Geschichte der Juden in ¡\euhaus. Bearbeitet von Rb. Dr. Michael Rachmuth, Neuhaus Aus einer Urkunde aus dem J. 1294 erfahren wir, daß Ulrich von Neuhaus vom König Wenzel II. das Privilegium erhielt, in der Stadt Neuhaus (c. Jindri- chûv Hradec) 8 jüdische F amilien aufzunehmen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß Ulrich von dieser Erlaubnis schon vor dem J. 1294 Gebrauch gemacht hatte, daß also schon in den letzten Jhztn. des 13. Jhts. Juden in N. wohnten. Eine weitere Er¬ wähnung der Juden von N. geschieht in dem ältesten Privilegium, das Heinrich III. von N. den Bürgern dieser Stadt im J. 1389 verliehen hatte, worin es heißt, daß die Neuhauser Juden den Zins und die Abgaben von ihren Häusern, wie bisher, abführen müssen und dieser Privilegien nicht teilhaft werden sollen. Die Stadt N. entwickelte sich im 15. und 16. Jht. zu einer wohlhabenden Handelsstadt und die aus 8 Familien bestehende Neuhauser Judenschaft hätte sich sicherlich zu einer ansehnlichen jüdischen Ge¬ meinde entwickelt, wenn nicht einer der Herrn von N. im 16. Jht. der Bürgerschaft das Privilegium ver¬ liehen hätte, daß in der Stadt nicht mehr als 4 jüd. Familien wohnen dürfen. Aber auch der Erwerb der 4 jüd,. Familien wurde durch das Privilegium auf einige wenige Warengattungen, und zwar auf Blei, Zinn, Eisen, Draht und Glasscheiben und auf die Aus¬ übung des Glaserhandwerks beschränkt. Doch wurde dieser Numerus clausus nicht immer eingehalten. Die Herren von N. nahmen oft einen überzähligen Juden auf. Dasselbe geschah auch mit der Einschränkung der jüd. Erwerbsmöglichkeit, da die Judien trotz dem Proteste der christlichen Kaufleute mit allen Waren Handel trieben, mit denen die Juden in Böhmen Handel treiben durften. Dies war besonders unter Adam II. von N. der Fall, der den Juden ein milder Herr war. Bei dem Umbau des Neuhauser und Frauenberger Schlosses lieferte der N. jüd. Glasermeister Adam Glas sämt¬ liche Glasscheiben, und zwar, für das erstere im Be¬ trage von 200 Schock und für das Frauenberger Schloß für den Betrag von 181 Schock 18 Groschen. Auch lieferte er, wie auch die N. Juden Lazar und Salomon für das Schloß alle möglichen Gebrauchs¬ gegenstände, wie Gewürze, Textilien etc. und kaufte von dem herrschaftl. Wirtschaftsamte Häute, Rauch¬ waren etc., wie dies aus einer Anzahl im Neuhauser Schloßarch. aufbewahrten Rechnungen hervorgeht. Eine besondere Gunst erwies Adam von N. dem jüd. Glasermeister dadurch, daß er ihm die Erlaub¬ nis erteilte, das an das Judengäßchen angrenzende Haus der Brüder Kneysl für den Betrag von 335 Schock meiß. zu kaufen, obwohl er bereits ein Haus *) Die folgenden Ausführungen sind ein Auszug aus meiner Schrift „Die Juden in Neuhaus" mit Quellenangaben und Bei¬ lagen, welche im III. und IV. Jhrg. des Jahrbuches der Gesell¬ schalt für Geschichte der Juden in der cechoslovakischen Re« publik erschienen ist. besaß. Die Bürgerschaft murrte zwar wegen des Überganges dieses bürgerlichen Hauses an einen Ju¬ den, doch mußte sie sich fügen und den Hauskauf grundbücherlich eintragen. Adam, der 40 Jahre lang Judenrichter war, starb im J. 1607. Von dessen 5 Söhnen war sein Sohn Lazar Judenrichter und nach ihm sein Bruder Markus. Nach dem Tode des letzten männlichen Sprosses der Herrn von N. (1604) erbte Wilhelm Slawata von Koschumberg und Chlum die reichen Güter dieses Geschlechtes. Dieser brachte den Juden kein Wohl¬ wollen entgegen, doch hatten sie auch während des 30 jähr. Krieges über keine Verfolgungen zu klagen. Wie sämtliche N. Bürger verarmten auch die Juden während des Krieges durch Kriegskontributionen und Requirierungen der beständig durchziehenden kaisl. Regimenter durch die Stadt. Im J. 1623 bestätigte der inzwischen in den Grafenstand erhobene Wilhelm Slawata auf Ansuchen der Neuheuser „Kauf- und Handelsleute" in einer Resolution die oben erwähnte Beschränkung des jüd. Handels und ließ die jüd. Gewölbe, welche nach der Schlacht am weißen Berg der Jude Isak in einem christl. Hause und dessen Bruder Aron im eigenen Hause unter stillschweigen¬ der Duldung der Obrigkeit eröffnet hatten, sperren. Doch trieben die Juden auch in den folgenden Jhzt., trotz der Proteste der bürgert. Kauf- und Handelsleute auch mit allen anderen ihnen durch die obenerwähnte Resolution verbotenen Waren Handel. Auch der jüd. Numerus clausus wurde von Wilhelm Grafen Slawata und seinen ersten Nachfolgern nicht immer eingehalten. So wohnten im J. 1682 in N, 6 jüd. Familien mit 31 Seelen. Doch wurde am 8. No¬ vember 1682 auf Ansuchen des Bürgermeisters und des Rates der Stadt N. den Bürgern das Privilegium des jüd. Numerus clausus von Johann Joachim Grafen Slawata erneuert und eine überzählige jüd. Familie aus der Stadt gewiesen. Im J. 1689 führten die Neuhauser Tuchausschnei¬ der und die anderen Kauf- und Handelsleute Be¬ schwerde bei der Obrigkeit gegen den Juden Josef Winternitz und dessen Sohn Wolf, daß sie den Bür¬ gern im Handel durch ihre scharfe Konkurrenz großen Schaden zufügen. In der Erledigung dieser Eingabe vom 20. April 1689 erklärte J. J. Graf Slawata: „Er habe den Juden wohl einige Freiheiten verliehen, doch nicht so, daß sie in allem Handel treiben und die Bürger an den Bettelstab bringen. Er werde deren Mutwillen Einhalt tun, da ihm an einem Christen mehr gelegen sei, als an der gesam¬ ten Neuhauser Judenschaft. Er habe seinem Haupt¬ mann Ruth von Ruthenstein befohlen, alle Beschwer¬ den gegen die Juden gründlich zu untersuchen, be¬ sonders diejenigen, daß die Juden an Sonn- und Feiertagen bei offner Tür Tuch stück- und ellen¬ weise, sowie auch andere Waren verkaufen" Jindfichuv Hradec 1 441 Neuhaus t