muh sich klar machen, daß es sich hier nicht um eine mechanische
Produktion handelt, die toten Stoff mit Werkzeug oder Maschine
oder durch ein genau berechnetes chemisches Verfahren in eine andere
Form zu bringen hat, sondern um eine organische Er
ze u g u n g. Das heißt, es handelt sich um die Entstehung von
Leben und um Wachstumsvorgänge, bezüglich deren die Wissenschaft
erst am allerbescheidensten Anfang der Erkenntnis steht. Wir können
die Landwirtschaft als angewandte Physiologie bezeichnen; die
Physiologie aber ist eine Wissenschaft, die kaum so viel Jahrzehnte
zählt wie die Landwirtschaft Jahrtausende. Erst in der allerjüngsten
Zeit konnte die pflanzliche und tierische Physiologie sich rühmen, die
Methoden gefunden zu haben, mittels welcher die Erzeugungs- und
Wachstumsvorgänge nicht etwa begriffen, sondern vielmehr nur in
ihrem Verlaufe festgestellt und kontrolliert zu werden vermögen. Die
Anreicherung des Bodens durch den Anbau von Leguminosen war
schon den Römern bekannt; erst 1886 stellte Hellriegel fest, daß die
an den Wurzeln der Leguminosen befindlichen, durch Bakterien
hervorgerufenen Knöllchen die Fähigkeit besitzen, den freien Stickstoff
der Luft zu assimilieren und den Pflanzen zuzuführen. D i e
Landwirtschaft ist bis in die Gegenwart in der
ganz überwältigenden Mehrheit ihrer Vor
gänge nicht sowohl ein planmäßig zu berech
nender Prozeß, als eine auf Kenntnis der
Besonderheiten jeder Parzelle, jeden Stücks
Vieh beruhende Kunst. Alles, was die Landwirtschafts
wissenschaft lehren kann, und das ist allmählich doch ziemlich viel
geworden, wird erst in der Hand des einzelnen Landwirts lebendig;
eine mechanische Übertragung der Weisheit des Hörfaales oder der
landwirtschaftlichen Winterschule ist aussichtslos.
Einen besonderen Hinweis verdient noch die Tatsache, daß die
P r o d u k t i o n s b e d i n g u n g e n s e l b st innerhalb ver
hältnismäßig enger Gebiete, ja in einem $orf
und von Parzelle zu Parzelle verschieden sind.
Die Beschaffenheit des Bodens in bezug auf seine Bestandteile, die
Wasserverhältnifse (Feuchtigkeit oder Trockenheit), die Höhenlage,
der Neigungswinkel, alle diese Bedingungen engen, ganz abgesehen
vom Klima und Wetter, die Wachstums- wie die Bearbeitungs
möglichkeiten ein. Nur ein Beispiel für diese Verschiedenheiten!
Die preußische Regierung veranstaltete im Jahre 1861 eine der
Schwierigkeit und Kostspieligkeit halber nicht ivtederholte Boden-
einschätzung zum Zwecke der Grundsteuerveranlagung. Dabei