Einleitung. Was lohnt es zu leben, wenn man nur vegetiert? Was lohnt es zu sehen, wenn man nur Tatsachen in seinem Gedächtnis anhäuft? Was nützt die Er¬ fahrung, wenn sie nicht durch Nachdenken fruchtbar gemacht wird? Friedrich der Große in seinen „Betrachtungen über die Taktik und einige Seiten der Kriegführung". Es ist eine alte Klage, daß die Einzelnen ebensowenig wie die Völker aus der Geschichte lernen wollen. Dabei kann es im Leben der Völker nichts Wichtigeres geben als die Erkenntnis der wahren Gründe für Sieg und Niederlage, da der Ausgang der großen Kriege für das Schicksal der von ihnen betroffenen Völker auf lange Zeit hinaus maßgebend bleibt. Von Friedrich dem Großen ist bekannt, daß er auf Grund seiner in den Schlesischen Kriegen gemachten Er¬ fahrungen 1753 die Generalprinzipien vom Kriege niederschrieb und als Begründung dafür angab, er habe über die Prinzipien dieser großen Kunst gründlich nachgedacht, „durch welche verschiedene Reiche und Staaten emporgebracht, verschiedene hergegen gestürtzet und übern Haussen geworffen worden". Je mehr er in seiner Er¬ kenntnis vorwärtsschritt, um so weniger war er geneigt, die Dinge nur nach dem Erfolge zu bewerten. So erörterte er 1759, als ein heftiger Gichtanfall ihm im vierten Jahre seines großen Krieges eine unerwünschte körperliche Muße aufzwang, die Schicksale des Schwe¬ denkönigs Karls XII., um daraus zu entnehmen, bei welcher Gele¬ genheit man ihn ohne Gefahr nachahmen könne, und bei welcher man es vermeiden müsse, ihn zum Muster zu nehmen. Sicherlich muß in der Kriegsgeschichte der Erfolg eine bedeutende Rolle spielen. Alles, was dem Endziel der Kriegführung, also dem Siege, förderlich erscheint, verdient Lob und wird in der Geschichte zumeist als Erfolg gepriesen. Nur zu oft wird dabei übersehen, wie viel von dem erreichten Erfolge wirklich ehrlich verdient, wieviel vielleicht nur unerwarteten und gar nicht in Rechnung gestellten Fehlern und Unterlassungen des Feindes zu danken ist. Der vor-