94 Die rein militärische oberste Kriegsleitung Entente eingestellt. Spanien sei verstimmt wegen des deutschen U--Bootkrieges. Von den Verbündeten erkläre Österreich, am Ende seiner Kräfte angelangt zu fein, ob es einen Winterfeldzug noch aus¬ halten könne, sei zweifelhaft; Bulgarien stelle dauernd große Anfor¬ derungen; seine Armee sei erschöpft; die Türkei gehe im Kaukasus ihre eigenen Wege. Über die militärische Lage sagte Hintze, und General Ludendorff hat in seiner Veröffentlichung „Das Scheitern der neutralen Frie¬ densvermittlung August/September 1918" (Berlin 1919, E. S. Mitt¬ ler, S. 14) diese Festsetzungen als von beiden Seiten unangefochten festgestellt: „Der Chef des Generalstabes des Feldheeres hat die krie¬ gerische Situation dahin definiert, daß wir den Kriegswitten unserer Feinde durch kriegerische Handlungen nicht mehr zu brechen hoffen dürfen, und daß unsere Kriegführung sich als Ziel setzen muß, durch eine strategische Defensive den Kriegswillen des Feindes mählich zu lähmen. Die politische Leitung beugt sich vor diesem Ausspruch der größten Feldherren, die dieser Krieg hervorgebracht hat, und zieht daraus die politische Konsequenz, daß militärisch wir außerstande sein würden, den Kriegswillen des Gegners zu brechen, und daß wir daher gezwungen seien, dieser Kriegslage in der Führung unserer Politik hinfort Rechnung zu tragen." Kronprinz Wilhelm trat den Ausführungen Ludendorffs und Hintzes restlos bei und betonte die Notwendigkeit, die innere Front durch strengere Zucht zusammenzuhalten. Darauf ergriff der Kaiser das Wort. Er wies zunächst auf bes¬ sere Ordnung im Innern hin. Hierzu müßten die Stellvertretenden Kommandierenden Generale und der Kriegsminister mitwirken und auch die Zivilbehörden auf striktere Durchführung der Staatsgewalt Bedacht nehmen. Für den Ersatz müsse durch besseres „Auskämmen" gesorgt werden. Hinsichtlich der Außenpolitik führte der Monarch aus, daß auch der Feind leide. Die Ernte in England sei schlecht, die Tonnage vermindere sich ständig, und vielleicht komme durch die¬ sen Mangel England allmählich dazu, sich zum Frieden zu bekehren. Mit der von Hintze gegebenen Charakteristik der politischen Lage er¬ klärte sich der Kaiser einverstanden: „Es müsse auf einen geeigneten Zeitpunkt geachtet werden, wo wir uns mit dem Feinde zu verstän¬ digen hätten. Der König von Spanien und die Königin der Nieder¬ lande seien geeignete Media." Der Kaiser forderte sodann die Bil¬ dung einer Propagandakommission zur Schwächung der Siegeszu¬ versicht des Feindes, zur Hebung der Zuversicht des deutschen Volkes. Die politischen Leitsätze müsse das Auswärtige Amt geben. Seine Darlegungen endeten mit den bedeutungsvollen Worten: „Die ein¬ zelnen Ressorts müßten nicht wie bislang gegeneinander arbeiten und voreinander Geheimniskrämerei treiben. Die Militär- und Zivil¬