Der Absatz der künstlichen Düngemittel im Kriege Von Regierungsassessor Wilhelm von Flügge, Referent im Kriegsernährungsamt. Die Verteilung einer Ware erfolgt, solange die freie Bildung des Marktpreises nicht gestört ist, eben durch den Preis. Das Gleichgewichtsverhältnis, das sich aus Angebot und Nachfrage ergibt, regelt die Distribution der Ware. Die Preisbildung ist somit die Maschinerie, die zugleich die Verteilung bewirkt. Wird durch staatlichen Eingriff, wie sich das im Kriege häufig als nötig erwiesen hat, die freie Preisbildung unterbunden, und wird das freie Walten des Gesetzes von Angebot und Nachfrage durch regulierende Bestimmungen des Staates ersetzt, so wird damit zugleich die Maschine zerschlagen, die die Verteilung der Ware ordnet. Die Verteilung geht daher ihrer eigenen Gesetze verlustig und bedarf in Ergänzung der staatlichen Regelung des Preises ihrerseits ebenfalls staatlicher Einwirkung. Aus dieser wirtschafts-theoretischen Grundlage ergeben sich die allgemeinen Schlüsse, welche die theoretischen Unterlagen für die Kriegswirtschaftspolitik hinsichtlich der künstlichen Düngemittel zu bilden hätten. Zwei Dinge sind bei Erwägung der auf dem Gebiete der künstlichen Düngemittel zu treffenden kriegswirtschaftlichen Maß nahmen im voraus festzustellen: Einmal eine Tatsache und zum andern eine politische Notwendigkeit. Die Tatsache ist die, daß die zur Verfügung stehenden Mengen an künstlichem Dünger zum Teil nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, um den Bedarf zu decken. Bei Kali ist das nicht der Fall; Kali kann daher bei den in Erwägung zu ziehenden Tatsachen zunächst ausgeschaltet werden. Stark da gegen ist der Mangel an Stickstoff. Zunächst sind nicht ent fernt diejenigen Mengen vorhanden, welche die deutsche Landwirt schaft im Frieden verbraucht hat; dann aber ist an sich die Nach frage der Landwirtschaft im Kriege eine stärkere als im Frieden. Denn einerseits ist durch den Mangel an Kraftfutter ein stärkerer Ausfall an Stickstoffgehalt im tierischen Dünger entstanden, der von fachmännischer Seite außerordentlich hoch eingeschätzt wird.