Seite 4 Nachrichten Nr. 6 15. Autrag der Ortsgruppe Wolfern: Der Verbandstag be- schließe: Der Zentralverband wird beauftragt, zu fordern, daß Mittel für die berufliche Ausbildung von Waisenkindern, ins- besondere zum Besuche von höheren Schulen, zur Verfügung ge- stellt werden. Der Antrag wird dem Verbandsvorstande zugewiesen. Damit war die Tagesordnung, die den Verbandstag am Same- tag von 2 Uhr nachmittags bis 7 Uhr abends und am Sonntag von 9 Uhr vormittags bis 12 Uhr mittags beschäftigte, beendet. Mit Dank an alle Anwesenden und der Aufforderung zu neuer Arbeit im neuen Verbandsjahre schloß nun der Wiedergewählte Verbandsvorfitzende Weidinger den prächtig verlaufenen Ver- bandstag. Die Sparwut erschlägt die Menschlichkeit. Der schwer erkrankte Kriegsbeschädigte K. ersucht um neue Begutachtung und teilt der Invaliden-Entschädi¬ gungs-Kommission mit, daß er der Borladung wegen schwerer Erkrankung nicht Folge leisten kann, weshalb um Hausbegutachtung gebeten wird. Der zuständige Gemeindearzt wird über den Weg der Bezirkshauptmannschaft befragt, ob der Zustand ein län- ger dauernder ist, um Gewißheit zu haben, ob die Begut- ttchtung nicht in einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden kann. Wie gewöhnlich kommt die Antwort nach langer Zeit an die Jnvaliden-Entschädigungs-Kommis- sion, worauf die Hausbegutachtung bewilligt wurde, die allerdings nicht mehr durchgeführt werden brauchte, da der Kriegsbeschädigte inzwischen starb. Es geht halt nichts über den Amtsschimmel. Aber es kommt noch schöner. Der schwerkranke Mann stand selbstverständlich in Be¬ handlung und der behandelnde Arzt, Dr. Simmerstatter, ordnete neben medikamentöser auch Röntgenbehandlung im St. Johann-Spital in Salzburg an, zu der der Kriegs- beschädigte des öfteren fahren mußte. Der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft bestätigte die Notwendigkeit der angeordneten Behandlung und stellte Antrag auf Anerkennung. Zu schwer war der Zustand des Kriegsbeschädigten be- reits und die ärztlichen Bemühungen waren vergebens. Nach qualvollem Leiden erlag er feiner Krankheit. Nun machte die Witwe den Anspruch auf Rückver¬ gütung der gehabten Auslagen geltend, wurde aber ab- gewiesen mit der Begründung, daß die Behandlung zweck» los war. Die Kosten für die Behandlung und Bestrahlung wurden nicht übernommen. Selbstverständlich hat die Partei gegen den abweislichen Bescheid Rekurs ergriffen. Aber auch die behandelnden Aerzte nahmen gegen die Art der Behandlung des Anspruches Stellung und prote- stierten gegen den zum Ausdruck kommenden Vorwurf einer „unzweckmäßigen" Behandlung. Ohne uns in den wissenschaftlichen Streit über Zweckmäßigkeit oder Un- Zweckmäßigkeit einzulassen, ohne uns zu Vertretern der Aerzte aufzustellen, wollen wir feststellen, daß jedesmal dieser Streit, diese Meinungsverschiedenheit auf dem Rücken der Kriegsopfer ausgetragen wird, worunter sie nicht wenig zu leiden haben und daß man denn doch an- nehmen muß, daß der behandelnde Arzt, der seinen Pa- tienten seit Iahren gründlich kennt, eher in der Lage ist, die Heilbehandlungsart und deren Zweckmäßigkeit zu be¬ stimmen, als der Amtsarzt der Gesundheitsabteilung, der nur den verstaubten Akt, nicht aber das lebende Objekt sieht und kennt. Der behandelnde Arzt entscheidet als Arzt, der auch Mensch ist, während der Amtsarzt als Beamter entscheidet, der gedrückt wird von der Flut der Ersparungseriässe, sodaß seine Entscheidungen oft und oft geradezu un- menschlich scheinen. Hat sich ein Arzt soziales Empfinden bewahrt, dann versucht er auch das letzte Mittel, das ihm die Wissen» schast gegeben hat, das Leiden zu heilen oder wenigstens zu lindern und die Schmerzen zu verringern. Die beiden sich verletzt fühlenden Aerzte wandten sich an die Invaliden-Entschädigungs-Kommission Mit einem Schreiben, in dem sie ihren Standpunkt begründeten. Des allgemeinen Interesses halber bringen wir nachstellend die zwei von der Invaliden-Entschädigungs-Kommission nicht beantworteten Briefe. Doktor der gesamten Heilkunde Christian Simmerftatter emerit. Sekundararzt des Rudolfspitals in Wien Mattighofen Rr. 105, Oberösterreich. Telephon Nr. 44. Mattighofen, am 15. März >932. An die Invaliden-Entschädigungs-Kommission in Linz. Ich bestätige den Erhalt Ihres Bescheides vom 26. Fe- bruar 1932, gl. 10.856/62, betreffend Rückersatz von Röntgenbestrahlungen und Medikamentenkosten für den verstorbenen Kriegsbeschädigten Kücher Anton und kann nicht umhin, gegen den Inhalt desselben ganz energisch zu protestieren. Die Anrufung der Schiedskommission überlasse ich selbstverständlich der betroffenen Partei. Der angezogene Bescheid enthält sowohl gegen mich als auch gegen Herrn Primarius Dr. Strohschneider den Borwurf einer unsachgemäßen Behandlung, was ich mir unter gar keinen Umständen gefallen lasse. Sowohl Herr Primarius Dr. Strohschneider als auch ich stellten fest, daß die Röntgenbehandlung überhaupt das einzig Zweckmäßige sei. Wenn dabei der Erfolg aus- geblieben ist, so ist dies weder mein noch des Herrn Dok¬ tors Strohschneider Verschulden. Der gewissenhafte Arzt hat nicht nur die Heilung, sondern auch die Besserung im Auge zu haben. Für ihn kann nicht allein die Erreichung der Arbeitsfähigkeit maß- gebend fein, sondern er hat auch auf die Linderung der Beschwerden Bedacht zu nehmen. Der menschliche Körper ist auch keine Maschine, bei welcher man von vornherein sagen kann, ob sie nach fach- gemäßer Behandlung wieder funktionieren wird. Schon die Möglichkeit eines Erfolges verpflichtet den Arzt zu: Anwendung des betreffenden Mittels. Ich weiß nicht, wer bei der Gesundheitsabteilung der Landesregierung das Gutachten abgegeben hat, welches zur Erlassung des angezogenen Bescheides führte, wenn ich dies aber wüßte, würde ich auch diesem Herrn Begut- achter gegenüber mit meiner Meinung nicht hinter die Berge halten. Ihre Berufung auf den § 4 des Invaliden-Entschädi¬ gungs-Gesetzes ist vollkommen unrichtig, denn dieser §4 verlangt nicht einen bestimmten Erfolg, sondern nur eine Behandlung, welche die möglichste Wiederherstellung der Gesundheit und der Erwerbsfähigkeit zum Ziele hat. Es wäre auch traurig, wenn man alle Kriegsbefchädig- ten, bei denen die völlige Herstellung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit ausgeschlossen erscheint, ohne jede ärzt¬ liche Hilfe verrecken lassen müßte, und dies wird wohl nicht die Absicht des Gesetzgebers sein. Eine derartige Aus- legung blieb der Gesundheitsabteilung der oberösterrei¬ chischen Landesregierung bezw. der Invaliden-Entschädi- gungs-Kommission Linz vorbehalten. Eine so weitgehende Rücksichtnahme auf den Fiskus, welche auf Kosten der ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Kriegsbeschädigten geht, ist aus menschlichen Gründen durchaus verwerflich. Indem ich mich nochmals gegen den Vorwurf der un- sachgemäßen Behandlung ganz entschieden verwahre, er»