Die Vorgeschichte des Krieges. Das osmanische Reich. Osmanen waren )u Beginn des I 12. Jahrhunderts aus Asien nach der Balkanhalbinsel gekommen. Ural- »alkäischen Stammes, ergossen sie sich von Rordpersien aus über Kleinasien und von da über Europa, das die Fremdlinge bald fürchten lernen mußte. Im Jahre 1453 er oberte Mohammed II. Konstantinopel und mit der Einnahme der Hauptstadt des ost- römischen Reiches begann der Siegeszug der Osmanen in Europa. Reben ihrer tollkühnen Mildheit besaßen sie in ihrer Religion, dem Islam, eine Waffe, die sie den Völkern des Abend landes überlegen machte. Diese Religion, die den im Kampfe mit den Un gläubigen Gefallenen die höchsten Freuden des Pa radieses in Aussicht stellte, die das Leben gering schätzen lehrte und einen den christlichen Völkern unverständlichen Fatalismus an die Spitze aller Dinge sehte, machte den osmani- schen Soldaten )u einem in seiner Todesverachtung bewundernswerten und den westlichen Söldnerheeren außerordentlich gefährlichen Gegner. Die Ianitscharen, die singend und lobpreisend in den sicheren Tod gingen, waren der Schrecken des Abendlandes, auch wegen der furchtbaren Grausamkeit, mit der sie in den Ländern der Unterlegenen hausten. So lim an II., der bedeutendste unter den Sul tanen des osmanischen Reiches, drang sogar siegreich bis Wien vor, aber hier ließ ihn be kanntlich das Glück im Stich und nach feinem 1566 erfolgten Tode begann bereits der Ver fall des Riesenreiches, das seine Grenzen weit nach Asien und Afrika vorgeschoben hatte. 1571 erlitt das Osmanentum durch die Riederlage seiner Flotte bei Lepanto den ersten schweren Stoß; der Ruf der türkischen Unbesieglichkeit war erschüttert. Roch einmal aber, 1683, sehen wir die Ottomanen vor Wien; sie erlitten eine schwere und entscheidende Riederlage, verloren gan) Ungarn, Siebenbürgen, die Ukraine, po- dolien, Morea und Dalmatien. Run hatte der Abbröcklungsprozeß begonnen. Den Türken war in Rußland ein Gegner er wachsen, der bis auf den heutigen Tag ihr ge fährlichster geblieben ist. In einer Reihe von Kriegen erlitt die Türkei schwere Riederlagen. Im Frieden von Adrianopel, 1829, mußte das osmanische Reich die Unabhängigkeit Griechen lands anerkennen, die Schleifung seiner Festungen auf dem linken Donauufer versprechen und in eine neue Regelung der Verhältnisse Serbiens und der Donaufürsten tümer einwilligen, eine Re gelung, die dem russischen Einfluß an der Donau einen nahezu unbeschränk ten Spielraum gewährte. Mit dem Frieden von Adrianopel begann für die Türkei die Zeit der Los- reißung großer Gebiets teile von ihrem europäi schen Besitz, die Zeit der Bevormundung durch die Mächte, insbesondere durch Rußland; die Herrschaft des Sultans in Stambul wurde allmählich immer schattenhafter und im Reiche selbst bildeten sich Staaten heraus, die nach der Befreiung riefen, nach der Losreißung vom Körper der Türkei. Run kam die Zeit, da zum erstenmal von „Reformen" gesprochen wurde, ein Mort, das die Herrschaft des Sultans in Europa seit nahezu einem Jahr hundert wie ein Schreckgespenst bedroht. Unter dem Sultan Abdul Medjid versuchte es der Großwesier Reschid Pascha, das türkische Reich durch innere Reformen zu europäisieren und dadurch Anschluß an die Mestmächte zu gewinnen, der den überwiegenden Einfluß Ruß lands in Konstantinopel aufheben sollte. 1839 erfolgte die Verkündung des Hattischerif von Gülhane, das die Prinzipien der neuen Gesetz gebung, Rechtsgleichheit und Glaubensfreiheit feststellte. Die Pforte wußte England für ihr Sultan Mohammed I.