12 Politik und Kriegführung bis zur Großen Schlacht in Frankreich 1918 Krieg aber bloß das Instrument und nicht umgekehrt. Es bleibt also nur das Unterordnen des militärischen Gesichtspunktes unter den politischen möglich." Die Führung des Krieges in seinen Hauptum¬ rissen war für Clausewitz die Politik selbst, „welche die Feder mit dem Degen vertauscht, aber darum nicht aufgehört hat, nach ihren eigenen Gesetzen zu denken." Staatsmännisches und militärisches Denken sind grundverschie¬ den. Politisches Denken und Handeln erwächst aus geschichtlich ver¬ tiefter Erkenntnis staatlicher Zusammenhänge. Die Arbeit des Staatsmannes ist auf die Zukunft gerichtet. Sie muß Dauerhaftig¬ keit anstreben und kann somit eigentlich nie auf kurze Sicht arbeiten. Grundlegend anders denkt der Soldat. Wo steht der Feind, wie ist die gegenwärtige Lage? Das ist seine erste Frage. Von ihrer Beantwortung hängt es ab, was der Soldat seinerseits zu tun ge¬ denkt, um binnen einer möglichst kurzen Frist eine neue günstigere Lage zu schaffen. Sein Ziel ist die Niederwerfung des Feindes: diese aber wiederum schafft der Staatskunst die Möglichkeit, im Sinne Friedrichs des Großen möglichst bald zu einem vorteilhaften Frieden zu gelangen. Der Krieg ist also niemals Selbstzweck. Poli¬ tisches Denken bestimmt seinen Anfang und sein Ende. Kann so an einer grundsätzlich bedingten Gegensätzlichkeit poli¬ tischen und militärischen Denkens nicht gezweifelt werden, so mu߬ sich eigentlich Mittel und Wege finden lassen, die ein erfolg¬ reiches und jedenfalls erträgliches Zusammenarbeiten der politischen und militärischen Ratgeber des Obersten Kriegsherrn gewährleiste¬ ten. Wir wissen aber aus der Kriegsgeschichte, besonders aus den preußisch-deutschen Feldzügen von 1866 und 1870/71, daß eine sach¬ gemäße, zugleich politische und militärische, Zusammenarbeit in der Praxis des Krieges die größten Schwierigkeiten bietet. Soldatischem Denken erscheint die abwägende Arbeitsform des Staatsmannes nur zu leicht als „von des Gedankens Blässe angekränkelt", als der fri¬ schen Tatkraft ermangelnd, die der Soldat nun einmal als eine uner¬ läßliche Voraussetzung für jeden Erfolg betrachtet. Man hat oft darüber geklagt, daß es im Weltkriege auf deut¬ scher Seite an einem Staatsmanne vom Ausmaß des eisernen Bis¬ marck gefehlt habe. Aber wir wissen doch von Bismarck selbst, wie schwere Kämpfe es auch für ihn gekostet hat, wenn er den Vorrang Politik in der Kriegführung durchzusetzen suchte. Die Gering¬ schätzung des politischen Geschäfts war in Preußen schon seit den Befreiungskriegen eine von glänzenden Namen getragene Anschau¬ ung. Unvergessen lebten in der Kriegsgeschichte jener Zeit die schwe¬ ren Konflikte zwischen der preußischen Staats- und Heeresleitung fort, die sich nach dem siegreichen Abschluß des Feldzuges von 1815