Seite 2 Nachrichte» Ein Weg zum Friede«! Bon Mitterbauer Engelbert, Vorsitzender des Landesverbandes. Nur noch wenige Monate trennen uns von der Wiederkehr des 10. Jahrestages des Kriegsendes und wenn wir zurückblicken auf die vierzehn Jahre der Kriegs- und Nachkriegszeit mit allem Schrecklichen, das wir er- leben mußten, so wird es uns ohne weiteres klar sein, daß es kein müßiges Beginnen ist, sich mit der Frage aus- einanderzusetzen, wie zukünftige Kriege verhindert werden können und der Welt der Friede gesichert werden kann. Im Rahmen dieses Artikels ist eine auch nur annähernd erschöpfende Behandlung dieser Frage freilich nicht mög- ltch, dazu wäre der Umfang eines dicken Buches notwen- dig. Diese Zeilen verfolgen auch nur den Zweck, zum Teil Vergessenes in die Erinnerung zurückzurufen und uns eine Aufgabe wieder vor Augen zu führen, die uns vor zehn Iahren eine ganz selbstverständliche schien: für den Frieden zu kämpfen. Die Erlebnisse der Kriegszeit, die Not und Entbehrung und alle seelischen und körperlichen Leiden erweckten in den Kämpfern aller Länder die immer größer werdende Sehnsucht nach dem Frieden und einen ungeheuren Haß gegen den Krieg und die Kriegs- schuldigen. Nur der Druck eines teuflischen Systems, der auf den Millionen Soldaten lastete, verhinderte den Aus- bruch dieses Hasses. Kaum aber brach es zusammen, kaum waren die Soldaten heimgekehrt, erfaßte auch die Frage nach der Sicherung des Friedens die breitesten Volksschichten. Erstaunlich schnell fanden sich die ehe- maligen Feinde, die Kämpfer, zuerst — dann, gezwungen durch die Erfahrung, daß man mit den „Reg-erten" den Untertanen von gestern rechnen müsse, auch die Regieren- den. Diese Tatsachen allein beweisen, daß der Wille, den Frieden zu erhalten und den Weg zmn Weltfrieden zu finden, vorhanden ist, wenn auch die Motive verschie- dene, nicht immer gleich menschenfreundliche sein mögen. Natürlich gehen die Ansichten weit auseinander, welche Maßnahmen den Frieden zu sichern imstande seien und noch weiter darüber, welche Porbedingungen erfüllt werden müßten. Diese Meinungen kritisch zu werten, ist nicht nur eine sehr große und schwere Aufgabe, sondern auch eine gewagte, wenn man dabei „parteipolitisch neutral" bleiben soll. So traurig es ist. es muß festge- stellt werden, daß die politischen Anschauunzen über die Frage, ob ein Weltfriede möglich ist und wie er gesichert werden könne, weit auseinander gehen und es unmöglich machen, die Frage zu behandeln, ohne dort oder da onzu- stoßen. Bezeichnen doch die einen das „Nie wieder Krieg" als Schlagwort, während es den andern als heiliges Be- kenntnis gilt. Der Friedenswille und die Friedenssehnsucht haben aber nach dem Kriegsende einmal ihren lauten Ausdruck gefunden und es muß Sache der Friedensfreunde sein, diese Stimmen nicht mehr verstummen zu lassen, fon- dern unentwegt und ohne den Mut zu verlieren, wenn auch Rückschläge kommen, für das Ideal der Bölkerver- söhnung und Völkerverbrüderung zu wirken, wenn auch die Staatenlenker noch immer auf die Rüstungen nicht verzichten wollen und über die Abrüstung nur reden, e% gibt Aufgaben zu erfüllen, an denen jeder wahre und echte Friedensfreund mitarbeiten muß und mit Erfolg mitarbeiten kann, von deren Erfüllung wohl nicht alles, aber viel, ja vielleicht das Meiste abhängt. Zu diesen Aufgaben gehört die Erziehung zum Friedenswillen. — Wenn wir den Sommer 1914 vor unserem geistigen Auge wieder aufziehen lassen, werden wir uns, vielleicht mit Beschämung des Rausches erinnern, der uns erfaßt hatte und den man als „Begeisterung" bezeichnete. Die Ursache dieses unendlichen Taumels lag darin, daß nie- mand eine Vorstellung davon hatte, was es hieß, Krieg zu führen. Selbst die einfachsten Ueberlegungen über die Machtverhältnisse der kriegführenden Parteien blieben aus und wehe dem, der es gewagt hätte, Zweifel zu hegenI Die begeisterte Menge hätte ihn gelyncht. Wir kannten den Krieg nur aus dem tendenziös gefärbten Gefchichts- Unterricht und den flotten „Soldatenliedern" und eine feile Presse schürte diese falsche Begeisterung immer mehr und mehr und täuschte gegen besseres Wissen falsche Hoffnungen vor. Diese Erinnerung zeigt uns deutlich, wo einer der Hebel anzusetzen ist. — Wir Kriegsopfer, Invalide, die Gesundheit und Arbeitskraft eingebüßt, Hinterbliebene, die einen teuren Toten betrauern, haben nicht nur das Recht, sondern auch die heilige Pflicht, für den Welt- frieden zu wirken und wir können es, indem wir selbst nicht vergessen, was der Krieg war — und mutig genug sind, es immer und immer wieder deutlich und unge- schminkt zu sagen, auch denen sagen, die es nicht gern hören. Verzichten wir darauf, als Helden gefeiert zu wer- den, denn wir waren es nicht, erstreben wir ein anderes Heldentum, wozu es nicht nötig ist, das Blut der Mit- menschen zu vergießen, reißen wir den falschen Patrioten die heuchlerische Maske vom Gesicht, klären wir die Iu- gend auf, die in ihrem falsch geleiteten Tatendrang im Kriege schon wieder das zu sehen beginnt, was wir 1914 darin sahen und predigen wir unentwegt, daß alle Men- schen Menschen sind und Menschenrechte haben, daß es an uns liegt, die wir das Volk bilden und das Kanonen- futter abgeben müßten, käme es wieder zu einem Kriege — einen solchen zu verhindern, indem wir die Waffen wegwerfen und die Herren Diplomaten allein lassen mit ihrer letzten Weisheit. Wir werden dafür Schmähungen, Spott und Hohn ernten — gewiß, aber wir müssen ge- nug Mut haben, das zu ertragen und der Erfolg wird unser sein. Eltern, gedenket eurer Kinder, bewahrt sie vor dem Schicksal, das uns ereilt hat und an dem wir noch lange Jahre leiden werden, lehrt sie den Krieg hassen als das größte Verbrechen — lehrt sie die Menschen lieben — alle, ohne Unterschied der Sprache und leistet so die wich» tigste Aufgabe für den Weltfrieden und Völkerversöhnung im Sinne unseres Bekenntnisses „Nie wieder Krieg", SM« W KWWWkl! Ol Wkk«» eiM SlWWi« ? Von Weidinger Anton, Vorsitzender-Stellvertreter des Landesverbandes. Noch mitten in den Stürmen des Krieges war es, als einige durch den Kriegsdienst körperlich schwer geschädigte Menschen den Gedanken eines Zusammenschlusses in die Reihen der Kriegsbeschädigten trugen. Wenn diese Pio- niere des Gedankens eines Zusammenschlusses aller Kriegsbeschädigten damals auch noch nicht recht wußten, welchem Hauptzweck eine solche Vereinigung dienen soll, war doch schon in ihrem Unterbewußtsein die Idee vme- handen, Einfluß zu nehmen auf die Gestaltung ihres künftigen Schicksals. Wie diese Einflußnahme vor sich gehen sollte, ob auf dem Wege der privaten Fürsorgetätigkeit oder dem einer öffentlich-politischen Stellungnahme zu dem immer näher an den Staat und die Öffentlichkeit herantretenden Pro-