Die erste Note Wilsons 161 Bedingungen annehme, und ob ihr Zweck beim Eintritt in die Dis¬ kussion „nur der sein würde, sich über die praktischen Einzelheiten ihrer Anwendung zu verständigen." Den Abschluß der von Robert Lansing unterzeichneten Note bildete die Frage, ob der deutsche Kanz¬ ler nur für diejenigen Gewalten des Reiches spreche, die bisher den Krieg geführt hätten. Die Antwort auf diese Frage sei von jedem Standpunkt aus außerordentlich wichtig. Der vorherrschende Eindruck der Note war in Berlin, daß Wilson nicht ablehne, sondern bereit sei, die Vermittlung in die Hand zu nehmen. Ob es möglich sein würde, das von Wilson gestellte Räu¬ mungsverlangen abzulehnen, konnte nur militärisch entschieden wer¬ den. Prinz Max von Baden sprach hierüber vor einer für den 9. Ok¬ tober anberaumten Sitzung mit dem General unter vier Augen. Bei dieser Gelegenheit erinnerte er an die Entstehung des Waffenstill¬ standsangebots, und daß er als „pazifistischer Prinz" jetzt schon für die Bitte um Waffenstillstand verantwortlich gemacht werde. Jetzt sei er, um Deutschlands Schwäche nicht noch weiter zu enthüllen, nicht in der Lage, die wahren Zusammenhänge aufzuklären und müsse das Angebot vom 3. Oktober nunmehr mit seinem Namen decken. General Ludendorff erwiderte ihm: „Ich danke Euer Großherzoglichen Hoheit im Namen der Obersten Heeresleitung und im Namen der Armee." Im Verlause der Sitzung beantwortete Ludendorff die Fragen des ihm übergebenen Fragebogens mündlich". Auf die Frage „Muß auch heute noch mit der Möglichkeit eines militärischen Zusammen¬ bruchs vor dem Frühjahr gerechnet werden, und, bejahendenfalls, be¬ steht diese Gefahr schon für die nächsten drei bis vier Wochen?" ant¬ wortete er: „Gefahr des Durchbruchs besteht immer. Engländer hät¬ ten beim ersten Tankangriff durchbrechen können." Oberst Heye er¬ klärte in der gleichen Sitzung, daß er der O.H.L. seit vier Wochen an¬ gehöre, und daß wir bei der jetzigen Ersatzlage nicht mehr mit Sicher¬ heit auf eine gute Kriegsdurchführung rechnen könnten. „Es wäre Hazardspiel der O.H.L., wenn sie den Friedensschritt nicht beschleu¬ nigte. Es kann fein, daß wir bis zum Frühjahr halten. Es kann aber auch jeden Tag eine Wendung kommen. Gestern hing es an einem Faden, ob Durchbruch gelang. Dringende Bitte, nicht von Nervosität zu sprechen. Schritt zum Frieden, noch mehr zu Waffen¬ stillstand, ist unbedingt notwendig. Truppe hat keine Ruhe mehr. Unberechenbar, ob die Truppe hält oder nicht. Jeden Tag neue Über¬ raschungen. Ich fürchte nicht eine Katastrophe, sondern möchte Armee retten, damit wir während der Friedensverhandlungen sie noch als Druckmittel haben. Armee braucht Ruhe. Hat sie die und gewinnt sie neuen Ersatz, so kann sie auch wieder neue Leistungen zeigen." 9 Amtliche Urkunden zur Vorgeschichte des Waffenstillstandes, Nr. 36 u. 38, Schwertfeger, Das Weltkriegsende 11