Der Umschwung der Kriegslage Der Umschwung der Kriegslage. Bald nachdem Staatssekretär v. Hintze seine neue Stellung an¬ getreten hatte, besuchte er am 9. Juli die O.H.L. in Avesnes, von wo er nach Charleville weiterfuhr. Hintze stellte an General Luden¬ dorff die Frage, ob er sicher wäre, mit der jetzigen Offensive den Feind endgültig und entscheidend zu besiegen. Ludendorff wiederholte die Frage und bejahte sie, indem er Gründe für seine Zuversicht angab. Auf den Staatssekretär machte die Zuversicht des Generals einen tiefen Eindruck. Da Herr v. Kühlmann auf das Verlangen der O.H.L. entlassen worden war, weil er den Sieg allein mit den Waf¬ fen in Zweifel gezogen hatte, mußte die Siegeszuversicht Luden¬ dorffs jetzt um so stärker auf den neuen Leiter der Außenpolitik wir¬ ken. Gelang der Sieg auf dem Schlachtfelde, so befand sich tatsächlich der Staatssekretär „in der leichten und vielversprechenden Rolle, auf einen sicheren Sieg die Siegel eines Siegerfriedens zu drücken." Vorerst mußten noch mehrere Tage vergehen, ehe Herr v. Hintze sein Amt zu übernehmen vermochte. Er hatte noch einige mit sei¬ nem Abgänge aus Christiania verbundene Formalitäten zu erledi¬ gen, sich auch dort persönlich abzumelden. So kam es, daß er an¬ schließend an seine Reise nach Berlin, die er am 10. Juli mit dem Reichskanzler Grafen Hertling angetreten hatte (s. o. S. 82), meh¬ rere Tage in Deutschland nicht anwesend war. Inzwischen erfolgte die Offensive bei Reims, und die O.H.L. stand nach Helfferichs Ur¬ teil (Der Weltkrieg, 3. Band, S. 436/7) vor der Wahl, „entweder den Versuch zu machen, durch einen neuen großen Angriff eine Ver¬ besserung der Front nach vorwärts herbeizuführen und womöglich die Entscheidung zu erzwingen; oder die Offensiven abzubrechen, durch Verkürzung der Front nach rückwärts in die Defensive überzu¬ gehen, in günstigeren Stellungen den Feind anlaufen und womög¬ lich verbluten zu lassen". Jetzt konnte allerdings von einem neuen großen Angriff keine Rede mehr sein, und es blieb nur die zweite Möglichkeit übrig. Staatssekretär v. Hintze hatte am 20. Juli, also unmittelbar nach dem Scheitern der Offensive auf Reims und nach dem französi¬ schen Vorstoße vom 18. Juli, in Berlin die Geschäfte des Auswärti¬ gen Amtes übernommen und dabei vor den versammelten Beamten die Parole ausgegeben, mit der O.H.L. vertrauensvoll zusammen¬ zuarbeiten. Die von der Armee nach Berlin gelangenden Nachrich¬ ten boten trotz der eingetretenen Rückschläge einstweilen keinen Grund zu ernsthafter Besorgnis. Die gute Haltung der Truppen beim Rückzüge in die neuen Stellungen hatte auf die O.H.L. einen beruhigenden Eindruck gemacht; es war gelungen, die heftigen An¬