Nr. 8 Nachrichten Seite 5 Die anderen waren nicht besser. England, das gegen Deutschland Krieg führte, belie- serte Deutschland über Dänemark, Holland und Schwe- den mit Rohstoffen für Kriegsmaterial und Lebensmittel, Oesterreich-Ungarn belieferte Italien mit Getreide, und von der deutschen Schwerindustrie heißt es bekanntlich auch, daß sie Uber die Schweiz die Feindstaaten mit Ma- terial beliefert hat. Das Großkapital, und insonderheit die Rüstungsindustrie, ist international und fast alle sind untereinander beteiligt. Indes die Helden, zumeist sehr unfreiwillig, in den Schützengräben verrecken, verdie¬ nen die Händler hüben und drüben an den Phrasen, für die die Völker Blut und Gut opfern und fast verhungern. In Oesterreich war überdies der Oberkommandierende des Heeres gleichzeitig auch dessen Dörrgemüse-sStachel- draht-)Weserant. Se. k. u. k. Hoheit Feldmarschall Erz- herzog Friedrich, einer der größten Kriegsgewinnler, braucht für seinen Nachruhm nicht besorgt zu sein: Der höchste Held und der gerissenste Händler Oesterreichs wird in den Annalen fortleben, für und für. Entscheidungen des VerwMvWs- oeticMofes. Zu § 45. Beschwerden über Bureaubescheide (Verlangen nach Eni> jcheidnng der Schiedskommission) müssen innerhalb der gesetzlichen Frist bei der Jnvaliden-Entschadigungs-Kom- Mission eingelangt sein. Die Vorlage an die Bezirkshauptmannschaft genügt nicht. „Die Schiedskommission war im Recht, wenn sie das, • ungeachtet der richtigen und vollständigen Belehrung des Bureaubescheides, wohl innerhalb der vierwöchigen Frist nach dessen Zustellung, jedoch bei der Bezirkshauptmann- schaft Steyr eingebrachte und von dieser erst nach Ab- lauf der Frst an die Invaliden-Entschädigungs-Kommis- sion Linz weitergeleitete schriftliche (also nicht zu Proto- koll gegebene) Ueberprüfuugsbegehren des Anspruchs- Werbers als verspätet eingebracht zurückgewiesen hat. Räch 8 3, Absatz 1, der ersten Durchführungsverordnung zum Invaliden-Entschädigungs-Gesetz ist das Verlangen nach Ueberprüfung des Bureaubescheides durch Überreichung eines Schriftsatzes bei der Jnvaliden-Entschä- digungs-Kommission geltend zu machen. Nach Absatz 2 dieses Paragraphen kann dieser Schriftsatz durch eine bei der Invaliden-Entschädigungs-Kommission abzu- gebende Erklärung zu Protokoll ersetzt werden, die auch von der nach dem Wohnorte des Anspruchswerbers zu- ständigen politischen Bezirksbehörde entgegenzunehmen ist. Diese Bestimmung beschränkt also die Möglichkeit der Einbringung von Ueberprüfungsbegehren bei der Be- zirkshauptmannschaft ausdrücklich auf die Fälle, in denen das Ueberprüfungsbegehren zu Protokoll gegeben wurde; bezweckt ist damit, eine Erleichterung für des Schreibens Unkundige oder für solche Personen zu schaffen, die Ein- gaben nicht abzufassen verstehen: schriftliche Ueberprü- fungsbegehren dagegen müssen ausnahmslos bei der In- validen-Entschädigungs-Kommisfion eingebracht werden. Die in der Begründung der angefochtenen Entscheidung weiter ausgesprochene Anschauung, daß selbst ein bei der Bezirkshauptmannschaft zu Protokoll gegebener Ueber- Prüfungsantrag innerhalb der vierwöchigen Frist des § 45 des Jnvaliden-Entschädigungs-Gesetzes bei der Invaliden- Entschädigungs-Kommission einlangen müsse, um als rechtzeitig gelten zu können, mag allerdings unrichtig sein, da ja dem Antragsteller kein Einfluß darauf zusteht. bemessenen Leistungen keineswegs einwandfrei ist, er- scheint sie doch als der einzige Weg, Nachteile, die wirt- schaftlich nicht schätzbar sind, in Rechnung zu stellen. Deshalb fordert die Versammlung, daß die Entschädi- gungsgesetze für Kriegsopfer den tatsächlichen oder ange- nommenen wirtschaftlichen Schaden, aber auch den Ver- lust der physischen oder geistigen Unversehrtheit in Be* tracht ziehen soll; in allen Fällen, in denen der wirtschaftliche Schaden und der Verlust der physischen oder geistigen Unversehrt- heit nicht gleichzeitig entschädigt werden können, sollen die Kriegsopfer die Wahl haben, ob die Schätzung des zu vergütenden Schadens unter Zugrundelegung des tat- sächlichen oder angenommenen wirtschaftlichen Schadens oder des Verlustes der Unversehrheit erfolgen soll. Ter Krieg war ein Geschäft. Wie ein Balkanstaat in den Krieg eintrat. — Jetzt weiß man, wofür der Heldentod erlitten wurde. Robert Reu mann erzählt unter anderen kleinen Geschichten vom Balkan im Juliheft von Belhagen und Klassings Monatsheften: „Diese Geschichte ist verbürgt und es ist von ihr sowohl im 14. Bericht des Politischen Komitees in Odessa an Lenin die Rede als auch in einer Chiffrendepesche des österreichisch-ungarischen Botschaf- ters Grafen Mensdorff an den Minister Ezernin. Ein Balkanstatt, dessen Namen ich nicht nennen will — (Ru¬ mänien) und der es im übrigen verstanden hat, anläßlich der großen Teilung der Beute sich wie wenig andere seine Grenzen um ein beträchtliches nach Norden und Westen weiterzurücken -—, ein Balkanstaat wußte, als der große Brand in Europa ausbrach, so lange und geschickt zwi- schien den Mittelmächten und der Entente zu lavieren, bis schließlich zuletzt zwischen Oesterreich und Rußland ein regelrechtes Wettbieten anhob. Sagten die einen Beute zu im Nordosten, so versprachen die anderen Land im Südwesten, sprachen die einen vom Geld, so sprachen die anderen von Gold, wußten die einen den Weg zu drei Ministern zu finden, so bestachen die anderen drei wei- tere — es war zu keinem Ende zu kommen. Verhandelte man mit den Russen in Odessa, so ver- handelte man mit den Oesterreichern in Budapest — bis es schließlich doch den Russen gelang, dem Minister des kö¬ niglichen Hauses ein kleines Bankdepot in der Schweiz zu errichten, und so den ganzen Staat auf ihre Seite zu ziehen. „Also topp", sagte der Russe. Aber der Unter- handler der Balkanleute lehnte sich in seinen Sessel zu- rück und sagte: „Noch einen Augenblick. Wir sind also bereit, für unsere heiligen Belange zum Schwert zu grei- fen. Aber ist den Herren bekannt, daß unsere Ausrüstung höcW mangelhaft ist?" Der Russe winkte ab und sagte: „Was Ihre Armee zur vollen Ausrüstung braucht, wird selbstverständlich von uns zur Verfügung gestellt." — „Alles?" — „Alles." — „Dann bitte ich um Aufnahme dieses Puuktes in den Bertrag." Aber auch als dieser Wunsch erfüllt war, konnte der Balkanmann sich noch nicht zur Unterzeichnung verstehen. „Uebermorgen, meine terren, übermorgen", antwortete er auf alles Drangen, as war am 1. September. Am 14. erschien der Balkan¬ mann in Odessa. „Gin Mann — ein Wort", saatc er mit Lächeln und unterschrieb. Erst am 15. traf bei den Rus- Jen die offizielle Mitteilung ein, daß sie dem neuen Bundesgenossen eine neue Artillerie zur Verfügung zu stellen hätten — der Bundesgenosse hat am 13. seine ge¬ samten Kanonen an Oesterreich verkauft, an der Landes- grenze übergeben und mit blanker Münze bezahlt be-