98 Die rein militärische oberste Kriegsleitung am 15. August vormittags hoffnungsvoller verließ, als er gekommen war. Eine innere Übereinstimmung, wie die Gesamtlage sie erfordert hätte, ist aber durch den Besuch der Österreicher nicht erzielt wor¬ den". Im Gegenteil: durch die Mitteilungen der Österreicher er¬ schien Deutschlands Lage noch weiter verschärft. Vom 15. August bis zum 29. September 1918. Die auf die Besprechungen vom 13. und 14. August folgenden Wochen standen militärisch unter dem Zeichen der Abwehr der fran¬ zösischen, englischen und amerikanischen Angriffe. Politisch waren sie deutscherseits von dem Bestreben erfüllt, nach Friedensmöglich¬ keiten auszuspähen und unter Berücksichtigung der Propaganda¬ gedanken Wilsons festzustellen, ob irgendwo Geneigtheit zu Bespre¬ chungen bestand. Schon in der Konferenz vom 29. Juli 1918 hatte der Reichskanzler von einem Versuche gesprochen, mit Wilson Ver¬ bindung aufzunehmen Wilson hatte am 4. Juli in Mount Vernon am Grabe Washingtons eine Rede gehalten und dabei vier neue Programmpunkte in die Welt geworfen. Er sprach von der Ver¬ nichtung jeder „Willkürmacht", die für sich und heimlich den Frieden stören könnte, und forderte, daß alle Fragen des Landgebiets, der Souveränität, wirtschaftlicher oder politischer Angelegenheiten hin¬ fort auf der Grundlage einer freien Regelung durch das unmittelbar betroffene Volk geordnet werden sollten und nicht auf der Grund¬ lage des materiellen Vorteils eines anderen Volkes, das seinen eige¬ nen Einfluß oder seine Macht außerhalb seiner Grenzen zu vermeh¬ ren trachte. Hingegen sollten alle Völker sich in ihrem Verhalten zu¬ einander von denselben Grundsätzen der Achtung und Ehrerbietung vor den gemeinsamen Gesetzen der gesitteten Gesellschaft leiten las- len. „Alle Versprechungen und Abmachungen sind zu halten, es dür¬ fen keine Verschwörungen angezettelt werden; kein Unrecht soll un- gesühnt bleiben, es muß gegenseitiges Vertrauen herrschen, das sich auf die Achtung vor den Rechten der andern gründet." Schließlich hatte er wiederum von seinem Völkerbünde und der Einsetzung eines mit der höchsten Gewalt zu bekleidenden Gerichtshofes gesprochen, dem sich alle unterwerfen müßten, und dem alle internationalen Zwiste, die nicht auf freundschaftliche Weise beigelegt werden könn¬ ten, zur Begleichung vorzulegen seien. Er hatte mit den Worten geschlossen: „Diese großen Ziele lassen sich in einem Satz zusammen¬ fassen. Was wir erstreben, ist die Herrschaft des Rechts, gegründet auf die Zustimmung der Regierten und unterstützt durch die organi¬ sierte Meinung der Menschheit." 11 Niemann, Kaiser und Revolution, S. 62. 12 Vergl. oben 6. 86.