Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 343 Pyvto-Bericht Hoffmann, München. westlichen Kanalufer kamen in unseren festen Besitz. Dabei fielen 2470 Franzosen, Engländer und Belgier in unsere Gefangenschaft; ferner erbeuteten wir etwa 35 Geschütze mit Munition sowie eine größere Anzahl von Maschinen gewehren, viele Gewehre und sonstiges Material. Sämt liche feindliche Gegenangriffe zur Wiedererlangung des verlorenen Geländes blieben erfolglos, und am 24. April konnten unsere Truppen auch weiter östlich vorrücken. Sie stürmten die Ferme Solaert, südwestlich St.-Julien, sowie diesen Ort nebst Kresselaere und drangen siegreich gegen Eravenstafel vor. Wieder wurden 1000 Engländer ge fangengenommen und mehrere Maschinengewehre erbeutet. Der englische Gegenangriff auf St.-Julien am Morgen des 25. scheiterte gänzlich. Die Zahl der eroberten Ge schütze stieg an diesem Tage auf 45, worunter sich auch 4 englische schwere Geschütze befanden. Bei Zonnebeke wurde am gleichen Tage wieder heftig gekämpft, dabei mehr als 1000 Kanadier gefangengenommen. Die Ge samtzahl der Gefangenen erhöhte sich damit auf 5000. Be lüfte hatten die Engländer auch am 29. und 30. April zu verzeichnen. Die Kunde von diesen deutschen Erfolgen machte überall großen Eindruck, namentlich auch bei den Neutralen. Groß war die Enttäuschung in England und Frankreich, wollte man doch um diese Zeit nach den energischen Angriffen des Dreiverbandes schon längst in Brüssel sein. Als eine von vielen Stimmen, in denen die englischen Besorgnisse Aus druck fanden, geben wir eine Stelle aus einem Leitartikel der „Daily Mail" wieder: „Wenn es wahr ist, was der Bericht des deutschen Hauptquartiers meldet, so ist das sehr ernsthaft. Wir haben uns daran zu erinnern, daß wir nicht allein unsere eigene Stellung zu verteidigen haben, wenn wir siegen wollen. Wir müssen auch die Deutschen von einer sehr stark ver teidigten Linie zurücktreiben, die tatsächlich ganz Belgien und einen großen Teil des reichsten Gebietes des nördlichen Frankreich einschließt. Seit Beginn dieses Jahres ist die deutsche Linie beinahe vollständig unerschüttert geblieben. Soldatenlager im Innern einer Kirche. merkenswert ist folgende Stelle in dem Tagesbericht unserer Obersten Heeresleitung: ein sonderbares Völkergemisch — Senegalneger, Engländer, Turkos, Inder, Franzosen, Ka nadier, Zuaven, Algerier — fand sich hier auf verhältnis mäßig kleinem Raume zusammen; bemerkenswert be sonders durch die köstliche Reihenfolge, die die Engländer zwischen Senegalneger und Turkos, die Franzosen zwischen Inder und Kanadier stellt. Außerordentlich schwere Ver luste hatte der Feind am 26. April nördlich und nord östlich von Vpern. Die englischen Angriffe brachen fast sämtlich sofort in unserem Feuer zusammen. Der Gegner hatte seine Artillerie besonders auf den Ort Lizerne ge richtet, und da sämtliche Häuser desselben zerstört waren, mußten wir ihn am 26. räumen, doch wurde der östlich davon auf dem linken Kanalufer gelegene Brückenkopf gehalten. Am nächsten Tage setzten die Engländer auf der Front dpern—Pilkelm zum Angriff an, der indessen 200 Meter vor unserer Stellung völlig zusammenbrach. Weiter östlich hatte am Abend ein zweiter englischer Vorstoß das gleiche Ergebnis. Auf der ganzen Front wurde am 28. von den Engländern ununterbrochen, aber vergeblich ange griffen. Auf 63 erhöhte sich die Zahl der von uns er oberten Geschütze. Neue Mißerfolge und schwere Ver- Den geringen französischen Gewinnen in den Argonnen bei St.-Mihiel und in den Vogesen, die kaum auf der Landkarte nachzuweisen sind, und den britischen Fort schritten von ungefähr einer englischen Meile auf der kurzen Front bei Neuve Chapelle ist dieser deutsche Erfolg bei dpern gegenüberzuhalten und der frühere deutsche Er folg bei Soissons. Die Deutschen an der westlichen Front sind noch nicht geschlagen, und es wird eine schwere Auf gabe sein, sie zu schlagen. Die Franzosen haben über zwei einhalb Millionen Mann an der Front. Die Engländer haben eine beträchtliche Streitmacht dort und die Belgier die Überbleibsel einer kleinen tapferen Armee. Die Er eignisse zeigen aber, daß sie noch nicht genügen. Deutsch land hat seine ganze Kraft in diesem Kriege eingesetzt, und wenn Großbritannien nicht ebenso handelt und wir nicht mit aller unserer Kraft kämpfen, können wir nicht mit Ver trauen auf einen Sieg hoffen, und je länger wir zögern, unsere ganze Stärke einzusetzen, und je länger unser Volk mit Streik, Wettrennen und Wetten spielt, anstatt seine ganze Tatkraft auf diesen Krieg zu richten, desto länger wird alles unentschieden bleiben, desto blutiger und furchtbarer werden die Opfer sein, die wir bringen müssen." Man begreift die Enttäuschung, die in England hervor-