch ist unentgeltlich.
Anmeldungen niinmt entgegen:...............................
Die Landeskommission.
IV. Merkblatt zur Errichtung von Mutterberatungs-
stellen. Monatsausweis.
1. Notwendigkeit. Warum brauchen wir Mutterb erHungsstellen?
Zur Belehrung der Mütter !
Warum brauchen wir die Belehrung der Mütter?
Weil durch die Unkenntnis der Mütter, durch die unrichtige Pflege-
lind Ernährung viele Kinder vor Ablauf des ersten Lebensjahres sterben
oder die Schäden der falschen Behandlung in: ersten Lebensjahre ins spä-
tere Leben mitnehmen müssen.
Dadurch wird nicht nur das Einzelindividuum geschädigt, sondern
der ganze Volkskörper.
2. Träger: Die Einrichtung der Mütterberatungsstelle leinn' vom
Landesverband für Säuglings- und Kleinkinderfürsorge, von Gemeinden,
von Bezirksverbänden, von Kinderschutzvereinen und von Krankenkassen
erfolgen.
Die Fürsorge soll sich auf Mütter und Kinder bis zu sechs Jahren
erstrecke».
Die Fürsorge soll eheliche und uneheliche Kinder umfassen, für letztere
und auch eheliche Pflegekinder soll der Besuch der Beratungsstellen obli-
gatorisch sein.
3. Ausgaben. Die Beratung der Mütter hat kostenlos zu erfolgen.
Rat wird erteilt: In allen die Gesundheit von Mutter und Kind
. betreffendest Fragen, sowie in Fragen, die in das erziehliche oder wirt-
schaftliche Gebiet fallen.
Hilfe wird gewährt: Bei Beschaffung von Lebensmitteln für stillende
Mütter, Kindernährmittel für größere Kinder, Pflegebehelfe, wie Sauger,
Flaschen, Seife, Puder, Wäsche, Medikamente, Lebertran, Saccharin usw.,
.durch Verteilung von Stillbeihilfen in Geld, durch Nachweis geeigneter
Pflegestellen und Hilfe und Belehrung bei Hausbesuchen durch die Für-
sorgerin.
Zur Erleichterung für die Mütter wird außer der ärztlichen Sprech-
stunde ein- bis zweimal wöchentlich eine Kanzleistunde der Fürsorgerin
einzurichten sein, während der alle nicht rein ärztlichen Fragen zur Be-
antwortung gelangen können.
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Die Hauptaufgabe der Bcutterberatungsstelle ist, vorbeugend zu
wirken.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit ist daher auf die Förderung der na-
türlichen Ernährung zu legen.
Die Leitung der Mütterberatungsstelle obliegt dem Arzt. Die
Zahl der Sprechstunden richtet sich nach der Besucherzahl; bei durchschnitt-
lich 20 bis 40 Mütter eine Stunde wöchentlich, bei größerer Besucherzahl
zwei Stunden wöchentlich.
Der leitenden Fürsorgerin obliegt es, dem Arzt in den Sprechstunden
zu assistieren, die Hilfskräfte anzuleiten, Kanzleistunden abzuhalten, Haus-
besuche Zu machen, Kurse für Frauen und Mädchen zu halten und Mütter -
abende einzurichten. Von der Fürsorgerin ist gründliche Fachausbildung
zu verlangen. Hilfskräfte werden je nach Besucherzahl der Beratungsstelle
zwei bis drei die Fürsorgerin unterstützen. Von diesen Hilfskräften ist zu
verlangen, daß sie wenigstens einige Zeit praktisch an einer Säuglings-
• anstatt gearbeitet haben.
Auf die Mitarbeit der Hebammen hat die Mütterberatungsstelle
den größten Wert zu legen. Die Kinder sollen in den Beratungsstellen
möglichst frühzeitig und dann in regelmäßigen Zeitabschnitten, welche vom
Arzt zu bestimmen sind, wieder vorgestellt werden.
Die Mütterberatungsstelle soll mit Behörden, Vereinen, sowie mit
allen sonst am Orte noch bestehenden Fürsorgeeinrichtungen in enger
Fühlungnahme stehen und sich'der Sympathie aller in der Stadt tätigen»
Aerzte erfreuen.
Erfordernisse für eine städtische Mütterberatung.
Einrichtung.
Das Lokal.
1. Ebenerdig, ruhige Lage,
2. zentral für die Arbeiterbevölke-
rung gelegen,
3. geschützter Raum fürKinderwagen,
4. Jsoliermöglichkeit.
Räume.
1. Warteraum,
2. Wiegeraum,
3. ' ärztliches Beratungszimmer.
Mobiliar.
Im Warteraum:
ausreichend Bänke,
1 großer Tisch,
2- und 1-Meter-Kleiderhaken.
. Im Wiegeziinnrer'
k Tisch mit Kinderwage,
1 Schreibtisch,
3 Stühle,
1 Personenwage,
Windeleimer,
Meßschlitten,
Meßband,
Waschgelegenheit,
Vorratskasten,
Papierkorb,
Kleiderhaken.
Im ärztlichen Beratungs-
zimmer:
1 Wickeltisch,
l Schreibtisch,
1 Jnstrumentenschrank,
3 Sessel,
Waschgelegenheit,
Abfalleimer,
Windeleimer,
Papierkorb,
Gaskocher (oder sonst Gelegenheit
zum Kochen).
29
Wäsche.
Wickelpolster mit Neberzügen,
Leintücher,
Windeln,
Handtücher,
Wischtücher,
Aerztemantel,
Pflegerinyenschürzen.
Pflegebehelfe.
Borvaseline,
Streubüchse mit Kinderpuder,
Sei,
Jodtinktur,
Alkohol, Benzin, Aether,
Burow,
Perhydrol,
Lapis 2%,
Lapis 10%.
Protargol,
Pasta Lassarie.
Lhsoform,
Brennspiritus,
Lapisstift.
Heftpflaster,
Zinkpflaster,
Dermatol,
Watte,
Binden,
Billrothbatist,
1 Zentimeter,
3 Thermometer,
2 Eitertassen,
1 Glaswanne mit Deckel,
10 Salbenspateln,
2 Mnndspaleln,
I Irrigator mit Darmrohr,
1 Kochwanne,
1 Milchpumpe,
1 Saughütchen,
2 Scheren,
1 Pinzette,
1 Ohrenpinzette,
Holzstäbchen,
1 Tropfglas,
I Ohrenspritze, ' %
1 kleine Glasdose,
1 Zerstäuber,
3 Eprouvetten,
l Meßglas,
3 Trinkgläser,
1 Glas für Thermometer,
1 Verbandstrommel.
Aerztliche Geräte und Werkzeuge.
l Skalp el,
3 Pinzetten (anatomische)-
1 Ohrenpinzette,
1 Hohlsonde,
1 Knopfsonde,
l chirurgische Schere,
l Reflektor,
1 Kehlkopfspiegel,
3 Augentrichter,
1 Augenspritze,
1 Mundspatel,
l Tupferzange.
Bücher und Formulare.
Kontrollbogen,
Wiegekarten, .
Tagebuch,
Gebnrtsverzeichnis,'
Aufnahmebuch,
Straßenv erzeichnis,
Index,
Hausbesuchsbuch,
Lebensmittelbuch,
Frequenzliste.
Anmerkung: Bei ländlichen Beratungsstellen müssen die Anforde-
rungen, besonders bezüglich des Lokales und des Mobiliars auf ein viel be-
scheideneres Maß zurückgeführt werden. Doch sollte man immer bemüht
fein, zwei Räume für die Beratungsstelle zu finden und bei Anschaffung
der ärztlichen Behelfe und Pflegebehelfe nicht allzu sparsam vorzugehen. Die
große Wohnungsnot macht in letzter Zeit die Lokalfrage immer schwierigere,
so daß allerdings als Provisorium sich schon in zwei Fällen der leitende
Arzt der Beratungsstunden bereit erklärt hat, die Beratung in seiner
Ordination abzuhalten. Wie wahr wird das Wort: „Not kennt kein Gebot!"
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Formular für einen Monatsausweis.
Fürsorgerin: ................. Mütterberatungsstelle: ............
Zahl der Hausbesuche: ........
davon durch die Fürsorgerin: .. .*.................
durch die Helferin: ...........................
durch freiwillige Hilfskräfte:.................
Kostplatzprüfungen:...... .........
Kostplatzvermittluugen.........................
Anstaltsunterbringung: ......................
Kinder:.......................Erwachsene:.............Säuglinge:
Lungenfürsorge:............................................
Schulfürsorge: .......... .•......................................
Arb eitsvermittlung:..............................................
Erhebungen in Vormundschaftsangelegenheiten: .....................
In wieviel Fällen wurde der Justizfond in Anspruch genommen? ....
Geburtsanzeigen:............
Stand der Beratung:..................
Neu aufgenommen: ...........................
Durchschnittsbesuchszahl der Beratungsstunde:..............
Gesamtausgaben bar: ..............................................
Gesamtausgaben an Stillgeldern: ..................................
Raturalausgaben: .................................................
Y. Literatur und Zeitschriften.
Säuglingssterblichkeit in Oesterreich. Ursachen und Bekämpfung. Von
Privatdozent Leopold Moll, Primararzt der Reichsanstalt für Mutter-
und Läuglingsfürsorge in Wien. Sonderabdruck aus deni Beiheft
der Wochenschrift „Das österreichische Sanitätswesen" 1913, Nr. 38
. und 1914 Nr. 21.
Tie Säuglingsfürsorgerin. Von Primarius Leopold Moll. Sonder-
abdruck aus Nr. 8/9 und 10, X. Jahrgang der „Zeitschrift für Kinder-
schutz und Jugendfürsorge".
Prof. Dr. Engel und Dr.-Marie Baum. Grundriß der Säuglingskunde.
und Grundriß der Säuglingsfürsorge. T. I. Bergmanns Verlag,
Wiesbaden. 7. u. 8. Auflage.
Tugendreich. Mutter- und Säuglingsfürsorge. Ferd. Enke, Stuttgavt.
Prof. Dr. R. Heker und Oberschwester Woerner. Das Kind und seine
Pflege. Hilfsbuch für Mütter. Verlag von Franz Hanfstaengl,
München.
Säuglingspflegefibel. Schwester Antonie Zerwer. 'Verlag Springer,
Berlin.
Schönflies Rofalie. Säuglingsfürsorge und Hauspflege. Sonderabdruck
aus der „Zeitschrift für Säuglingsschutz". Verlag Stille, Berlin.
Prof. Längstem. Wie ist die Bevölkerung über Säuglingspflege und Er-
nährung zu belehren? Verlag Springer, Berlin.
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Herta Schulz. Der Unterricht in der Säuglings- unb Meinkinderpflege.
Verlag Karl Heymann, Berlin 1912.
Otmar Spann. Die Erweiterung der Sozialpolitik durch die Berufs'
Vormundschaft. Verlag I. C. B. Mohr, Tübingen.
Prof. Rietfchel und Pros. Thierfch. Die Unterbringung syphilitischer
Ziehkinder vom Standpunkt des Arztes und des Juristen. Heft 7 der
Veröffentlichungen des Vereines für Säuglingsfürsorge im Regierungs-
bezirk Düsseldorf. Karl Heymanns Verlag, Berlin 1912.
Tr. Walter Birk, Universität Kiel. Leitfaden der Säuglingskrankheiten.
Verlag Markus und E. Weber, Bonn.
Privatdozent Moll, Wien. Die Reichsanstalt für Mütter- und Säuglings-
fürsorge in Wien 1919. Verlegt und veröffentlicht vom Volksgesund-
heitsamt im deutschösterreichischen Staatsamt für soziale Verwaltung.
Wien, 1., Albrechtsrampe.
Elisabeth Behrend. Säuglingspflege in Reim und Bild. Leipzig, B. G.
Teubner.
Dr. Johannes Prüfer, Verwaltungsbevollmächtigter der Hochschule für
Frauen'zu Leipzig. Kleinkinderpädagogik. Verlag Otto Neumich,
Leipzig.
Zeitschriften.
Zeitschrift für Kinderschuh und Jugendfürsorge. Wien, I., Hofgarten-
straße Nr. 3.
Zeitschrift für Säuglingsschuh. Stille, Berlin.
Blätter für Säuglings- und Kleinkinderfürforge. Reinhard, München.
Zeitschrift für Säuglingsfürforge und Bevölkerungspolitik. Joh. Ambr.
Barth, Leipzig.
Mutter und Kind. Düsseldorf, Verein für Säuglings- und Wohl-
fahrtspflege.
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