Der Umschwung der Kriegslage 87 der Fall war, scheint mir die Ersparnis an Mannschaften und Ma¬ terial, die durch die Zurücknahme erzielt wird, durchaus nützlich. In der Abwehr der feindlichen Angriffe sind wir überall erfolgreich ge¬ wesen. Die Verluste der Feinde sind sehr groß. An Gefangenen und Geschützen heben sich unsere und die feindlichen Verluste auf. Trotz¬ dem fürchte ich, daß der Eindruck in der Heimat schlecht gewesen ist. Es muß daher energisch auf die Stimmung gewirkt werden, — ent¬ gegen der Erzbergerschen Methode. Hier müssen Kriegspresseamt und militärische Stelle — gemeint war die des Obersten v. Haeften — das ihrige tun. Im Auslande scheint der Eindruck nicht allzu be¬ denklich zu sein. General Ludendorff hat sich Winterfeldt gegenüber zuversichtlich ausgesprochen. Er hofft, in absehbarer Zeit wieder zu neuen Taten bereit zu sein." Vizekanzler v. Payer, an den dieses Schreiben gerichtet war, folgerte daraus, daß am 1. August jeden¬ falls die O.H.L. noch weit von der Auffassung entfernt war, der Krieg könne mit den Waffen nicht mehr gewonnen werden. Offenbar war im Großen Hauptquartier seit der Zurücknahme der Truppen von der Marne und der Überwindung des Schreckens über den Tankangriff vom 18. Juli bei Soissons eine Beruhigung eingetreten. Anfangs hatten die Heerführer die Vorgänge des 18. Juli fast als eine drohende Katastrophe beurteilt, die abzuweh¬ ren gerade noch gelungen war. Da nun aber die Truppen bei den anschließenden Rückzugskämpfen bis zum Erreichen der Aisne-Vesle- Etellung ihre alte Kampfform wiedergefunden hatten, schob man das Versagen einzelner Truppenteile am 18. Juli jetzt hauptsächlich auf die Rechnung der Überraschung und des Tankschreckens. So empfand man schließlich den Ausgang der Kämpfe während des Rück¬ zuges in gewissem Sinne als einen Abwehrsieg. Staatssekretär v. Hintze faßte die Gesamtlage erheblich pessimistischer auf und ließ darüber auch dem Vizekanzler v. Payer gegenüber, den er dauernd auf dem Laufenden erhielt, keinen Zweifel. Es wurde Zeit, das Verhältnis zwischen Politik und Krieg¬ führung nunmehr grundlegend klarzustellen, nachdem die vier gro¬ ßen Offensiven den mit ihnen beabsichtigten Erfolg nicht gezeitigt hatten, den Feind friedenswillig zu machen. Wenn in unserer Dar¬ stellung der Eindruck entstehen kann, daß es für die Beurteilung der großen Zusammenhänge in der Hauptsache nur auf die mit der höch¬ sten Verantwortlichkeit betrauten Persönlichkeiten angekommen wäre, so ist es, gerade wenn wir aus der Kriegsgeschichte lernen wollen, von höchster Wichtigkeit, festzustellen, ob es denn in einer solchen Lage kein Mittel gab, die Intelligenz auch anderer Persön¬ lichkeiten an Nachgeordneten Stellen für die große Sache nutzbar zu machen. Es wäre ja sonst eine übergroße Gefahr einer derartigen Konzentration des höchsten Machtwillens im Kriege, wenn er ledig-