wältigen Krieges auf die schönen und gesunden englischen 
Spiele zu verzichten, aber müssen wir denn auch da alle ihre 
Bräuche nachahmen? Gibt es etwas lächerlicheres, als beim 
Tennisspiel in den verschiedensten Dialekten und Jargons die 
blödsinnige englische Zählung, fifteen, thirty, forty zu hören oder 
uns mit scratch, out, deuce herumzulaufen? Diese Dinge 
sind typisch für unsere gegenwärtige Nachahmungslust. Auch 
im Spiel des Augenblicks müssen wir den Ernst des Tages 
erkennen, das Nachäffen, Sich-Ducken, Katzenbuckeln, Speichel¬ 
lecken muß aufhören in Spiel und Ernst. Wir müssen uns 
möglichst unabhängig machen von den schlechten Einflüssen 
dieser Nation — das Gute dürfen wir ruhig weiter annehmen. 
Wir müssen uns abgewöhnen, die Engländer von vorn¬ 
herein für Edelmenschen anzusehen; der von ihnen geprägte 
Ausdruck „Gentleman" und sein Wesen war für uns der 
höchste Begriff der Alltagskultur. Wir haben jetzt in diesem 
Kriege gelernt, daß diese „gentlemen“ in ihren Zeitungen, 
Pamphleten, Kriegsberichten, in ihrem Benehmen gegen 
die in England lebenden Ausländer oder gegen die Kriegs¬ 
gefangenen ebenso ordinär sind wie ein gewöhnlicher Rüpel, 
der nie in seinem Leben etwas von einem „Gentleman" ge¬ 
hört hat. Wir haben die Engländer auf einen Sockel gestellt, 
von dem sie jetzt selbst heruntergestiegen sind. 
. Ihre Politik ist der nüchternste, grasseste Egoismus, den 
sie nur immer geschickt zu verbergen wissen. Wenn sie in der 
französischen Revolution gegen Frankreich vorgegangen sind 
unter dem Vorwande, die Hinrichtung Ludwig XVI. zu rächen, 
so ist es genau dieselbe Heuchelei gewesen, wie, wenn sie 
jetzt behaupten, sie kämpften für die Unabhängigkeit Bel¬ 
giens und der kleinen Staaten. Dieser Egoismus, den sie un¬ 
ter offenbarer Heuchelei verstecken, muß unsere eingebildeten 
Begriffe von ihrer Hochanständigkeit ins Wanken bringen. 
Jeder Staat muß egoistisch sein —mit Romantik macht man 
keine Politik, hat Fürst Bismarck einmal gesagt —, aber man 
muß dann den Mut haben, zu sagen, daß es die Notwendig¬ 
keit erfordert hat, wie es Deutschland bei seinem Einfall in 
31