Lage Schwedens bei Kriegsausbruch und während des Krieges können nur bei voller Kenntnis bestimmenden Züge der Geschichte Schwedens verstanden werden. Die Voraussetzungen sür die gegenwärtige Lage ruhen in der Vergangenheit. Zwei Wurzeln sollen bloßgelegt werden: das Verhältnis Schwedens zu Frankreich und Deutschland in ver¬ gangenen Zeiten, das im wesentlichen von kultureller Be¬ deutung ist, und das Verhältnis Schwedens zu Rußland, das überwiegend politisch betont ist. Mit Frankreich trat Schweden als christliches Kulturland zuerst in Verbindung. Doch errang das Verhältnis der schwe¬ dischen Kirche zur Pariser Aniversität keine nennenswerte kulturelle Bedeutung für das schwedische Volk; die Aniversität in Paris war vom nationalen Standpunkte recht indifferent, nicht weniger die schwedische Jugend, die sich dort für den Dienst der Kirche vorbereitete. Weit wichtiger war die breitere, volkstümliche Verbindung mit Deutschland. Sie wurde in erster Linie von den Hansestädten und ihren Kaufleuten vermittelt. Die Bürgerschaft der empor¬ blühenden schwedischen Städte war zum großen Teil deutschen Arsprungs; deutsches Kriegsvolk und deutscher Adel gelangten zusammen mit den ausländischen Fürsten in das Land. Durch die Fürsten trat Schweden auch politisch mit Deutschland in Ver¬ bindung. Endlich zogen die deutschen Aniversitäten immer mehr die schwedische Zugend von der Pariser Aniversität ab: in Deutsch¬ land fühlten die Schweden sich selbstverständlich heimischer als in dem entfernteren Paris unter den ihnen weniger verwandten Franzosen. Dieser deutsche Kultureinfluß war von sehr großer Bedeutung. Die Sprache zeigt am besten, wie tiefgehend er ge¬ wesen ist. In den Städten und unter den vornehmen Leuten wurde allgemein Deutsch gesprochen; deutsche und plattdeutsche Worte und Redewendungen fingen an, in die Sprache einzudringen 5