im Laufe der Zeit den mehr und mehr aufkommenden neuen
Rechtsfällen nicht genügten, bildeten sich mitunter gewohn¬
heitsmäßig oder wohl auch auf Veranlassung eines weiter
ausblickenden Stadtherrn lokale Rechtsgebräuche aus, wozu
noch verschiedene Privilegisieruugen durch ihn kommen konnten.
Er war nach Anschauung der Zeit auch eine Person von öffent¬
licher Glaubwürdigkeit. Stellte er nun der Stadt eine Ur¬
kunde aus, in welcher die Befreiung von der Gerichtsbarkeit,
die lokalen Rechtsgebräuche und die besonderen Begünstigungen
zusammengefaßt wurden, so verlieh er ihr ein Stadtrecht.
Der Aufstieg vom Dorf zur Stadt war also durchaus nicht
leicht zu bewältigen. Es mußten vielmehr eine ganze Anzahl
von Faktoren sich vereinigen, um diesen Erfolg zu bewirken.
Die Erforschung des Werdens und Wesens deutscher Städte
hat die Wissenschaft lebhaft beschäftigt. Die Ergebnisse ihrer
Bemühungen gestatteten, in allgemeinen Zügen das obige
Bild von der Entstehung einer grundherrlichen Stadt und ihres
Rechtes zu zeichnen. Daraus lassen
sich nun die Einzelheiten erklären, die
uns die spärliche, urkundliche Ueber¬
lieferung von Eferding bis 1222 be¬
richtet.
Bereits die Römer haben an der
Stelle der heutigen Stadt eine Nieder¬
lassung gehabt, wie die Funde im
städtischen Museum zeigen. Der Name
und die Zeit ihres Unterganges sind
bisher unbekannt. Nicht sehr früh tritt
dann „Eferding" in das Licht der
Geschichte, als 1111 Bischof Ulrich I.
von Passau das Chorherrenstift St. Ni-
kola wieder herstellte und bei dieser
Gelegenheit für die Bekleidung der
Mönche unter anderem, eine Rente
von vier Pfundjährlich „de Efridingen"
anwies. 1144 vertauschte Bischof Re-
ginbert die Pfarre Swarzaha gegen
diese Rente, darunter auch „quaedam
arei Euerdingen“ (einige Hofstätten
zu E.) genannt werden. Und 1167
verleiht Bischof Abono dem Abt Geb¬
hart von Wilhering eine „nrea 8epe
et maceria circumdata ... de mare,
quod - vulgo in theutonico dicitur
purchreth“ (eine mit Zaun und Mauer
umfangene Hofstätte, welche zu deutsch Burgrecht genannt wird);
auch werden Bürger von Eferding exwähnt. Wir dürfen aus
dieser Urkunde mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß da¬
mals bereits Eferding ein Marktort war, dessen Bedeutung
den Abt zum Erwerbe einer Hofstätt daselbst veranlaßte. Der
Markt schloß sich an die daselbst befindliche bischöfliche Güter¬
verwaltungsstelle an, von der wir aus derselben und noch einigen
späteren Urkunden erfahren. Die steigende Bedeutung erweist
auch die Abhaltung eines Kapitels 1189 bei Anwesenheit
mehrerer Achte und Laien, sowie daß die Wahl Bischof Ul¬
richs II. den Annalen von Garsten zufolge in Eferding 1215
stattgefunden haben soll. Abt Godescale von Wilhering (1200
bis 1207) machte Geschäfte mit einem Kaufmann zu Eferding.
So dürftig auch diese Nachrichten sind, bezeugen sie doch den
raschen, kräftigen Aufschwung des Ortes innerhalb eines Jahr¬
hunderts, der durch das passanische Rentamt (und die eben¬
falls dem Bischof gehörige Lände) hervorgerufen und gefördert
wurde.
Dieser Entwickelung trug Bischof Gebhart Rechnung,
als er — wie wir annehmen müssen — bei den' Inhabern des
Landgerichts Aschachwinkel, den Herren von Schaunberg,
und wohl auch bei dem Landesfürsten Herzog Leopold VI.
die Exemption Eferdings von der niederen Gerichtsbarkeit
des schaunbergischen Landrichters durchsetzte und die Er¬
laubnis zur Befestigung erhielt. Darauf hin stellte er an:
14. Juli 1222 den „cives civitatis nostrae Eferding“ (den
Bürgern seiner Stadt Eferding) eine Urkunde aus, in denen
die Rechte der Stadt festgestellt wurden.
Die Urkunde, welche sich im bischöflichen Archive, heute
im Reichsarckstv München, befindet und in der Kanzlei Gebhärts
geschrieben worden ist, bestimmt:
1. Die Eferdinger genießen dieselben Rechte an der Maut
zu Passau, wie die Bürger dieser Stadt; das war zwar schon
ein altes Recht, war aber den Eferdingern geschmälert worden
und wird deshalb jetzt erneuert.
2. Alle, die zuziehen wollen, dürfen aufgenommen werden;
ausgeschlossen sind offenkundige Diebe und Räuber; doch darf
kein Geächteter ausgewiesen werden, wenn er nicht hier zuerst
angeklagt oder seine Aechtung hier öffentlich kundgemacht
wurde.
Das Starhemberg-Schloß. Phot. Fürböck.
3. Der in der Stadt gefangene Dieb muß aus der Stadt
(dem Landrichter) ausgeliefert werden.
4. Wenn ein Bürger die Aechtung verdienen sollte, so
muß er in der Stadt festgehalten werden, bis er seine Ver¬
gehen dyrch Buße wieder gutgemacht hat.
6. Wird kundgemacht, daß die Herrschaft zwischen der
„cmva aba" (krummer Bach, wohl des, an dem Eferding
liegt) und Tratwerde (Tratwört an der Donau) zu Passau
gehört.
. 6. Ueber die Schiffe steht dem Bischof das Gericht, „Steech-
recht" genannt, ebenso zu, wie im Markte.
Die Eferdinger genossen also bereits lange vor 1222 zu
Passau eine Mautbegünstigung, was auf einen schon geraume
Zeit bestehenden Handelsbetrieb auf der Donau weist und die
oben vorgetragene Ansicht über den Marktort kräftig unter¬
stützt.
Auch die Gewinnung neuer Ansiedler ist vorgesehen durch
die Erlaubnis der fast bedingungslosen Aufnahme Zuwande¬
rungslustiger, denen eine Art Asylrecht gewährt wird.
Von besonderer Wichtigkeit sind aber die in der Urkunde
ausdrücklich als neu bezeichneten Rechte bezüglich der Gerichts¬
barkeit. Die Bürger durften demnach über ihresgleichen in
allen Fällen richten, welche durch Buße, das ist durch Geld-
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