Nachrichten unrichtig. Jeder wird vorgeladen und gefragt, was er und ob er etwas zu sagen hat. Viele sind wieder zu nervös und können nichts vorbringen. Sogar solche, die sonst nicht verlegen sind, in Zuschriften, Reden usw. die Ausschüsse anzuflegeln, wie es insbesondere ein Beinamputierter aus Bad Ischl zu tun pslegt. All denen, die da meinen, nichts reden zu dürfen oder die nichts zu sagen wissen, sei nochmals geraten, vor der Verhandlung mit dem Vertreter der Orgaui- satiou, der sowohl für den Renten- als auch den Heil- ansschnß täglich vor- und nachmittags in der Ber- bandskanzlei zu finden ist, zu sprechen, welcher dann die Interessen der Betreffenden vertreten kann. Wiederholt müffen Ansprüche abgewiesen werden, weil die notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben sind, weil die Anmeldefrist versäumt wurde, weil eine Behandlung ohne vorherige Anmeldung beim In- validenamte durchgeführt wurde. Da kommt ein Invalider, der setzt sich in den Kops, daß er nur dann gesund werden kann, wenn er nnt r einer Quarzlampe halb gebraten wird. Der andere glaubt wieder gesund zu werden, wenn er Hühnereier in getrockneter Form einnimmt. Beides ist sehr teuer, die Wirkung gleich Null. Nur dem Apotheker und deur Besitzer des Sonnenersatzes wird ein Erfolg zuteil, weil den Rechnungen ein Stückchen Schmalz nicht fehlt. Der erste erfährt von Quarzlichtbehandlung etwas, geht über den Rayon seines zuständigen Arztes hinaus zum Arzt, der eine Quarzlampe hat und läßt sich auf Kosten des Staates behandeln. Der zweite ißt kilo- weise Kindernährmehl mit getrocknetem Eiweiß. Beiden wird vom behandelnden Arzte eine Besserung suggeriert und sie sind fest von einer Besserung über- zeugt. Wieder andere, zumeist Angehörige der sogenannten Jntellillgenzkreise, sehen ihre Rettung nur in der Be- Handlung tri einem ausländischen Bade oder Kurort. Flugs wird'ins Bad gefahren. Der Staat muß es ja zahlen. Großmächtiges Erstaunen, wenn der Ausschuß die Bezahlung der Rechnungen verweigern muß. Die Anmeldung war nicht erfolgt. Eine Behandlung war nicht unbedingt notwendig und hätte in einer hei- mischen Heilanstalt den gleichen oder mehr Erfolg er- zielt. Ueber diese „Ungerechtigkeit" ist dar Herr natür- lich furchtbar erbost. Nie wird er zugeben, daß er selbst der schuldtrageude Teil ist. Ein Invalide sucht Heilbehandlung, ohne sich anzu- melden, in einer Heilanstalt, nimmt die zweite Klasse in Anspruch. Die Jnvaliden-Entschädigungs-Kommis- siou weist ihn selbstverständlich ab, nachdem eine An- Meldung nicht vorliegt. Da wird Rekurs gemacht. Das möchte er sehen, ob man ihm das zahlt oder nicht! So- gar die zweite Berpslegsklasse mutz ihm bezahlt wer- den, weil kein Mensch von ihm verlangen kann, daß er als „Biamter" sich unter das „Volk" begibt. Um die Vertretung recht energisch auszunützen, schickt er seine Frau, um den Ausschuß weich zu stimmen. Alles nützt nichts. Auf die Meinung der Frau, daß die Herren (damit meint sie dieAnsschnßmitglieder) doch selbst ein- sehen müssen, daß ihr Mann nur 1. oder 2. Klasse behau- delt werden muß und kann, sagte der Herr Amtsarzt, daß auch er 3. Klasse nehmen würde, wenn eine Be- Handlung notwendig sei, wenn er sich das Mehr für die 2. Klasse nicht leisten kann. Die anderen Mitglieder waren der gleichen Meinung, der Anspruch wurde ab- gewiesen. Es wird ihm aber so weit entgegenge- kommen, daß die Jnvaliden-Entschädigungs-Kommis-- sion die Kosten für die 3. Klaffe übernimmt. Das ge- nügt nicht, der Heilansfchuß behandelt ihn ungerecht. Wie oft kommt es vor, daß invalide eine Heilbe- Handlung beanspruchen für ein Leiden, das mit der Kriegsdienstleistung in keinem Zusammenhange steht. Und doch meinen diese, der Staat muß ihnen auch das Das Jnvaliden-Beschäftigungsgesetz, welches im Jahre 1920 geschaffen wurde und trotz aller Mängel, die ihm an¬ haften, vielen Kriegsinvaliden Arbeit und Beschäftigung gab, ist mit 31. Dezember 1924 befristet. Die Invalidenschaft gibt schon heute ihrer Meinung Ausdruck und verlangt mit aller Bestimmtheit die Ver- längerung dieses Schutzgesetzes. Noch ist die Wirtschaft- liche Lage nicht so, daß der Kriegsinvalide auch ohne ge- setzliche Hilfe Arbeit finden könnte. Mehr als genug Menschen gibt es, die im Besitze ihrer vollen Arbeitskraft sind und eine Arbeit nicht erhalten könnneu, weil die Stagnation auf allen Gebieten der Produktion fortdauert und schwer auf den Schultern der Arbeitslosen lastet. Um wieviel schwerer würde es für den Kriegsinvaliden sein, eine Beschäftigung zu finden, der doch nur mehr über einen Teil seiner körperlichen Kraft verfügt und deswegen als minderwertige Ware auf dem Arbeitsmarkt betrachtet wird, wenn ihm nicht gesetzliche Mittel zur Verfügung stünden, die den Unternehmer zwingen, den Invaliden einzustellen. Wir wissen schon, daß die Herren wieder mit dem abgedroschenen Schlagwort von den sozialpoltischen Lasten kommen werden, wenn die Verlängerung des Gesetzes auf der Tagesordnung stehen wird. Wir aber geben ihnen schon heute zur Antwort, daß wir im Kriege bedeutend mehr Lasten tragen mußten, als die ihrigen ausmachen, und daß wir es wahrlich nicht verdient haben, als Objekt der Konkurrenzerschwerung im Streit der Meinungen ausgenützt zu werden. Sollte aber versucht werden, das Invaliden-Beschäfti- gungsgesetz als Kompensation für irgend ein Zugestand- nis zu verlangen, so erwarten wir von den Gewerkschafts- Vertretern und den Vertretern der Arbeiterschaft über¬ haupt, daß sie niemals ihre Zustimmung zu einem solchen Verrat an den Interessen der Invalidenschaft geben werden. Trotz aller Mängel, die das Gesetz aufweist, hat es zu einem großen Teil den Invaliden gute Dienste geleistet, wenn auch nicht alles erreicht wurde, was wir uns bei der Gesetzwerdung erhofften. Gerade darum nicht Abbau, sondern Verbesserung des Gesetzes sei die Parole. Wiederholt kommen zu uns Beschwerden über die verschiedenen Ausschüsse bei der Jnvaliden-Entschädi- gungs-Kommission, welche angeblich allzu rigoros vor- gehen, die Vorgeladenen nicht zu Worte kommen lassen usw. Solche Beschwerden wurden in letzter Zeit auch gegen den Heilausschuß geführt, so daß es von Vorteil ist, in die Werkstätte des Heilausschusses Einblick zu nehmen. Von unserem Vertreter im Heilausschuß erfahren wir hiezu: Es muß zugegeben werden, daß dem einen oder anderen Invaliden unrecht getan wird. Sicher ist das eine, daß sich der Heilausschuß in Linz bemüht, den Wünschen der Jnvalidenschast nach Möglichkeit Rech- nnng zu tragen. Wenn einem Invaliden unrecht ge- tan wird, ist es in den allermeisten Fällen seine eigene Schuld, da er es nicht für notwendig hält, den notwen- digen Nachweis für ein Vergütungsansuchen zu er- bringen. Der Ausschuß mutz nach dem Gesetze han- deln und daher oft auch Ansprüche abweisen, wenn er sie auch für gerecht hält. Meistens reden sich die Invaliden dahin aus, daß sie vor dem Heilausschuß nichts sagen dürfen. Das ist