66 XII. Die Eroberung Jerusalems. Am nächsten Tage, kurz vor dem Untergange der Sonne erblickten d!e Kreuzfahrer die auf vier Hügel erbaute heilige Stadt Jerusalem. Noch vor der im Jahre 70 nach Christi Geburt durch die Römer unter Kaiser V spasian erfolgten Zerstörung war Jerusalem eine der größten und prächtigsten Städte des Morgen- landes. — Beim Anblicke der nach so vielen Mühse ligkeiten endlich erreichten heiligen Statte, fielen alle Kreuzfahrer auf ihre Knie nieder, dem Weltheilande inbrünstig dankend, und ihn um den Sieg anstehend. — Der Anblick der heiligen Stätte war aber kein friedlicher; dann ein unermeßliches Sarazenen - Herr umgab unv erfüllte die Stadt. Auf den Wällen dersel ben waren Mann an Mann gedrängt. Auch sah man grosse Kesstl dampfen, in welchen Pech geschmolzen wurde, um dieses auf die Anstürmenden herunterzugie ßen. Der größte Tyeil des feindlichen Heeres aber um gab die Stadt in weitem Umkreise und bildete einen todtvringemen Gürtel, der im Glanze der Abendsonne Tausende und aber Tausende von krummen blitzenden Sabeln sehen li.ß, — Nach dem Rathe Avalben's ließ der Kaiser das Heer in Schlachtordnung aufstellen, die tapfersten Rit ter an der Spitze desselben. Adalbert sammt seinem Zwerge ritten etwa dreihundert Schritte weit voraus, um die Aufstellung des Feindes genauer zu erkunden. „Wollet Ihr einen Rath von mir annehmen, Herr Herzog ? fragte Moßul. „Warum nicht?" sagte Adalbert; „sprich ohne Scheu, Moßul!" „Der Kaiser wird mit seinen erschöpften Kreuz fahrern, die noch dazu zum größten Theile in der Füh rung der Waffen unkundig sind, gegen diesen weit über«