146 leben, dieses gibt den Gestalten Fleisch und Blut. Ich hoffe, daß Sie dieses Leben stnden werden. Selbst die erfundenen Fi guren müssen in die Zeit passen, daß der Leser sie nicht wegzu denken vermag. Diese Aneignung der Vergangenheit als eines jetzt mitlebenden Teiles des Dichters ist das Schwerste, es setzt große historische Vorarbeit, inniges Eingehen und Liebe zur Vergangenheit des Menschen und Vergessen seiner selbst vor aus. Das Leichteste ist dann die dichterische Verklärung des Stoffes zu einem Schönheitsbilde, welches den Menschen ent zückt und erhebt - ich sage das Leichteste, weil es in der Seele des Dichters ohne sein Zutun waltet und webt, freilich für den, in dem es nicht waltet, ist es das Schwerste oder es ist ihm ge radezu unmöglich. Wie viel, wie wenig ich da leisten werde, liegt in des Himmels Schoße; ich weiß es nicht, aber aus dem Ernste und der Ergriffenheit, die oft wahrend der Arbeit in mir ist, und mich, ohne daß Gegenwehr hilft, überkömmt, dürfte zu schließen sein, daß auch andere Seelen werden erfaßt wer den An Friedrich Culemann Linz, 3. Februar 1834 Ich lege also zu diesem Briefe mein Blatt bei und drücke Ihnen zugleich meinen herzlichsten Dank für Ihre gute Mei nung über mich aus. Ich glaube das freundliche Urteil der Welt nur infoferne zu verdienen, als die Menschen aus meinen Schriften doch gleichsam zwischen den Zeilen das Gewollte her-