geteilt wird, so erhebt er gegen deren Opposition seine mahnende Stimme: „Es sollte nicht von ein¬ zelnen Untertanen dawider gehandelt werden.44 Schließlich erfolgte noch ein Appell: „Das Oberamt versichert sich der tätigen Mitwirkung eines Mag., indem es voraussetzen muß, daß demselben das Wohl der unterhabenden Bürgerschaft ebenso als dem Oberamte am Herzen liegen wird.44 In der Feberwoche erfolgt die Antwort des Magi¬ strates. Er segelt ganz im Fahrwasser des Oberamtes, ja übertrumpft es. Er macht für die Geduldeten Vor¬ schläge, an die man beim ersten Judenverbot noch gar nicht gedacht hat. In diesem Berichte heißt es: „Die Anzahl der Juden in R. ist bis auf 63 angewachsen. Von diesen Prinzipalen haben mehrere noch ihre Diener und Bestellten hier, die ungescheut in alle Handelszweige sich mischen und eine halbe Ju¬ denstadt darstellen. Übrigens bedarf es keiner Versicherung, daß dem Mag. das Beste R. ebenso am Herzen liege, wie einem hochgräfl. Oberamte und daß gleich ihm auch der Stadtrat gerne die Gelegen¬ heit benutzt, erfreuliche Beweise hievon an den Tag zu legen.44 Nachdem das Einvernehmen die Überein¬ stimmung der beiden Ämter ergab, ¡suchte Markow- sky als Scharfmacher den Grafen zu gewinnen, in¬ dem er an seiner bekannten Gesetzestreue den Hebel ansetzt. Am 2. Mai erstattete er seinem Herrn einen „gehorsamsten44 Amtsbericht: „Was den Aufenthalt so vieiler Juden <a|nb e trifft,^ ist der Unterzeichnete hierüber schon etlichemal vom königl. Herrn Kreis¬ hauptmann zur Rede gestellt worden. Die Grund¬ obrigkeit kann diesen gesetzwidrigen Aufenthalt, um sich nicht seibist Verantwortungen auszusetzen, nicht länger mehr dulden. Das Oberamt wird sich daher zur wesentlichen Pflicht machen, hierauf streng zu sehen, daß vom Magistrate die hochgräfl. Verord¬ nungen genau befolgt werden.44 Auf diese Weise gelang es M., vom Grafen ein Dekret zu erwirken. Es erging von Prag aus am 15. Mai an den Magistrat. Es ist langatmig. Der erste Teil richtet sich gegen die Fremden und Ausländer, im zweiten kommen die Juden an die Reihe. „Ich mußte mit Unwillen ersehen, daß die von meinem unvergeßlichen Vater in Betreff deren, in meiner Stadt R. Jahr aus Jahr ein aufhaltenden Juden un¬ tern 26. Nov. 1799 zweckmäßig erlassene Verord¬ nung bisher nicht nur in keinen Vollzug gebracht, sondern daß sich ihre Anzahl noch vermehrt habe. Ich gewärtige mit Zuversicht, daß in Zukunft der Reichenberger Magistrat meine obrigkeitlichen An¬ ordnungen mit der größten Aufmerksamkeit und Pünktlichkeit befolgen und in Vollzug setzen wird, so wie ich auch hier unter einem meinem Oberamte meine Unzufriedenheit mit zu erkennen gebe, daß es hierauf nicht selbst mehr invigilant gewesen ist. Ich verordne demnach folgendes: 1. Soll die von meinem sei. Vater diesfalls erlas¬ sene Verordnung unverzüglich und pünktlich voll¬ zogen werden. Nebst den darin als geduldet aufge¬ führten jüd. Handelsleuten gestatte ich 2. statt den Simon Lämmel, Jacob Ronauer, Isak Polnauer, Löwy Herzfelder und! Naphtali Bäsch, wel¬ che nach R. zu handeln aufgehört haben, den jüd. Wollhändlern Isak und Jonas Fürth, dann Jonas Porges aus Prag, Feldmann aus Bidschow, Nathan Mayer aus Wien und Jacob Willenfeld aus Polna wegen ihrer Wollgeschäfte von Zeit zu Zeit einen jeweiligen Aufenthalt in meiner Stadt R. unter den weitern Bemessungen des ersterwähnten Grundobrig¬ keiten-Dekrets. 3. Darf kein Hausbesitzer außer den zeitlich gedul¬ deten und der Bürgerschaft bekannt zu machenden Juden keinen andern Juden unter Strafe von 25 Fl. in Miete nehmen. Diese letzteren sind bei Marktzeiten und bei ihrer Durchreise an die zur Auf¬ nahme von Fremden berechtigten Gasthäuser an¬ zuweisen und nach Verlauf von drei Tagen wieder abzuschaffen. 4. Sind gleich nach Kundmachung meiner gegen¬ wärtigen Verordnung außer den zeitlich geduldeten jüdischen Handelsleuten die übrigen Juden aus der Stadt abzuschaffen. Auch den Ge¬ duldeten darf nicht gestattet werden, daß sie das ganze Jahr hindurch in ihrer Abwesenheit gemeine Diener bei der Stadt zurücklassen und ich beauftrage zugleich mein Oberamt, den Dorfinsassen die Auf¬ nahme der Juden aufs strengste, und zwar unter Arreststrafe zu verbieten, überhaupt aber hieramt zu in vigilie ren. Da die Vollzugsetzung und die auf die Übertre¬ tung gesetzte Pönalität die Seele jeder Anordnung ist, so hat mein Oberamt mit dem Magistrate jene ver¬ pönten Verfügungen, die ich nicht selbst bereits be¬ stimmt habe, in Überlegung zu nehmen.44 Dieses Dekret ist der Form nach wohl milder, als die Erlässe anläßlich des ersten Judenverboites, aber in der Sache ist es schärfer. Zu den den Dorfinsassen angedrohten Strafen kommt nun auch die Arrest¬ strafe hinzu. Eine neue Bestimmung, die übrigens der Magistrat vorgeschlagen hatte, ist das Verbot, frem¬ den Juden, die nach wie vor nur 3 Tage in R. ver¬ weilen durften, in Privathäusern Quartier zu geben. Wohl trifft die Anordnung, nur in Gast¬ höfen zu herbergen, auch alle Fremden, aber des¬ halb war sie für die Juden nicht weniger hemmend und demütigend. Am 1. Juli traten die beiden Be¬ hörden gemeinsam zusammen. An diesem Tage wurde auf dem Rathause das Judenverbot in Gegenwart der Hauswirte und Juden verlautbart. Auch Markowsky war anwesend. 36 Hausbesitzer erklärten sich nun bereit, im Sinne des Dekrets „ihren innehabenden Juden und Frembden auf der Stelle aufzukündigen und ihre Quartiere binnen 15 Tagen frei zu machen44. Am 3. Juni wurde nun auch den Christianstädter Hausbesitzern aufgetragen, den Fremden die Quar¬ tiere ohne alle Rücksicht etwa bestehender Mietkon¬ trakte, die als gesetzwidrig ohnedies nicht bestehen können, binnen 14 Tagen aufzukündigen und die zeitlich geduldeten Juden, die sich unter ihnen be¬ finden, an das Oberamt anzuweisen. Dieses Proto¬ koll haben 11 Hausbesitzer auf der Christianstadt unterschrieben. Mitte Juni wurtle nun ein gemeinsam vom Ober¬ amt und Magistrat gefertigtes und! mit dem Insiegel der Stadt versehenes „P ublicandu mu zur Kenntnis der Bürgerschaft gebracht. Die wichtigsten Punkte dieser Kundmachung lauten: „Da weder das Allerh. Judenpatent, außer dem im 36. § ausgenom¬ menen Falle der zeitlichen Verpachtungen gestattet, daß hierorts Juden geduldet werden können, noch die hohe Grundobrigkeit aus Rücksicht des hiesigen Handels anderen, als den 14 namentlich angeführten Großhändlern einen Aufenthalt von Dauer hier be¬ willigt, daher wird zu Jedermanns Warnigung be¬ kannt gemacht, daß nur diese ein Privat-Quartier nach von hierorts zuvor hierzu erteilten Bewilligung mietweise beziehen können.44 „Die sonst anhero kom¬ menden Juden, wie andere Fremde, sind an die zur Aufnahme der Fremden berechtigten Gasthäuser gewiesen. Daher wird jeder Private ge¬ warn i g t und erinnert, keinem Juden unter gleicher Strafe von 25 Fl. Unterstand zu geben.44 fíeichenberg 8 530